Mission Ares
er hatte auch nicht vor, Bleeker von dem Druck zu erzählen, der auf ihn ausgeübt wurde: von den Flugärzten und sogar von Josephson, dem NASA-Direktor höchstpersönlich. Dahinter würde er sich nicht verschanzen.
»Darum geht es überhaupt nicht, Adam«, sagte er, wobei er versuchte, seiner Stimme einen metallisch harten Klang zu verleihen. »Ich darf nicht das Risiko eingehen, daß Sie auf halbem Weg zum Mars plötzlich krank werden. Ich darf das nicht riskieren. Sie würden sonst den Erfolg der Mission gefährden.«
Der Anflug eines Lächelns erschien auf Bleekers Gesicht.
Dann erhob er sich ungelenk, wobei er sich noch immer am Ärmel zupfte. »Ich respektiere Ihre Entscheidung, Joe.«
»Meine Güte. Lassen Sie die Höflichkeiten, Adam. Wir
unterhalten uns später weiter. Sie wissen, daß ich auf Ihre Unterstützung angewiesen bin. Wir haben nicht mehr viel Zeit, um die Sache zu regeln. Und später – Teufel, es gibt auch beim Bodenpersonal Karrieremöglichkeiten.« Er stieß ein hohles Lachen aus. »Verlassen Sie sich auf mich. Sie sind noch immer im Spiel, Adam.«
»Sicher. Ich kenne meine Pflichten, Joe. Ich werde tun, was ich kann.«
Das ist ein gottverdammter Job. Er ist der fähigste Mann im Astronauten-Büro, und ich muß ihn rausschmeißen. »Ja. Ich weiß, daß Sie das tun werden.«
Bleeker drehte sich noch einmal zu ihm um. »Übrigens – wer soll mich ersetzen? Haben Sie sich schon entschieden?«
Joe Muldoon zögerte.
Sein schönes Rotationssystem war schon Makulatur, seit er Curval rausgeschmissen hatte, und nun zogen die Ärzte auch noch Adam aus dem Verkehr. Plötzlich fühlte er einen irrationalen Zorn auf die Ärzte, die Verwaltung, die
Psychologen und den Rest der Truppe, die ihm seine
Kompetenz streitig machten.
Er hatte das Bedürfnis, sie vor vollendete Tatsachen zu stellen und die Zügel wieder selbst in die Hand zu nehmen.
Er hatte bereits mit Phil Stone gesprochen, dem Ares—
Kommandanten. Stone hatte sich voll hinter Bleeker gestellt.
Nachdem er schließlich akzeptiert hatte, daß Bleeker nicht an der Mission teilnehmen würde, hatte Stone indes klare Vorstellungen gehabt, wer in Bleekers Fußtapfen treten sollte.
Nun, Joe, Sie müssen den besten Missions-Spezialisten auswählen. Jemand, der besser ist als Adam. Jemand, der den größten Einsatz gezeigt hat: jemand, der die meiste Zeit im Simulator verbracht hat, der die Erstbesatzung ausgebildet hat und so weiter. Und…
Was?
Und jemanden, der die Dinge, die Mission auf eine Art und Weise betrachtet, wie es alten Hasen wie Ihnen und mir nicht möglich ist. Eine andere Perspektive. Jemand, der sie vielleicht besser zu artikulieren vermag…
Egal, ob Anfänger oder nicht, Phil?
Teufel, ja, Joe. Egal, ob Anfänger oder nicht.
Muldoon mußte grinsen. Er wußte, daß der Kandidat, an den er dachte, lange Zeit mit Ralph Gershon zusammengearbeitet hatte – sowohl im MLTV als auch im Simulator und beim Überlebenstraining. Aber auch nur deshalb, weil sie beide Außenseiter waren und sozusagen eine Schicksalsgemeinschaft bildeten. Dennoch hatten sie ihre Kooperationsfähigkeit unter Beweis gestellt, auch wenn sie wohl nie Busenfreunde werden würden. Die Seelenklempner werden im Dreieck hüpfen, wenn gleich zwei Neurotiker an einem Flug teilnehmen und nur Phil Stone da ist, um zu verhindern, daß sie sich an die Kehle gehen…
Ach, scheiß drauf.
»Ja«, sagte er zu Bleeker. »Ja, ich habe mich entschieden.
Aber, Adam…«
»Ja?«
»Sie weiß es noch gar nicht.«
Montag, 13. August 1984
Ramada Inn South/NASA, Houston
Wladimir Wiktorenko hatte sich der Schuhe entledigt und
nippte an einer Flasche Whisky. Er war eigens nach Houston gekommen, um tiefere Einblicke ins Ares-Trainingsprogramm zu erhalten. Im Moment lauschte er mit halbem Ohr den Nachrichten und fragte sich, was er mit dem Abend anfangen solle.
Die Nachrichtensprecherin – eine atemberaubend schöne,
junge Frau – sagte, soeben habe man die Besatzung für Ares bekanntgegeben.
Wiktorenko verschluckte sich und ließ die Flasche fallen.
Er setzte sich auf und wischte sich den Whisky vom Mund.
Er glaubte, sich verhört zu haben.
Mitnichten: nun erschien ein Bild von Natalie – eine offizielle Aufnahme, wobei sie vor einem undefinierbaren Hintergrund saß, dem Fotographen über die Schulter blickte und sich nervös am Modell eines bikonischen MEM festhielt, das längst nicht mehr aktuell war.
Er griff zum Telefon und rief York
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