Missgeburt
vertrauen, wenn sie mir ein paar Tipps für meine Karriere als Prediger gibt.
»Ich bin noch nicht fertig«, fuhr sie fort und stand auf. Sie ging zu einem Schrank, nahm ein Stück Leinwand heraus und entrollte es auf dem Fußboden. Es war ein etwa zwei mal drei Meter großes Gemälde. Sie erklärte ihm, wie er es bei seinen Predigten einsetzen sollte.
»Und du glaubst, mit dieser Masche verdiene ich genügend
Geld, um davon leben zu können? Im Moment habe ich nämlich eher den Eindruck, dass sich die Leute meine Predigten nur deshalb anhören, weil sie hinterher umsonst etwas zu essen bekommen. «
»Ich garantiere dir jetzt schon, dass diese kostenlosen Mahlzeiten dann nicht mehr wichtig für sie sind. Sie werden dir die Tür einrennen. Und es dürften auch viele attraktive junge Frauen bei dir Rat suchen.«
»Das wäre ganz in meinem Sinn«, murmelte Schwartz mit süffisantem Lächeln. Dann fragte er: »Was willst du eigentlich für deine Hilfe?«
»Ich will nur noch als Heilerin arbeiten. Deshalb würde es mir schon genügen, wenn deine Anhänger, wie das schon bei Dr. Gordon der Fall war, zu mir kämen und sich von mir behandeln ließen. Vielleicht müsste ich dann nicht mehr im Schlafzimmer mit meiner Peitsche knallen.«
Die Domina und der Zwerg vereinbarten, sich in ein paar Tagen noch einmal zu treffen und alles ausführlicher zu besprechen. Als sich Dusty Schwartz danach auf den Heimweg machte, war er erschöpft und müde, aber auch zuversichtlich und voller Hoffnung. Er hatte eine eingerollte Leinwand unter den Arm geklemmt und das Buch eines Autors in seiner Tasche stecken, von dem er noch nie etwas gehört hatte. Zu Hause angekommen, befestigte er das Gemälde an der Wohnzimmerwand und machte sich daran, Der unendliche Plan zu lesen. Er brauchte mehrere Tage, um zu verstehen, was dieser Doctor of Divinity eigentlich zum Ausdruck bringen wollte, aber schließlich gelangte er zu der Überzeugung, dass er die Sache bisher tatsächlich völlig falsch angepackt hatte und Dominique und Dr. Gordon ihn auf den rechten Weg bringen würden. Einen Versuch war die Sache auf jeden Fall wert, schließlich hatte er nichts zu verlieren.
5 LETZTE RETTUNG MELBA
N achdem Samuel mehrere Tage lang nichts von Rosa María gehört hatte, machte er sich auf den Weg ins Camelot, um dort Hilfe zu suchen. Es war früher Nachmittag, und Melba saß mit Excalibur an ihrem Stammplatz am Eingang.
»Ah, der verlorene Sohn kehrt zurück.« Melba stellte ihr Bierglas ab und blies den Rauch der obligatorischen Lucky Strike aus dem Mundwinkel.
»Ich hatte in letzter Zeit viel zu tun.« Der Reporter tätschelte dem aufgeregten Hund den Kopf und steckte ihm sein Mitbringsel zu. »Aber jetzt komme ich im Mission District nicht mehr voran und wollte deshalb dich um Hilfe bitten.«
»Für Gringos ist es dort nicht gerade einfach. Kein Wunder, dass bei deinen Nachforschungen nichts herausgekommen ist.«
»Ganz so erfolglos war ich nun auch wieder nicht.« Samuel erzählte Melba, was er im Mi Rancho Market herausgefunden hatte. »Aber jetzt warte ich schon die ganze Zeit vergeblich, dass diese Mrs. Rodríguez endlich zurückruft«, klagte er zum Schluss.
»Rosa María Rodríguez?«, fragte Melba.
»Sag bloß, du kennst sie. Kannst du sie vielleicht dazu bewegen, mit mir zu reden?«
»Ich kenne Rosa María sogar sehr gut. Ob ich sie allerdings dazu bringen kann, dir zu helfen, ist eine andere Frage. Was genau willst du von ihr wissen?«
»Woher kennst du sie?«
»Das erzähle ich dir später. Aber jetzt sag schon: Was willst du von ihr?«
»Eine Liste aller Abnehmer, die in den vergangenen zwei Jahren einen Sack Pintobohnen bei ihr gekauft haben.«
»Hört sich ja nicht sehr dramatisch an. Ich rufe sie am besten gleich mal an.« Melba stand auf und zupfte ihre schwarzweiß gepunktete Hose zurecht, zu der sie eine knallrote Bluse trug.
»Was hast du denn in dieser Aufmachung heute noch vor?«, fragte Samuel lachend.
»Geht dich überhaupt nichts an. Und seit wann fühlst ausgerechnet du dich berufen, dir ein Urteil in Sachen Mode zu erlauben?« Sie schnitt eine Grimasse und verschwand in ihr Büro. Ein paar Minuten später kam sie lächelnd zurück. »Alles klar.«
»Was heißt alles klar ?«, fragte Samuel.
»Rosa María ist einverstanden, mit dir zu reden. Sie hat uns sogar morgen Abend zum Essen bei sich eingeladen. Eigentlich wollte sie, dass auch Blanche mitkommt, aber ich habe ihr gesagt, dass sie noch oben am Lake Tahoe
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