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Mission Ares

Mission Ares

Titel: Mission Ares Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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ruhig bleiben, meine Liebe.«
    Sie schüttelte seine Hand ab. »Ja, sicher. Sobald diese
    rüpelhaften Arschlöcher…«
    »Nein«, sagte er, und nun lag ein metallischer Klang in seiner Stimme.
    »Wieso nicht, zum Teufel?«
    »Soj-us.« Er sprach das Wort so aus, wie sie es als Amerikanerin getan hatte. Sogar für Yorks Ohren klang es nun schräg. »Darüber amüsieren sie sich. Ich vermute, Ihre englische Transliteration ist ungenau«, sagte er gelassen. »Es liegt vielleicht am ›j‹. Sehen Sie, in der Standard-Orthographie bezeichnet ›ju‹ einen kyrillischen Buchstaben, weshalb das ›j‹
    und das ›u‹ nicht getrennt werden dürfen. Die Silben lauten Sojus. Weil die Betonung auf der zweiten Silbe liegt, schwächen wir das unbetonte ›o‹ von ›So‹ zu einem ›a‹ ab. Und dann hat ›jus‹ ein langes ›u‹, wie ›Schuh‹. Sa-juhs. Und dann müssen Sie noch beachten, daß Schlußkonsonanten stimmlos sind. Sa-juhs. Sa-juhs.«
    Sie versuchte es ein paarmal, was mit einem ironischen
    Klatschen des stämmigen Technikers quittiert wurde.
    »Schon besser«, sagte Wiktorenko. »Sehen Sie, nun ist es Ihnen gelungen, eins der wenigen russischen Wörter korrekt auszusprechen, von denen man erwarten sollte, daß sie einem amerikanischen Astronauten geläufig sind.«
    Sie registrierte den skeptischen Blick des Technikers und erwiderte ihn. Diese Russen waren noch größere Machos als ihre amerikanischen Kollegen.
    Doch vielleicht hing das auch mit der internationalen Lage zusammen. Sie versuchte sich vorzustellen, was diese Männer beim Gedanken an ihre in Afghanistan kämpfenden und sterbenden Landsleute empfanden und was ihnen bei ihrem
    Anblick – einer verwundbaren, isolierten Amerikanerin – durch den Kopf ging. Sie erinnerte sich an die aggressive antisowjetische Rhetorik, die seit Reagans Amtsantritt im Weißen Haus Einzug gehalten hatte. Sie hatten wohl das Recht, sie zu verachten, sagte sie sich.
    Ihr Zorn verflog. Teufel. Vielleicht habe ich es auch verdient.
    Sie schauderte und versuchte, diese Gedanken zu verdrängen.
    Eine Strickleiter schlängelte sich aus der Sojus zum Boden herab.
     
    Sie kniete auf dem Dach der Kommandokapsel, wobei ein
    kräftiger Techniker ihr Hilfestellung gab. Die Kapsel glich einem überdimensionierten Autoscheinwerfer, der auf der Streuscheibe stand. Der grüne Anstrich bildete einen
    markanten Kontrast zum ausgewaschenen Braun des
    Erdbodens. Von hier oben wirkte die Steppe deprimierend in ihrer unendlichen Weite. Sie war menschenleer bis auf die kleine Gruppe, die sich um die Kapsel versammelt hatte. Der metallisch graue Himmel glich einem Deckel, der über das Land gestülpt war.
    In der Ferne erspähte sie ein silbernes Glitzern, bei dem es sich vielleicht um ein Gewässer handelte. Irgendein einsamer Salzsee.
    Wiktorenko stieg zuerst in die Kapsel. Er sagte York, sie solle ein paar Minuten warten, bevor sie ihm folgte – er müsse erst noch die Bolzen überprüfen, mit denen die Sitze befestigt waren. Sie hatte den Eindruck, daß er das ernst meinte.
    Schließlich steckte Wiktorenko den Kopf aus der Luke und bedeutete ihr mit einem Winken, einzusteigen. Der Techniker nahm ihr die Überschuhe und den Schutzüberzug ab, den sie über dem Helm getragen hatte.
    Auf den ersten Blick glich die Kabine dem Interieur einer Apollo-Kommandokapsel, die schließlich dem technischen Stand der Sojus entsprach. Drei primitive, ausgeformte Liegen waren strahlenförmig angeordnet und berührten sich an den Fußenden. Zögerlich, mit den Füßen voran, ließ sie sich hinab.
    Wladimir Wiktorenko hatte sich bereits auf dem Sitz des
    Kommandanten auf der linken Seite der Kabine plaziert. Er bedeutete ihr, auf der anderen Seite Platz zu nehmen. »Seien Sie mein Gast!«
    Sie schraubte sich nach unten, bis sie die Konturen des
    rechten Sitzes unter sich spürte. Die Liege war zu kurz und stauchte Schultern und Waden. Die Liegen in einer richtigen Sojus waren der Größe der jeweiligen Kosmonauten angepaßt; in diesem Trainingsgerät hatten die Liegen jedoch ein einheitliches Format und waren zudem durch den häufigen Gebrauch verschrammt und abgenutzt.
    Die Kapsel war eng, sogar im Vergleich zu den Apollo—
    Attrappen, und sie war mit Ausrüstung für die Landung
    vollgepackt: Fallschirme, Notrationen, Luftkissen und
    Überlebensausrüstung. Die wichtigsten Instrumente waren in einem Pult vor Wiktorenko zusammengefaßt: ein Monitor, Orientierungsregler zur Rechten und

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