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Missing Link

Missing Link

Titel: Missing Link Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walt Becker
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tastete, Seil nach.
    »Ein bisschen mehr!«, rief er hinauf.
    Schließlich schwang er auch sein anderes Bein von der Strickleiter und kniete seitlich auf der freigeräumten Metallplatte. Er löste das Seil von dem Gerät. Spannung machte sich breit.
    Es war ruhig geworden, als hätte ihnen jemand verboten zu sprechen.
    Samantha spähte über den Rand der Grube. Ihre Begeisterung begann einer gewissen Besorgnis zu weichen. Obwohl sie von den Aussichten in Bann geschlagen war, wollte sie Jack jetzt zurufen, dass es zu riskant sei.
    Er blickte zu ihr hoch.
    Mit zitternder Hand signalisierte sie ihm: Sei vorsichtig.
    Jack nickte. Sein Puls ging schneller, und er wischte sich den Schweiß seiner Handflächen an seiner Hose ab. Er bekam das Gerät gut in den Griff, richtete sich ganz auf und drehte sich zu der Metallplatte. Sie lag kaum einen Meter vor ihm. Jack ging einen Schritt auf sie zu. Fast im gleichen Augenblick spürte er, wie eine Spannung seinen Rücken hinaufschoss.
    »Es erzeugt eine Art elektrische Ladung!«, brüllte er.
    Als er mit dem Gerät den Rand der Platte erreichte, jagte ein betäubender Energiepuls durch seine Hände die Arme hinauf. Bevor er die Empfindung erklären konnte, schrie Samantha auf.
    In dem Schlafzelt der Bolivianer hatte Veronica gerade mit dem fünften Solitaire-Spiel begonnen, als ihr Handy laut klingelte. Sie holte es aus dem Lederbeutel an ihrer Hüfte und stellte das Signal leiser.
    »Veronica.«
    Die Stimme vom anderen Ende der Leitung war durch atmosphärisches Rauschen verzerrt.
    »Ich kann dich nicht hören«, sagte Veronica auf Spanisch, stand vom Tisch auf und schob das dünne Moskitonetz beiseite, das vor dem Eingang hing. Draußen jedoch war, wie sie merkte, der Empfang auch nicht besser.
    Irgendetwas störte die Verbindung. Dass sie das Telefon noch in Trinidad aufgeladen hatte, hätte sie schwören können.
    Schließlich erkannte sie Gustavos Stimme - Checas Verbindungsmann und angeheirateter Onkel. Er war ein Mann, der ihr Angst einflößte. Die Stimme klang anders als sonst, reizbar. Sie erklärte ihm, dass Dorn nach einem großen Transporthubschrauber gefragt habe.
    »Nach einem großen Transporthubschrauber?«, vergewisserte sich ihr Onkel.
    »Sí.«
    Ihr Onkel gab die Informationen an Checa weiter, der ein besonderes Interesse für alle Vorgänge hier entwickelt hatte. Veronica beschrieb die Ausgrabungsstelle. Sie erklärte, zwei ihrer Männer hätten etwas Metallenes im Boden gefunden.
    »Weißt du, was es ist, mein Engel?«
    »Nein.« Sie erzählte, Dorn habe ihren Männern verboten, sich in der Nähe der Ausgrabungsstelle aufzuhalten.
    »Interessant ...«, sagte ihr Onkel. »Señor Checa wird genau wissen wollen, was sie da gefunden haben.«
    »Ich verstehe«, erwiderte Veronica. Sie wusste, was hinter dieser Bemerkung steckte. Ihr war klar, dass Checa, falls etwas Wertvolles aus dem Boden geholt werden sollte, es beschlagnahmen lassen würde. Die beiden Männer würden einen Plan ausarbeiten, und dieser Plan würde Blutvergießen bedeuten. Töten.
    »Halt uns auf dem Laufenden, mein Engel«, sagte der Mann ihrer Tante und brach die Verbindung ab.
    Veronica ging zurück ins Zelt und setzte sich auf einen der Plastikklappstühle. Ihr war schwindlig - eine Melancholie mit einem Anflug von Wut. Sie warf ihr glänzendes Haar nach hinten, und während sie es in einem behelfsmäßigen Knoten befestigte, stieß sie die Luft aus ihren Lungen. Sie war dieses ständige Töten, diese dauernde Täuschung leid. Für ihr Vaterland empfand sie nur noch Geringschätzung. Sie verachtete diese Welt der Drogen und Gewalt, der sie ursprünglich ihre Rettung verdankte und die ihr einen Kanal für ihren Hass verschaffte. Seit ihrer Kindheit verachtete sie vieles, vor allem Männer. Die meisten waren gemeine, prinzipienlose Kreaturen wie ihr Onkel.
    Veronica schauderte. Es war ziemlich lange her, seit sie sich bewusst mit diesen quälenden Erinnerungen auseinandergesetzt hatte. Sie konnte vor sich ihr Zimmer in Sucre sehen - die spitzenbesetzten Kissen, Tapeten mit Blumenmuster und der hölzerne Deckenventilator, der nur auf der niedrigsten Stufe lief. Derselbe Ventilator, der langsam kreisend durch die dicke Luft schnitt und den pochenden Hintergrund für ihre Albträume lieferte.
    Veronicas Herz begann heftiger zu schlagen - genau so wie damals.
    Sie erinnerte sich an seine bedrohliche Silhouette, von hinten beleuchtet durch den schwachen Schimmer aus der Diele. Dann das Geräusch -

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