Mission Ares
Raum—
Kadetten wohl dazu sagen, wenn Sie einen Kommißkopp wie
mich an die Spitze der Organisationspyramide setzen?«
Michaels lächelte. »Nun, in den Tagen von Apollo hüpften die Manager ständig um das Organigramm herum, ohne ihm allzu viel Beachtung zu schenken. Vielleicht brauchen wir diesen Geist wieder. Sie sollten sich wirklich keine Sorgen wegen der Farbe des Teppichs machen, Joe. Und falls jemand Ihren Rang und Status in Frage stellt – nun, dann kommen Sie einfach zu mir.«
»Nein, zum Teufel«, sagte Muldoon. »Wenn irgendein
Sesselfurzer mich anzuscheißen versucht…«
»Heißt das, Sie übernehmen den Job?«
»Das heißt, daß ich darüber nachdenken werde. Sie sind ein Bastard, Michaels.«
Sie gingen zu den wartenden Fahrzeugen.
Dienstag, 3. Februar 1981
Osero Tengis, Kasachstan
Der über die Steppe fegende Wind drang durch die Lagen von Yorks Druckanzug. Sie versuchte herumzulaufen, um sich warmzuhalten. Doch der mit Drähten verstärkte Anzug
sowjetischer Machart erwies sich für die Fortbewegung als hinderlich, und sie ermüdete rasch. Obendrein drückte ihr der ›Anhang‹, die aufgestülpte Öffnung an der Vorderseite des Anzugs, auf die Brust.
Neben ihr hatte Ralph Gershon sich in sich selbst
zurückgezogen. Er hatte den Kopf auf den Kragen des Anzugs gelegt und den Helm unter den Arm geklemmt. Gershons Augen waren glasig. Er hatte, wie York nicht zum erstenmal auffiel, die Macke, sich gleichsam in einen privaten Kosmos zurückzuziehen, wenn die Außenwelt gar zu beschissen war.
Um diese Macke beneidete sie ihn nun.
Das Modell der Sojus-Kommandokapsel im Maßstab eins zu
eins stand in der kasachischen Ebene. Ein paar verbeulte Lastkraftwagen ohne Anstrich waren um die Kapsel geparkt.
Neben der Sojus stand der Tieflader, der die Kapsel hierher gebracht hatte. In fünfzig Metern Entfernung befand sich ein sowjetischer Militärhubschrauber, dessen Rotoren sich langsam drehten. Kabel gingen von der Kommandokapsel aus, schlängelten sich über die staubige Steppe und führten zu Winden, die im Hubschrauber montiert waren.
Es lag ein schwacher Grasgeruch in der kalten Luft. Das Erdreich war mit einer gelblichen steinharten, glasierten Schicht überzogen, aus der vereinzelte Grasbüschel wuchsen.
An manchen Stellen lag noch Schnee. Wladimir Wiktorenko
hatte ihr gesagt, die Steppe würde sich zu Beginn des Frühjahrs in ein Blumenmeer verwandeln. York vermochte das kaum zu glauben.
Sie kannte nicht den Grund für die jüngste Verzögerung.
Techniker standen tatenlos herum, wobei Zeitpläne und
Ablauforganisation anscheinend Fremdworte für sie waren. So schien das in der Sowjetunion eben zu laufen, selbst beim Raumfahrtprogramm.
York bemühte sich um Toleranz, was ihr indes schwerfiel. Sie hatte nicht die Zeit, mit einem Haufen schlafmütziger Techniker in der Steppe rumzuhängen. Weitermachen. Bringen wir’s hinter uns.
Nun stapfte der kompakte Wladimir Wiktorenko zielstrebig zu ihr herüber. Den Helm hatte er bereits aufgesetzt. »Also«, sagte er und klopfte ihr auf die Schulter. Sie hatte schon mit so etwas gerechnet, weshalb es ihr gelang, das Gleichgewicht zu wahren. »Sind Sie bereit für den Flug? Und Sie, Ralph?«
Gershon hob den Kopf vom Kragen des Anzugs; wie eine
Schildkröte, die den Kopf aus dem Panzer steckte.
York starrte auf die Wand der Kommandokapsel, und ihre
Besorgnis stieg. »Wir sind nicht in die Sojus eingewiesen worden. Wo ist die Luke? Oben?«
»Ja, sie ist oben. Ich werde als erster einsteigen.« Er tippte zuerst ihr auf die Schulter, dann Gershon. »Dann Sie, und dann Sie. Sie werden sehen, daß es ganz einfach ist.«
Die Techniker kicherten. Yorks Ressentiments wuchsen.
»Wladimir, weshalb lachen Ihre Leute über mich?«
Er hob die Augenbrauen. »Wlad- im -ir«, sagte er und betonte dabei die zweite Silbe. »Ach, es ist nichts.«
»Und ob was ist.« Zorn wallte in ihr auf. Seit Apollo-N spürte sie diesen Zorn und ließ ihn an jedem aus, der ihr dumm kam.
Sie vermutete, daß das auch ein Grund war, weshalb man sie trotz ihrer Beteiligung an der Untersuchung der Havarie hierher geschickt hatte.
Sie war ihnen im Weg. Sie sollte sich hier in der Steppe abkühlen.
Nur daß das nicht funktionierte.
Sie stakste zu einem der Techniker hinüber, einem bulligen Kerl in einem ölverschmierten Hemd, das sich über seinem Wanst spannte. »Was ist denn so lustig? Hä?«
Wiktorenko kam zu ihr und faßte sie am Ellbogen. »Sie
müssen
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