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Missgeburt

Missgeburt

Titel: Missgeburt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William C. Gordon
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den Mann, der die Kirche leitet«, sagte Vanessa. »Er war vor ein paar Jahren mal bei einer Predigt meines Vaters. Und seitdem habe ich meinen Vater immer wieder über ihn reden gehört. «
    »Ach ja, tatsächlich? Was hat er über ihn gesagt?«
    »Vielleicht solltest du dir das lieber mit eigenen Augen ansehen. Er macht aus seinen Gottesdiensten immer eine Riesenshow.«
    »Dann komm mal mit nach hinten in die Küche. Dort brauche ich deine Hilfe.« Samuel nahm sie am Arm und ging mit ihr in den hinteren Teil der Kirche. In der Küche, in der schon für die fünf Leute, die dort arbeiteten, kaum genügend Platz war, wurde es richtig eng.
    »Mi amigo, que no habla español tiene algunas preguntas« , sagte Vanessa.
    Der rundliche Mann antwortete ihr auf Spanisch. »Ihr Freund war heute schon mal hier, und ich habe ihm gesagt, er soll um halb sechs wieder vorbeikommen, wenn unser Reverend hier ist.«
    Vanessa antwortete dem Mann auf Spanisch: »Vorerst brauchen wir den Reverend noch gar nicht. Was mein Freund wissen will, können Sie uns wahrscheinlich sogar besser beantworten. Was machen Sie mit den Bohnensäcken, wenn sie leer sind?«
    »Das ist alles, was er wissen will?«, fragte der Mann verdutzt.
    »Kommen Sie, das kann ich Ihnen gern zeigen.«
    Vanessa übersetzte Samuel die Antwort.

    Der Mann ging mit ihnen in den Hinterhof, von dem Samuel bei seinem ersten Besuch in die Küche gekommen war. Neben dem Eingang zur Küche befand sich eine schräge Stahlluke, deren zwei Flügel mit einem Vorhängschloss gesichert waren. Der Mann öffnete das Schloss, entfernte den Riegel über den beiden Flügeln und klappte sie auf. Dahinter führte eine Treppe zu einer Tür hinab.
    Der Mann stieg die Stufen hinunter, öffnete die Kellertür und machte Licht, dann winkte er Samuel und Vanessa, ihm zu folgen. Der Kellerraum, den sie betraten, war doppelt so groß wie die Küche und wurde von einer von der Decke hängenden nackten Glühbirne beleuchtet. Er war voll mit Lebensmittelkonserven, und in einer Ecke befand sich ein Stapel mit zehn Säcken Pintobohnen. Auf dem obersten stand Mi Rancho Market. Neben den vollen Säcken lag ein kleiner Haufen leerer.
    »Ist das, wo sie die leeren Säcke lagern?«, fragte Samuel.
    Der Mann nickte, als ihm Vanessa die Frage übersetzte.
    »Wer hat außer Ihnen noch Zugang zu diesem Lagerraum?«
    »Das Küchenpersonal – wenn ich ihnen die Tür aufschließe.«
    »Und sonst niemand?«
    »Nicht dass ich wüsste«, antwortete der Mann. »Aber wie Sie vielleicht gesehen haben, hängt der Schlüssel, für alle zugänglich, an einem Haken an der Küchentür.«
    »Ist ihm mal aufgefallen, dass einer oder mehrere leere Säcke abhandengekommen sind?«, fragte Samuel.
    »Nein«, antwortete Vanessa für den rundlichen Mann.
    »Was macht er mit den leeren Säcken?«
    »Wir geben sie dem Fahrer des Mi Rancho Market zurück, wenn er uns frische Bohnen liefert«, antwortete der Mann auf Spanisch.
    »Könnte ich noch mal herkommen und ein Foto von dem Lagerraum machen?«, fragte Samuel.
    Vanessa dolmetschte. »Das muss der Prediger entscheiden. Er müsste inzwischen sowieso hier sein.«

    Sie stiegen die Kellertreppe hinauf und gingen durch die Küche in den Kirchensaal, der sich bereits mit Menschen zu füllen begann. Überall saßen in kleinen Gruppen Latinos, und viele Frauen trugen farbenfrohe Gewänder. Die ersten zwei Sitzreihen waren von aufgeregt schwatzenden jungen Mädchen besetzt.
    Samuel und Vanessa sahen Dusty Schwartz mit einer Frau reden, die neben ihm riesig wirkte.
    »Wer ist das denn?«, fragte Samuel.
    Vanessa lachte. »Das ist Dominique, die Domina. Sie spielt in der Kirche eine wichtige Rolle. Sie tanzt gewissermaßen auf zwei Hochzeiten. Hier ist sie die Beraterin des Zwergs in spirituellen Fragen.«
    Samuel lachte. »Soll das ein Witz sein?«
    »Nein, ganz und gar nicht. Und sprich bitte etwas leiser. Sie könnten dich hören.«
    Dusty Schwartz strahlte übers ganze Gesicht, als er Vanessa sah, und begrüßte sie mit einem freudigen Lächeln: »Hola, amiga.« »Guten Tag, Mr. Schwartz. Darf ich Ihnen Mr. Hamilton von der Zeitung vorstellen. Er hat schon viel von Ihnen gehört und würde gern einen Artikel über Sie und Ihre Kirche schreiben.« Dusty zuckte zwar beiläufig mit den Achseln, taxierte Samuel aber sehr aufmerksam. Nur zu offensichtlich wollte er wissen, mit wem er es zu tun hatte. »Aber sicher, gern«, erklärte er mit einem freundlichen Lächeln. »Allerdings muss ich Sie

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