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Mission Ares

Mission Ares

Titel: Mission Ares Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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erachtete. Manchmal erinnerte er sich nicht mehr, wann er zuletzt geschlafen oder etwas gegessen hatte. Und manchmal war es nur der Druck in der Blase oder im Darm, durch den er sich seiner Daseinsform als Mensch überhaupt noch bewußt wurde.
    Es war noch dunkel, wenn er morgens aus dem Haus ging,
    und schon dunkel, wenn er abends zurückkehrte.
    Es war unglaublich. Er sah nicht einmal die blühenden
    Apfelbäume im Garten. Und seine Kinder – Bert und Gerry, beide im schulpflichtigen Alter – sah er kaum länger als für ein paar Minuten am Tag.
    Jennine widmete er etwas mehr Zeit, doch den größten Teil der Freizeit verbrachte er mit Essen oder – falls er in der glücklichen Lage war, sich zu entspannen – mit Schlafen.
    Wo er nun darüber nachdachte, machte er sich doch ein wenig Sorgen wegen Jennine. Sie hatte sich im Lauf der Jahre an sein gewaltiges Arbeitspensum gewöhnt. Obwohl sie nichts von Flugzeugen verstand und sich auch nicht dafür interessierte, schien Jennine doch zu begreifen, daß diese Hyperaktivität wie ein Strohfeuer war; sie würde nicht ewig anhalten, und dann hätte sie ihn wieder für sich allein. Für eine Weile zumindest.
    Diesmal wirkte sie jedoch nicht so gelassen, obwohl er nicht genau wußte, was ihr zu schaffen machte.
    Sie beide wurden eben älter, sagte er sich. Das war das eine.
    Und mit den Jungs hatte sie sicher auch alle Hände voll zu tun.
    Der Druck, der durch das MEM erzeugt wurde, würde auch
    wieder verschwinden. Sie würde ihn zurückbekommen… Aber was, wenn wir gewinnen?
    Dann wird der Druck eben nicht verschwinden. Nicht wahr, JK? Nicht vor 1986. Nicht bevor die Aufstiegsstufe vom Mars abhob und alles gelaufen war.
    Doch wie immer mußte er wieder an die Arbeit denken und vergaß darüber alles andere.
    Er verfolgte zwei Hauptziele. Das eine betraf die Einhaltung des Termins für die Angebotsabgabe, und das andere bestand darin, das Gesamtgewicht des MEM in dem Rahmen zu halten, der in der Aufforderung zur Angebotsabgabe spezifiziert worden war.
    Zunächst beauftragte er Bella, eine Art Kalender zu erstellen, den er überall im Werk aushängte und ständig aktualisieren ließ.
NOCH SECHSUNDVIERZIG TAGE BIS ZUR
    ANGEBOTSABGABE! UND ROCKWELL LIEGT NOCH
    IMMER VOR UNS! Lee war mächtig stolz darauf. »So einen Kalender hatten sie auch in When Worlds Collide. Erinnern Sie sich, Bella? Wo sie ein Raumschiff bauten, um damit die Erde zu verlassen?«
    »Ja, Sir, JK.«
    Das Gewicht stellte sie tatsächlich vor die größten Probleme.
    Lee wußte aus Erfahrung, daß die Vorgaben der Lastenhefte in der Praxis kaum einzuhalten waren. Je intensiver die Ingenieure sich mit den Subsystemen beschäftigten, desto umfangreicher und komplexer wurden sie. Das ließ sich anscheinend nicht vermeiden. Also führte Lee fortan eine Liste mit Prognosen für das Gewicht aller Komponenten und Subsysteme.
    Jeden Morgen zitierte Lee die Gruppenleiter in sein Büro.
    Dieser Vorgang, den er ›durch den Wolf drehen‹ nannte, war ihm noch vom Strategischen Bomberkommando geläufig.
    Exakt um sieben Uhr fünfundvierzig wurden die Türen
    verschlossen; die Stühle wurden an die Wand geschoben, und Kaffee gab es auch keinen, damit die Leute die Sitzung nicht als gemütliches Beisammensein mißverstanden. Dann legte jeder Mitarbeiter das Hauptproblem des Tages dar und
    präsentierte Lösungsvorschläge.
    Auf diesen Sitzungen verteilte Lee Aufstellungen mit dem Gewicht aller Komponenten, aus denen hervorging, in welchem Maß die aktuelle Konstruktion den Grenzwert
    überschritt. Er verzichtete aber darauf, Gewichtsvorgaben für die einzelnen Subsysteme zu machen – es ging ihm nämlich um den optimalen Synergieeffekt für das gesamte Raumschiff –, doch hielt er seine Leute jeden Tag dazu an, das Leergewicht des Schiffs zu verringern.
    Dennoch wurde das Gewicht nicht schnell genug reduziert, und bald wurde das Gewichtsproblem zu seiner Hauptsorge.
    Es kam nicht darauf an, ob sie am Tag der Angebotsabgabe etwas über dem Grenzwert lagen. Wenn sie den Zuschlag erhielten, würde sowieso noch jede Menge Detailarbeit
    anstehen. Doch im Moment hatte es den Anschein, als ob das Columbia-MEM nicht einmal die groben Vorgaben erfüllte.
    Die NASA hatte die Gewichtsbeschränkung verlangt, weil
    das Schiff die neue, auf chemischer Technik basierende
    Gravitationsschleuder-Systemkonfiguration aufnehmen sollte.
    Deshalb waren die Vorgaben viel stringenter als bei den
    früheren Entwürfen auf

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