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Missing Link

Missing Link

Titel: Missing Link Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walt Becker
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wieder hinunter. »Das unsere!«

 
Angriff
    Baines hatte seine Zulus rings um das Lager postiert. Wandile, der größte und jüngste von ihnen, sollte die Ostflanke sichern, die an eine mit hohem Gras bewachsene Fläche grenzte. Die Nacht hatte ihm bisher keine Abwechslung beschert, und seit Dorn vor einer halben Stunde vorbeigekommen war, hatte er in der Dunkelheit nichts Verdächtiges bemerkt. Er fingerte an seiner AK-47 herum und nahm einen Schluck aus seinem rindsledernen Wasserbeutel. Wandile entstammte einem alten Kriegergeschlecht. Noch vor dem Krieg mit den Briten im Jahre 1879 war sein Urgroßvater von Chaka Zulu selbst zum Fürsten ernannt worden. Der Name von Chakas Volk bedeutete »die Himmel«, und eine Zeit lang hatte das »Volk der Himmel« große Teile Südafrikas uneingeschränkt beherrscht.
    All das hatte sich geändert, nachdem die Briten sein Volk unterworfen hatten. Am 4. Juli 1879 waren Wandiles Ahnen in der Schlacht von Ulundi auf der Mahlabatini-Ebene für immer ihrer Macht und ihres Stolzes beraubt worden.
    Nie würde Wandile vergessen, wie sein Vater gestorben war. Er war dreizehn und noch kein richtiger Mann gewesen. Erst mit Stolz, dann mit Entsetzen hatte er beobachtet, wie eine Gruppe von Zulus von seinem Vater gegen eine Einheit der südafrikanischen Polizei geführt worden war. Die Polizisten waren mit Plexiglasschilden, Helmen und Gewehren ausgerüstet gewesen. Sein Vater hatte nur eine Machete getragen. Er erinnerte sich daran, dass er zu seinem Vater gelaufen war, der zusammengebrochen war, nachdem die Polizei das Feuer eröffnet hatte. Als Zulu-Junge hätte Wandile nicht weinen dürfen, aber dennoch waren seine Tränen auf die Brust seines Vaters getropft.
    Wandile wäre bei seinen Leuten geblieben, doch diese Art von Leben war nichts für ihn. Er war ein Krieger. Ein Zulu. Wie stolz seine Mutter sein wird, wenn er ihr seine Abenteuer erzählen wird. Er wird ihr ein anständiges Haus kaufen, und man wird sie endlich mit dem Respekt behandeln, den sie verdiente. Ja, dachte er, es wird ein großer Tag, wenn ich zurückkomme. Am liebsten hätte er einen Kriegsschrei ausgestoßen. Aber genau in diesem Moment umklammerte eine starke Hand seinen Mund. Instinktiv biss Wandile zu und schmeckte Blut. Augenblicklich war die Hand verschwunden. Wandile bemerkte eine dunkle Gestalt, die in die Nacht hineinhuschte.
    Ein Dogon-Krieger.
    Wandile wollte Alarm schlagen und seine Kameraden warnen, doch aus seiner Kehle hörte er nur ein gurgelndes und zischendes Geräusch. Im gleichen Moment spürte er, wie sein warmes Blut auf seine Füße spritzte. Er begriff, dass seine Kehle durchschnitten worden war. Er wollte nach seiner Waffe greifen, während sein Blut weiter aus beiden Arterien strömte. Wenn er nur ein paar Schüsse abgeben könnte, wäre das Lager alarmiert, aber seine Finger schienen nicht zu reagieren. Sein Kopf wurde leicht, und er konnte nichts mehr sehen. Dann fiel er vornüber in eine Blutlache, und seine Seele entwich.
    Samantha hatte gerade ihren linken Stiefel zugeschnürt, als sie am hinteren Ende ihres Zelts ein Geräusch hörte. Sie lauschte aufmerksam, doch jetzt war wieder alles ruhig. Etwas stimmte nicht, das spürte sie. Ganz eindeutig. Sie blickte auf ihre Armbanduhr. Es war Viertel vor zwei morgens.
    Was zum Teufel trieb Ben bloß? Sie mühte sich mit dem rechten Stiefel ab, bis er schließlich über ihren Knöchel rutschte.
    Dann hörte sie das Rattern automatischer Waffen von der Ostseite des Lagers.
    Jack war die Rückseite des Kamms halb hinuntergestolpert; er bemerkte kaum den tiefen Riss, den der vulkanische Fels in sein Schienbein geschnitten hatte. Sein Herz hämmerte, und er hörte, wie Dorns Schnaufen in der Entfernung schwächer wurde, während er ihn abhängte. Als er gerade um einen kleinen Hügel rannte, wurde der Himmel von Leuchtspurmunition erhellt. Er war zu spät. Der Angriff hatte schon begonnen - das Rattern automatischer Waffen versetzte die schlafende Savanne in Aufruhr. Jack ignorierte den Schmerz in seinen Beinen.
    Er kämpfte sich durch zweieinhalb Meter hohes Savannengras, und plötzlich hatte er die Zelte im Blickfeld. Schwarze Gestalten huschten durch die Dunkelheit, und alle paar Sekunden verriet der Feuerstoß einer AK-47 die Position von einem von Dorns Männern.
    Jack suchte Samanthas Zelt.
    Darin schwang eine Kerosinlampe an ihrer Aufhängung wild hin und her und ließ drei Silhouetten erkennen. Die kleinste musste die von Samantha

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