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Missing Link

Missing Link

Titel: Missing Link Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walt Becker
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Augen gewöhnten sich an das Licht. »Seht ihr hier irgendwo Telefonleitungen?«
    »Nein«, antwortete Ricardo auf der Suche nach einer Steckdose. Ricardo und Samantha inspizierten das hintere Ende des Raums, während sich Jack durch eine Ansammlung staubiger Schreibtische und Stühle schlängelte, die mit einem elastischen Bio-Netz aus Spinnweben verbunden waren. Die Spinnweben blieben an Jacks Arm wie Zuckerwatte hängen. Einen Stuhl hatte er von der klebrigen Masse schon fast befreit, als er auf dem Fußboden ein gebohrtes Loch entdeckte.
    »Ich glaube, ich hab’s gefunden.«
    Jack wusste, dass in den Verarbeitungsplantagen die Kabel und Telefonleitungen oft in mehrere hundert Meter langen Plastikröhren unter dem Boden verliefen, bevor sie wieder an die Oberfläche kamen und mit der nächstgelegenen Steckdose verbunden wurden. Viele Kartelle benutzten zwar Satellitentelefone, doch die DEA konnte die Signale auffangen, wenn sie danach suchte. Das alte System, illegale Leitungen mit dem Festnetz zu verbinden, war für das Kartell zweckmäßiger.
    Jack stocherte mit dem Schraubenschlüssel in dem Loch herum und der brüchige Boden gab nach. Innerhalb weniger Minuten hatten die drei die gesamte Ecke freigelegt. Die Taschenlampe bot zu den flackernden Leuchtstoffröhren zusätzliches Licht. In dem halben Meter zwischen Boden und Fundament lagen Plastikrohre, die seitlich aus dem Gebäude hinausführten. Direkt darunter waren Telefonbuchsen in die Wand eingelassen.
    Ricardo schielte an Jack vorbei. »Ob sie funktionieren?«
    »Hoffen wir’s«, meinte Jack.
    Samantha stand auf. »Ich hole die Laptops.«
    »Ich habe einen Anschluss an der Universität von La Paz«, sagte Ricardo, der etwas eintippte. Jack seufzte erleichtert. Die erste Leitung war tot gewesen, bei der zweiten gab es einen Rufton. Das Faxmodem quietschte wie ein schmerzgeplagter Vogel, als die Verbindung mit dem Universitätssystem hergestellt wurde. Draußen erkämpfte sich ein Hauch von Blau seinen Weg gegen die Schwärze. Der Laptop piepste, und ein Schriftbalken zog vorbei. Ricardo tippte, als hätte er zwanzig Finger. »Ich glaube, ich hab’s!«
    Jack las die ihm vertraute Internetadresse des Forschungslabors der Universität.
    »Exportiere alle Dateien. Alles«, sagte Jack.
    Samantha tippte auf ihrem eigenen Laptop wie wild. »Ich schicke an den Lehrstuhl für Anthropologie in Princeton eine E-Mail mit der Nachricht, wo wir sind und was passiert ist. Sie sollen hier mit der Botschaft Kontakt aufnehmen, wenn sie können«, erklärte sie.
    »Das wird eine Weile dauern«, erwiderte Ricardo. »Bei der Bandbreite auf dieser Leitung können wir die Daten nicht so schnell wie sonst übertragen.«
    Jack vermochte sich nicht vorzustellen, dass das Internet hier noch langsamer war als zu Hause. Der Computer legte lange Pausen ein, während er mit der Web-Seite kommunizierte.
    »Okay, wir übertragen die ersten Dateien«, verkündete Ricardo. »Ich verwende das System des Uni-Forums. Und alle Forschungsinstitute im Web erhalten eine Kopie. Das sind mehrere hundert.«
    »Gut«, sagte Jack. »Das ist unsere Versicherungspolice. Wenn wir die Daten unters Volk gebracht haben, wird das keiner mehr vertuschen können. Weder Dorn noch die Bolivianer. Nicht einmal unsere eigene Regierung.« Er legte seine Hand auf Ricardos Schulter. Zum ersten Mal seit den letzten vierundzwanzig Stunden spürte Jack so etwas wie Erleichterung.
    Dann ging das Licht aus.

 
Generator
     
    Draußen hustete der Generator zweimal, bevor er schwieg.
    Eine unheimliche Stille herrschte an diesem frühen Morgen, unterbrochen nur von ein paar Grillen, die ihre letzten Balladen vor dem Morgengrauen zum Besten gaben.
    »Was ist passiert?«, fragte Samantha.
    »Vielleicht ist der Diesel im Generator ausgegangen«, vermutete Jack. »Vielleicht.«
    »Der Laptop läuft jetzt auf dem Akku«, sagte Ricardo. Das graue Licht des Bildschirms beleuchtete sein Gesicht. »Aber er ist schon schwach. Ich weiß nicht, ob ich die Dateien übertragen kann, wenn wir nicht bald Saft auf der Leitung haben.«
    »Scheiße«, murmelte Jack.
    Stromausfälle in Bolivien waren fast an der Tagesanordnung, weswegen die meisten Bewohner noch einen Dieselgenerator unterhielten, sofern sie es sich leisten konnten. Doch der Generatorausfall machte Jack Sorgen. »Ich gehe mal nachsehen«, sagte er und griff nach der Taschenlampe.
    Jack schaltete die Taschenlampe erst in dem Schuppen ein, in dem der Generator stand. Draußen

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