Missing in Action

haben keine Ahumane gefunden, sondern nur einen Hinweis auf ihre Existenz. Also nichts wirklich Neues. Und wir wollten erst hier, äh, in Ihrem Krisenstab die Lage beurteilen, um Sie dann umfassend …«
    Weiter kam er nicht. Kalt schnitt ihm Reinhards das Wort ab: »Halten Sie mich für dumm, Leutnant Owens?«
    Unsicher, ob es eine rhetorische Frage war, schwieg John erst, bis Reinhards auffordernd die Hand hob.
    »Nein, Sir.«
    Zu meinem Unglück bist du nicht dumm, sondern nur
ignorant, du verdammter Bastard . John bemerkte, wie Grasse beiläufig einen Schritt zur Seite machte und sich so in eine gute Position brachte, sollte die Situation eskalieren. Er spürte einen Stich der Enttäuschung, konnte aber nicht weiter darüber nachdenken, denn Reinhards legte sofort nach.
    »Ich bin der Executive Officer dieser Mission, Leutnant. Sie scheinen das manchmal zu vergessen. Aber damit ist jetzt Schluss. Ab sofort werden Sie mich in alle, ich wiederhole, alle Besprechungen einbeziehen. Ich habe hier als höchster Vertreter von Stellar Exploration auf Tordesillas die Befehlshoheit, darüber sind wir uns doch einig, nicht wahr? Wenn das nicht in Ihren Schädel geht, werde ich Ihnen das Kommando entziehen und eine geeignetere Person finden. Ist das klar?«
    John überlegte einen Augenblick, den Mann einfach anzugreifen und ruhigzustellen. Er warf einen schnellen Blick auf Grasse und sah, wie sie alarmiert die Augen zusammenkniff. Sie würde Probleme machen, aber er hatte seine Justifiers hier, und sie war allein. Andererseits hatte er sie in Aktion gesehen und wusste, dass sie in der Lage war, sich teuer zu verkaufen.
    »Haben Sie mich verstanden?«, blaffte Reinhards, dem der brenzlige Augenblick wohl entgangen war.
    John salutierte. »Jawohl, Sir.«
    »Gut, gut. Ms. Grasse, kommen Sie mit. Sie werden mich über alles informieren.«
    Der Manager machte auf dem Absatz kehrt. Obwohl er sich aufgeregt hatte, saß immer noch jede Strähne
seines Haars perfekt, und sein Gesicht war nicht im Mindesten gerötet. John, der bereits spürte, wie ihm der Zorn die Wangen in Brand setzte, kam nicht umhin, den Konzerner darum zu beneiden.
    Die Tür schloss sich hinter den beiden, Stille kehrte ein. Zu Johns Überraschung war es Jamie, die als Erste das Wort ergriff: »Ich kann sie rausnehmen.«
    Woran auch immer die Justifierin erkannt hatte, was John für einen Moment erwogen hatte, sie klang ziemlich überzeugt.
    »Ja, lass uns den Arsch kaltstellen«, knurrte Rourke. Der große Ex-Söldner war immer derjenige gewesen, der Johns Befehle als Erster in Frage gestellt hatte, aber sich von einem Manager rumkommandieren zu lassen, schien ihm noch weniger zu gefallen.
    »Und dann?«
    »Sperren wir ihn und seine kleine Nanny im Shuttle ein und bringen die Scheiß-Mission zu Ende.«
    »Und die Techniker? Auf welche Seite stellen die sich? Kommen die alle zu uns?«
    Rourke kratzte sich am Kopf. Offensichtlich hatte er an die anderen Menschen keinen Gedanken verschwendet.
    »Wer nicht, der kommt halt auch weg. Die sind eh nur Ballast.«
    John ließ die Schultern hängen. »Das geht nicht. Wir können uns keinen Krieg untereinander leisten. Wir sind jetzt schon zu wenige für den Job und brauchen ihre Hilfe. Und wenn wir Reinhards angehen, dann spalten wir die Gruppe. Wir müssten ein Gefängnis
bauen und es bewachen. Immer mit einem offenen Auge schlafen. Stets von Meuterei ausgehen.«
    »Und was ist Ihr Plan, Leutnant?«
    Bull betonte seinen Rang überdeutlich. Der Sergeant würde John zur Seite stehen, egal, was geschah. Dessen war sich John gewiss.
    »Na was wohl? Wir halten es wie gute Justifiers: stramm stehen …«
    »Und die Arschbacken zusammenkneifen«, antworteten ihm seine Leute im Chor.
    John nickte, dann befahl er: »Weggetreten.«
    Er folgte den Resten seines Teams aus dem Besprechungszimmer und ging in den Laderaum. Dort sah er Grasse mit Reinhards reden. Die Leibwächterin trug ihr Sturmgewehr auf dem Rücken und hatte ihre Kampfmontur angelegt. Als John eintrat, sah sie ihn lange an. Er erwiderte den Blick stoisch, dann setzte er sich und nahm sich einen Nährstoffriegel. Sie redete weiter mit Reinhards, der schließlich energisch den Kopf schüttelte und dann aus dem Loch nach draußen stapfte.
    Grasse kam zu John, blieb vor ihm stehen und sagte: »Ich habe ihm gesagt, dass Sie der richtige Mann für das Kommando sind. Dass Sie der einzige Mann dafür sind.«
    »Und die Knarre?«
    Für einen Moment sah es aus, als ob sie sich