Missing Link
unansehnlichen stumpfen Winkel ab. Aus einem Riss auf seinem Unterarm floss Blut auf den Flugzeugboden. Bongane, der Zulu, der Jack gegenübersaß, war völlig ruhig und sprach kein Wort. Er schien unter Schock zu stehen.
»Verdammt gut geflogen, Mann. Gottverdammt gut geflogen«, lobte Baines den Piloten, als sie Jacks Gurt aufschnitten. Der Pilot seufzte erleichtert auf - es waren keine Verluste zu vermelden. Mit nervösem Lächeln wandte er sich Jack und Samantha zu. »Ladys und Gentlemen«, sagte er, als er durch die staubige Ladebucht ging, »willkommen in Bolivien.«
Der verschwitzte Kopilot traf vorne im Flugzeug auf seinen Partner und auf Baines.
»Ich fange langsam an zu glauben, dass uns etwas daran hindern will, nach Tiahuanaco zu kommen«, sagte Samantha.
Ricardo ließ einen gewaltigen Nieser los. Samantha und Jack drehten sich überrascht um. Ricardos Augen waren endlich wieder weit geöffnet. Er blickte auf Samantha, dann auf Jack, bevor er sich seine Nase am Hemdsärmel abwischte.
»Können wir endlich weiter?«, fragte er. »Dieser Mali-Staub bringt mich noch um.«
Regenwald
Das Wunder ihres Überlebens wurde deutlicher, als Jack endlich nach draußen gelangte. Der Pilot hatte es geschafft, mit dem großen Frachtflugzeug auf einem Landestreifen aufzusetzen, der für kleine Flugzeuge oder - wenn sich der Händler glücklich schätzen konnte - auch für eine DC-3 gebaut worden war. Eine tiefe, etwa hundert Meter lange Schneise kennzeichnete ihre Landung auf dem grünen Feld. Die ineinander verwickelten Überreste des vorderen Fahrwerks steckten am Anfang der Schneise in der Erde als Zeichen dafür, wo die Schlittenfahrt des Rumpfs begonnen hatte.
Jack ging um den abgetrennten rechten Flügel herum, der abseits des Flugzeugs lag. Er hätte den Piloten dafür umarmen können, dass dieser daran gedacht hatte, die Treibstofftanks zu leeren. Dann ging er weiter zur Nase der Maschine. Sie war zwischen zwei riesigen Teakholzbäumen eingequetscht, von denen einer den Flügel zwar abgerissen, das Flugzeug dadurch aber zum Halten gebracht hatte. Ein paar Meter weiter, und ihr Schicksal wäre das gleiche gewesen wie das der gegen das Cockpit geschmierten Vögel.
Samantha kroch hinter Jack her, während sie ihm berichtete, dass das Fossil und das Artefakt die Landung heil überstanden hatten. Unermüdlich hatte sie für die Extrapolsterung gekämpft, bevor die Metallkisten luftdicht verschlossen worden waren. Ihre Paranoia hatte sich ausgezahlt. »Das KohlenstoffSpektrometer hat nicht so viel Glück gehabt«, sagte sie. »Glaubst du, wir könnten ein anderes herschaffen?«
»Bezweifle ich«, meinte Jack nur.
Langsam bezweifelte er auch, dass sie es vor der FrühlingsTagundnachtgleiche überhaupt bis Tiahuanaco schaffen würden. Schon wenn alles wie geplant gelaufen wäre, hätten sie sich beeilen müssen, doch nun waren sie meilenweit vom
Landeplatz in Trinidad entfernt - ihrem beabsichtigten Ausgangspunkt. Er hatte nicht den leisesten Schimmer, wann aus den bolivianischen Wäldern mit Hilfe zu rechnen war.
Einige Minuten nach der Landung stellten Dorn und Baines Kontakt mit den Leuten vom Flugplatz in Trinidad her. Sie gaben ihnen Anhaltspunkte, wo die Maschine runtergegangen war, hatten aber keine Ahnung, wie lange Checas Männer brauchen würden, um die Mannschaft zu finden und herauszuholen. Dorn meinte, er lasse sich nur widerwillig mit Checas Leuten und den Drogenkartellen ein, aber nach der illegalen Einreise nach Bolivien blieb ihnen keine andere Wahl. Schweren Herzens stimmten Jack und Samantha zu.
Während die beiden aufmerksam das Ausladen der Ausrüstung überwachten, tat Jack jede Minute weh, die verstrich, jede Minute hier war eine Minute später, bevor sie zum Tempel gelangen würden, mit jeder erlosch ein weiterer Funken Hoffnung. Müssten sie noch ein Jahr warten, wusste er, dass sie nie wieder eine solche Chance wie jetzt haben würden. Die Funde aus Mali würden sich unmöglich so lange geheim halten lassen. Er fragte sich, was die US-Regierung tun würde, wenn sie erführe, dass man auf der Erde außerirdische Technologie gefunden hatte. Das Szenario machte ihm Angst.
Noch bevor die letzten Kisten im Gras lagen, war bereits eine Stunde vergangen und der Dschungel zur Normalität zurückgekehrt. Käfer knackten und summten, und Vögel riefen einander etwas zu, als würden sie sich gegen die Eindringlinge verschwören. Während des Entladens hatte Jack hin und wieder das
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