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Missing Link

Missing Link

Titel: Missing Link Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walt Becker
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entschloss sie sich, sich noch einen Becher mit dem würzigen Tee der Anden zu machen. Als der Dampf aus dem Wasserkessel stieg, merkte sie, dass ihre Armbanduhr beschlagen war - vielleicht von dem Dekontaminationsgerät. Dennoch konnte sie erkennen, dass es nach zwei war. Sie war erschöpft, zu müde zum Schlafen. Alle hatten bis spät in die Nacht gearbeitet und Material ausgepackt. Auch die beiden großen
    Generatoren hatten sie schon angeschlossen. Morgen würden sie eingeschaltet werden, sodass die Tests durchgeführt werden konnten. Der Konvoi hatte sogar noch mehr als nur die Ausrüstung von der Absturzstelle mitgebracht. Auch schon vor der Entdeckung des Fossils in Mali hatte Ben keine Kosten gescheut, doch das nochmals kräftig aufgestockte Budget beunruhigte sie. Ben schien engagierter - zu engagiert für ihr Dafürhalten. Die Expedition kam ihr wie eine Eroberung vor, wie die Jagd nach einem Schatz.
    Jack hatte im großen Laborzelt ein Feldbett aufgeschlagen. Durch das leichte Schaukeln der Laternen war er ziemlich schnell eingeschlafen. Samantha hätte nie daran gedacht, ihn zu wecken. Stattdessen zog sie seine Aufzeichnungen unter seinem Arm hervor und setzte sich, um sie zu enträtseln. Sie spürte den heißen Tee in ihrem Magen. Der untere Rand der Plane schlug im Wind, als ob das ganze Zelt jeden Moment abheben würde. Von alldem merkte Jack nichts. Samanthas Augen waren schwer, aber sie konnte nicht aufhören Jacks Nachforschungen zu durchstöbern.
    Viracocha.
    Der Name zierte den oberen Rand der abgenutzten vergilbten Blätter. Er war fett geschrieben, als hätte Jack die Buchstaben unzählige Male nachgezogen. Daneben, in kleiner Schrift, stand eine Reihe anderer Namen: Kukulcan, Votan, Orejona, Ta’aroa, Maoui, Elohim. Überall standen die Worte »die Leuchtenden«. Hinter einigen war ein Fragezeichen - als hätten seine Zweifel ihren Weg aufs Papier gefunden.
    Auf Jacks Laptop fand Samantha weitere Informationen.
    In der Datei »Die Leuchtenden« wurden Fakten über Fakten aufgelistet. Sie tippte auf eine Taste und blätterte den Bildschirm nach oben. Mit jeder Seite wuchs ihre Überzeugung, dass in Jacks Theorien sehr viel Wahrheit steckte. Diese geheimnisvollen Leuchtenden hatten offenbar Machtvolles geleistet und den Bewohnern die Eckpfeiler der Zivilisation gelehrt, bevor sie auf geheimnisvolle Weise verschwanden. Samantha war vertraut mit den Mythen der südamerikanischen Völker, sie wusste von den legendären Viracocha, doch bis gestern hatte sich Jacks Interpretation darüber zu bizarr angehört.
    Jetzt, beim Lesen, klang sie richtig.
    Die Mythen forderten die Menschen geradezu auf zu glauben. Die meisten Texte waren nur so weit entfernt wie die örtliche Bücherei. Ganz gleich, welchen Namen die alten Völker diesen Figuren gegeben hatten, die Beschreibungen waren ähnlich: eine kleine Gruppe von Zivilisatoren; Weise; große Männer der Wissenschaft und Magie, die zum Heil der Welt beitrugen, aber auch furchtbare Waffen aus Feuer besaßen.
    Samantha schob die Worte auf dem grauen Bildschirm so schnell weiter, wie sie lesen konnte. Unter jedem Namen erschien die gleiche Geschichte. Die überall zu findenden Erzählungen schockierten sie. Ob sie aus mündlichen oder schriftlichen Quelle stammten, aus Schriften aus dem Vorderen Osten oder von spanischen Chronisten, die über den mündlich überlieferten Glauben der Ureinwohner berichteten - alle Erzählungen sprachen von der Ankunft dieser Wesen vor der großen Flut: bärtige, blasse Männer von großer Statur; Männer, deren große Augen und Gesichter mit sonnengleicher Macht leuchteten. Es konnten keine eingeborenen Indianer sein - Indianer hatten nur spärlichen Bartwuchs, und die meisten waren nicht größer als ein Meter fünfundsechzig. Das Fossil und die Mumien waren fast ein Meter fünfundneunzig groß.
    Samanthas Herz raste. Fakten aus ihrer eigenen Erfahrung kamen hoch. Sie erinnerte sich, dass sie in der Bibel etwas über die Zeit der Riesen gelesen hatte. Alles hing miteinander zusammen. Ihre Hand zitterte auf der Tastatur. Die Menschheit hatte die Fakten während der ganzen aufgezeichneten Geschichte vor der Nase gehabt. Die meisten wollten sie einfach nicht sehen. Jede Geschichte, jede Beschreibung von Viracocha, Kon Tiki, Thunupa, Tupaca - sie alle hörten sich gleich an.
    Den Beweis gab es nicht nur, er stand auch außer Zweifel. Samantha dachte über das Fossil in der Stahlkiste nach. Sie dachte an die vier mumifizierten

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