Missing in Action
strahlend weißen Zähnen und seine auf natürliche Weise selbstsichere, schon fast arrogante Art ließen ihn selbst in der unförmigen, unmodischen Kleidung wie einen Mann wirken, der eine Uniform mit mächtig vielen Sternen, Litzen und Goldtressen trug. Selbstverständlich zerstörte Reinhards den Eindruck in Johns Augen jedes Mal, wenn er den Mund öffnete, was er zum Ungemach des Ex-Soldaten viel zu oft tat.
»Kümmern sie sich darum«, beschloss Reinhards das Gespräch und ging an John vorbei, ohne Shakey eines weiteren Blickes zu würdigen.
»Wann ist das Ultraleicht einsatzbereit?«
Shakey sah immer noch nicht auf. »Vier, fünf Stunden.«
»Meldung, wenn ihr so weit seid.«
Damit ging er zurück zur Leiter. Selbst wenn das Ultraleicht nicht gerade den höchsten Stand der Technik repräsentierte; bei der Suche nach ihrer verlorenen Ausrüstung und der Sicherung ihrer Position konnte es unschätzbare Dienste leisten.
Oben wartete bereits Bull auf ihn. Der Sergeant schwieg, bis John ihm zunickte.
»Ich habe die Teams neu eingeteilt, Boss. Wir haben zwei Techniker dabei, aus denen was werden könnte: Namh und Lela Sukarno. Beide scheinen zumindest Talent am Gewehr zu haben. Mit ein wenig Übung …«
»Wir haben kaum genug Munition, um den Einsatz so zu überstehen, falls wir noch mal auf etwas schießen müssen«, unterbrach ihn John. Er rieb sich über das Kinn und fühlte die Stoppeln. Er brauchte eine Rasur. Und davor Schlaf. Wie lange bin ich jetzt ununterbrochen auf den Beinen? Er warf einen Blick auf seinen Chronometer, der noch auf Standardzeit eingestellt war, und der zeigte an, dass es mitten in der Nacht war. Mitten in irgendeiner Nacht, um genau zu sein , denn John konnte nicht einmal sagen, wie lange sie schon festsaßen. Keine Ahnung.
»Ohne Übung können wir im Kampf nicht auf sie zählen«, gab Bull zu bedenken, und John nickte seinem Sergeant zu, aber das änderte nichts an den Umständen.
»Wir wissen weder, wie gefährlich dieser verfluchte Planet ist, noch, wie lange wir’s hier aushalten müssen. Unter diesen Umständen kann ich keiner Trainingseinheit mit scharfer Munition zustimmen.« Dann hatte er
plötzlich eine Art Geistesblitz. »Geh mal unsere Greenhorns durch, ob jemand dabei ist, der Ahnung von Waffentechnik haben könnte. Unsere Mittel sind begrenzt, aber wir haben Werkzeug. Vielleicht können wir ja was zusammenbasteln?«
»Ich glaube nicht, dass wir an Bord Patronen für die Gewehre herstellen können.«
Es war Bull sichtlich unangenehm, John zu widersprechen, aber der schätzte genau dies an seinem Untergebenen. Ja-Sager gab es genug.
»Hüllenlose Munition, die uns nicht um die Ohren fliegt, wenn man den Abzug zieht? Keine Chance. Aber wir haben ja nicht nur da Defizite. Wir haben keine Granaten, keine Minen, nichts. Vielleicht lässt sich ja was hinkriegen, mit dem wir uns verteidigen können.« John grinste Bull zu. »Ich verlange ja keine wärmesuchenden Hi-Ex-Splittergranaten. Eine Büchse mit ein paar Nägeln drin tut es auch. Zumindest irgendwas, mit dem unsere Neuen ein paar Probeschüsse abgeben können, ohne dass dabei ihre Waffe explodiert.«
Bull tippte sich mit der mächtigen Pranke an die Stirn. »Wird erledigt, Boss.«
John warf noch einen Blick auf die Uhr, ohne jedoch zu einer neuen Erkenntnis zu gelangen. Er gähnte herzhaft. Obwohl sein Gehirn bis eben noch ganz ordentlich funktioniert hatte – genug war genug. Er hatte keine Lust, so lange auf den Beinen zu bleiben, bis er Grasse Schätzchen nannte und Reinhards Mama .
»Ich hau’ mich mal aufs Ohr«, erklärte er Bull. »Aber mach sofort Meldung, falls irgendwas ist. Um Null-Sechshundert
soll Team Eins bereitstehen: Wir machen einen kleinen Ausflug und schauen uns mal die nähere Umgebung an.«
»Roger. Ich bereite alles vor. Ist’ne gute Sache, Boss, dass du dich mal hinlegst«, setzte er nach kurzem Zögern hinzu. »Wenn ich es mal so ausdrücken darf, siehst du nämlich echt beschissen aus.«
John nickte, dann schlug er dem Beta dankbar mit der Hand auf die Schulter. Die Müdigkeit ließ ihn die Erschöpfung seiner Muskeln spüren, das leichte Ziehen im Nacken, die angespannten Armmuskeln vom Kisten tragen und Gräben schaufeln. Die Wunde an seiner Schläfe pochte, aber es war nicht der dumpfe Schmerz einer Entzündung, sondern einfach nur seine nachlassende Wachheit.
Ohne ein weiteres Wort stieg er hinab in den Laderaum, suchte seine zerknüllten Decken in der Ecke und setzte sich
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