Mission Ares
leere S-II in den Orbit schicken. Dort würde die S-II an eine neue Einrichtung andocken, die wir als Orbitale Montageanlage bezeichnen. Ein simples Gerät, das aus einem Gitterrohrrahmen und Steuertriebwerken besteht; wir würden es in einen Orbit in der Nähe von Skylab bringen.
Anschließend würden unbemannte VBs Zusatztanks in den
Orbit bringen. Jeder dieser Außentanks wird siebenhundert Tonnen flüssigem Wasserstoff und Sauerstoff enthalten, die sicher voneinander isoliert sind. Die Tanks würden dann an der Montageanlage festgemacht. Mit weiteren Saturn VB-Flügen würde der Brennstoff in Behältern nach oben gebracht und in die Tanks beziehungsweise in die S-II-Stufe gefüllt. Dazu werden mindestens zehn Saturn VB-Starts erforderlich sein.
Bedenken Sie, daß die Saturn VB-Konfiguration sich vor allem durch ihre Wiederverwendbarkeit auszeichnet – die vier Feststoff-Booster werden überholt und wiederverwendet –, wodurch die Kosten pro Start deutlich reduziert werden. Wir entwickeln bereits Einrichtungen, die ein schnelles Drehen der Startplattform und die zügige Überholung des Fluggeräts ermöglichen. Außerdem sind wir in der Lage, die TreibstoffFlüge mit anderen Zielen zu kombinieren, beispielsweise mit der Flugerprobung des Mars-Exkursionsmoduls. Zum MEM
liegen im übrigen noch keine Spezifikationen vor. In ein paar Wochen werden wir eine Aufforderung zur Angebotsabgabe aussprechen, falls die Mission genehmigt wird…«
Dann wartete Josephson mit einer Reihe von Präsentationen auf; er zeigte Tabellen und Diagramme zu den Kosten und dem zeitlichen Ablauf der Entwicklung und Erprobung. Die Folien mit den Finanzdaten basierten auf der Annahme eines Programms der intensivierten Erprobung der verschiedenen Komponenten und Konfigurationen im mondnahen Raum, an dessen Ende drei operative Missionen stehen sollten. Die Referenten zeigten das Potential der neuen Technik auf: sie ermöglichte nicht nur eine Landung auf dem Mars und die Rückkehr zum Mond, sondern auch die Errichtung einer Mars-Basis sowie Orbitalmissionen zur Venus. Das neue Programm diente also nicht nur als Grundlage für einen einmaligen Flug zum Mars, sondern für die Expansion ins Sonnensystem.
Michaels mit seinem pausbäckigen Politiker-Gesicht folgte der Präsentation, ohne eine Miene zu verziehen. Zeitweilig saß er sogar mit geschlossenen Augen da, als ob er gleich einschlafen würde.
Nachdem die Präsentation beendet war, massierte Michaels sich die Nasenwurzel und die Tränensäcke unter den wässrigen Augen.
Nachdem die anderen gegangen waren, bat er Muldoon, noch zu bleiben.
»Sie haben verdammt gute Arbeit geleistet, Joe. Sie haben mich überzeugt. Zumal ich schon unter dem Druck des Weißen Hauses stehe, mit einem solchen Vorschlag aufzuwarten.«
Muldoon bekam daraufhin Herzklopfen.
Michaels öffnete eine Schublade und holte eine Flasche
Kentucky-Bourbon und zwei Gläser heraus; dann schenkte er jedem von ihnen einen Schuß ein. »Sagen Sie mir, wie Sie die langfristigen Planungen der NASA beurteilen.«
Muldoon wollte erst einen ausführlichen Kommentar geben.
Doch dann beschloß er, sich kurz zu fassen.
»Welche langfristigen Pläne?«
Michaels grunzte. »Sie haben’s erfaßt. Die Zentren legen uns alle möglichen gottverdammten Pläne vor. Das ist schön und gut. Aber seitdem ich dieses Amt bekleide, habe ich noch nie die Notwendigkeit für eine langfristige Strategie der NASA gesehen. Und wissen Sie auch, weshalb? Weil das bemannte Raumfahrtprogramm einer starken Opposition gegenübersteht.
So ist es immer schon gewesen, und so wird es immer sein.
Und jeder Plan, den ich vorlege – jede verdammte Aussage –
ist ein gefundenes Fressen für die Opposition. Das habe ich alles von Jim Webb gelernt, damals in den Sechzigern. Webb hat Apollo mit vollem Einsatz verteidigt – auch wenn das letztlich seine Entlassung bedeutete. Er wußte, welche Bedeutung ein Erfolg von Apollo haben würde; und erst recht wußte er um die Konsequenzen eines Mißerfolgs oder der Einstellung des Programms. Das ist mit ein Grund für den Schlamassel, in dem wir nun stecken. Aber wir müssen die Lektion lernen, Joe. Selbst wenn das bedeutet, daß wir eine Hypothek auf die Zukunft aufnehmen…«
Michaels schenkte ihnen noch ein paarmal ein und erzählte noch ein wenig über Taktik, Details der Vorschläge und davon, wie man die Unterstützung des Militärs, der Luft-und Raumfahrtindustrie und anderer Interessengruppen
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