Missing in Action
Managers. Er baute sich nicht so auf, weil es natürlich für ihn war. Auch nicht aus Instinkt. Es war Berechnung, etwas, das er gelernt, sich antrainiert hatte, wie Shakey seine Flugkünste. Mitgebracht aus einem Seminar, vielleicht der Tipp eines überbezahlten Psycho-Docs.
»Sie vergessen sich. Ich verstehe das; Sie stehen unter hohem Druck. Für eine solche Situation fehlt es Ihnen an Ausbildung und Erfahrung. Beruhigen Sie sich, und ich vergesse Ihren Ausfall, sobald Sie sich entschuldigt haben.«
Für einen Moment sah es so aus, als würde John seine Pistole ziehen und den Mann mitten im Besprechungszimmer erschießen. Shakey hielt den Atem an. Er sah zu Grasse, aber die Leibwächterin lehnte weiterhin einfach unbeweglich neben der Tür.
»Fuck«, zischte John schließlich. »Sie glauben den Scheiß, den Sie verzapfen, wirklich. Ich war bei den Interventionskommandos. Sagt Ihnen das was? Natürlich nicht. Zuerst rein, zuletzt raus , das war unser Motto. Immer da, wo es am heftigsten brennt. Ich weiß verdammt genau, was wir tun müssen.«
»Sie wurden unehrenhaft entlassen«, giftete Reinhards zurück. »Wohl kaum ein Grund für Ihr Imponiergehabe und eine stolzgeschwellte Brust.«
»Ah, Sie kennen meine Akte. Aber Sie haben sie wohl nicht ganz gelesen, was?«
Reinhards stutzte.
John setzte ein finsteres Grinsen auf. »Ich wurde nicht unehrenhaft entlassen, weil ich nicht gut war. Nein, ich war verdammt gut, neun Einsätze, sechs Belobigungen, zwei Sonderauszeichnungen. Sie haben mich rausgeworfen, weil ich einen vorgesetzten Offizier ins Lazarett geprügelt habe.«
Reinhards erbleichte. Jetzt war es an ihm, keine Worte mehr zu finden. Die beiden Kontrahenten starrten
einander an. Schon sah Shakey den Manager nachgeben. Er hätte es ihm nicht verdenken können. In Johns Blicken lag Mord, und Shakey hätte dem Leutnant in diesem Moment ums Verrecken nicht widersprechen wollen.
Dann summte es plötzlich im Raum. Zwei kurze Töne, eine längere Pause, dann wieder zwei Töne. Und das Signal ging weiter.
»Hab ich Hallus, oder ist das …«, begann Rourke, und Cao führte den Satz für ihn zu Ende: »Unser Komsignal?«
Shakey schluckte, sein Blick huschte von Reinhards zu John. Das Signal ertönte erneut. Es würde im ganzen Shuttle zu hören sein, und der kleine Pilot konnte sich vorstellen, wie sich alle gleichzeitig verblüfft umsahen.
»Ja«, wisperte er. »Wir werden gerade gerufen.«
12
Wie das Kaninchen vor der Schlange saß John vor der Kommunikationskonsole des Shuttles. Das kleine Licht blinkte die ganze Zeit, und dazu ertönte ein Summen auf einer Frequenz, die menschliche Ohren gerade noch so erreichte und daher ziemlich unangenehm war.
Was ihn lähmte, war nicht die Furcht vor der ankommenden Nachricht, sondern die Tatsache, dass Shakey noch nicht fertig war. Er selbst hatte sich seine Sorgen vor zwei Minuten von der Seele geschrien, als er sich mit Reinhards gestritten hatte. Der Manager war immer noch blass und redete kaum. Allerdings hatte er es sich nicht nehmen lassen, den Sitz des Copiloten für sich zu beanspruchen.
Shakey hob einen Daumen. Die Komeinheit war verkabelt, und alles, was gesendet wurde, konnte mitgeschnitten werden.
Hinter dem Cockpit hatte sich fast das gesamte Lager eingefunden. Keiner sagte etwas. John presste den Finger
auf die Taste, und der Bildschirm erwachte flackernd zum Leben.
Die Qualität war nicht gut. Störungen in der Atmosphäre beeinträchtigten das Bild, aber der Ton war halbwegs klar. John sah das Gesicht einer überraschend jungen Frau, die ein großes Headset trug. Es war noch der Kragen einer Uniform zu erkennen, aber sonst keine Zeichen für ihre Konzern-Zugehörigkeit. Sie musste John im gleichen Augenblick auf den Schirm bekommen haben, denn sie zuckte ein winziges Stück zurück.
»Sir, ich habe jemanden.«
Bevor John fragen konnte, was sie meinte, verschwand ihr Gesicht. Nun war die Lehne eines hohen Stuhls zu sehen, dahinter – leider unscharf – ein weitläufiger Raum, in dem Männer und Frauen saßen und standen. Auf den ersten Blick waren keine Betas auszumachen.
Eine neue Person nahm den Platz ein, auf dem zuvor die junge Frau gesessen hatte. Ein Mann mit kurzgeschorenen, grauen Haaren und einem ebensolchen Schnauzbart. Er hatte ein breites Kinn, und sein ganzer Kopf wirkte kantig. Alles an ihm schrie förmlich Militär. Er fixierte John mit hellen Augen, deren genaue Farbe allerdings in der Übertragung verloren ging.
»Ich
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