Missbraucht
spürbar in der nun völlig dunklen Werkstatt.
Ein winziger Schein des Mondlichts fiel durch die beiden kleinen Fenster, aber das reichte bei Weitem nicht aus, um etwas erkennen zu können. Uwe Stromberg und Nicoletta Tsetschowa waren zusammengerückt und saßen in der hintersten Ecke des Raumes. Ihnen gegenüber am Boden, lag Frank Baumel mit abgeschlagenen Händen und wasserdicht in Folie verpackt. Links von ihnen hing Ilia Popesci an der Wand, aufgespießt an einer Gartenharke und mit einer Decke über den Kopf. Nicht gerade die heimeligste Atmosphäre zum Wohlfühlen, und als ob das noch nicht reichte, hatte die Ex-Securitate Mitarbeiterin die Tüte mit Baumels Händen vor sich auf den Tisch gelegt. Sie sollten nicht ein Opfer der Flammen werden. Sie würde schon eine Lösung finden, um an die Ringe zu kommen. Nicoletta brauchte ja nur zu warten, dann erledigte sich diese Schwierigkeit von selbst. Uwe sagte dazu gar nichts mehr. Die letzten vierundzwanzig Stunden hatten alles, ihn eingeschlossen, verändert.
Seit fast drei Stunden war Uwe zurück. Er hatte dreißig Liter Benzin, verteilt auf zwei fünf Liter und einen zwanzig Liter Kanister im Corsa gebunkert. Das würde ein schönes Feuerchen geben , dachte er sich. Nach eigenem Ermessen hatte er seinen Auftrag wie ein Profi erfüllt, das machte ihn stolz. Uwe hatte drei Tankstellen in Achern abgefahren, nachdem er im Baumarkt zwei Kanister erworben hatte, einen weiteren hatte er beim Tanken gekauft. Er hatte sich bemüht so unauffällig wie möglich aufzutreten, was ihm gut gelungen war. Dem Umstand, dass er beim Kauf der Kanister mit einem Tausend Mark Schein aus Frank Baumels Blutgeld bezahlen musste, maß er keine besondere Bedeutung zu.
Nicoletta und Uwe hatten sich fast die ganze Zeit angeschwiegen. Über die Aktion zwischen ihr und Ilia hatten sie noch kein Wort verloren, aber darüber würde noch zu reden sein, das hatte sich Uwe fest vorgenommen. Sie saßen nur da und warteten . Seit mehr als einer Stunde war nichts mehr zu hören, es herrschte absolute Ruhe auf dem Gelände. Totenstille.
"Was glaubst du, wann wir hier weg können?", flüsterte Uwe.
"Du hast doch die Uhr, wie spät ist es denn?"
Uwe schaute auf die Rolex, die er inzwischen angelegt hatte. Ein schönes Stück dachte er sich.
"Wir haben zwanzig vor Zwölf."
"Ilia meinte, um Mitternacht wäre die beste Zeit, also warten wir noch zwanzig Minuten, dann holen wir das Benzin."
Uwe nickte nur.
Es kam ihnen vor, als liefen die letzten Minuten doppelt so schnell als normal, was wohl an der Aufregung lag. Uwe fühlte sich plötzlich nicht mehr als der coole Profi und Nicolettas Erfahrung im Beseitigen von Leichen, hielt sich schließlich auch in Grenzen.
"Es ist soweit, was nun?", fragte Uwe.
"Okay, lass uns das Benzin holen", sie stand auf und schüttelte sich. Auch Uwe reckte sich und machte ein paar Lockerungsbewegungen als wolle er eine sportliche Höchstleistung hinter sich bringen. Vorsichtig verließen sie die Werkstatt, die Tür lehnten sie nur an. Sie hielten sich dicht am Haus und sagten kein Wort. Nach kurzer Zeit gewöhnten sich ihre Augen an die Dunkelheit und sie konnten besser sehen. Beide fühlten sich dadurch etwas sicherer. Sie schauten sich ständig um, aber nichts und niemand konnten sie entdecken. Das schwache Licht, das zwischen den Jalousien des Küchenfensters hindurchschimmerte, blieb beiden verborgen.
Uwe öffnete den Kofferraum und gab Nicoletta die zwei kleinen Kunststoffkanister, er nahm sich den großen Blechkanister und dann schloss er so vorsichtig und lautlos wie möglich die Klappe. Ganz wie ein Profi , schoss es ihm durch den Kopf. Sein Selbstbewusstsein wuchs allmählich wieder.
Sie stellten die Behälter auf dem Boden ab. Licht wollten sie keines machen, aber die Tür ließen sie jetzt ganz auf. Nicoletta ging zum Tisch, nahm die Plastiktüte mit Baumels Händen und legte sie neben die Tür.
"Und nun?", flüsterte Uwe.
"Ist noch irgendwas von dir da drin?"
Uwe schüttelte den Kopf. "Die Hände hast du ja", meinte er ungewollt sarkastisch und grinste dabei fast so dreckig, wie es Ilia gekonnt hatte.
Nicoletta aber war gar nicht zum Lachen.
"Gut! Komm, lass uns über alles Benzin gießen, damit wir es hinter uns bringen."
Sie begannen ihr Werk und schütteten so gründlich wie möglich das Benzin über alles. In Sekundenschnelle herrschte ein scharfer beißender Geruch. Es war ein bizarres Bild, als Nicoletta mit dem kleinen Kanister vor der
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