Mission Ares
Überschwangs… gepaart mit großer Erleichterung.
Geschafft. Und nach diesem letzten Kraftakt, so sagte er sich morbide, würde er die Leber etwas anfeuchten. Er hatte seine Schuldigkeit getan. Keine Ziele mehr.
Die Saturn stieg in einer weiten Kurve gen Himmel. Die Rauchspur führte geradewegs in die Sonne. Muldoon war so geblendet, daß er die erste Stufe nicht mehr sah.
Die Sicht war verschwommen. Er weinte doch tatsächlich, verdammt noch mal. »Flieg, Baby!« rief er.
Merritt Island
Seger hatte mit seiner Schar Choräle angestimmt und Flugblätter mit der Information verteilt, wonach Ares Plutoniumbehälter für die SNAP-Generatoren ins All trüge.
SANKT JOSEPH VON CUPERTINO IST DER
SCHUTZHEILIGE DER ASTRONAUTEN. SCHLIESST
EUCH UNS AN ZUM GEBET…
Doch die Menschen, welche die Straßen säumten, nahmen keine Notiz von ihnen. Sie waren zu sehr damit beschäftigt, den Start der Rakete zu verfolgen.
Als das Licht der Saturn die Straße überflutete, brachen die Gemeindemitglieder den Choral ab und wandten den Blick gen Himmel.
Die deutlich erkennbare weiße Nadel erhob sich auf einem Feuerstrahl vom Boden. Zu hören war noch nichts.
Überwältigt fiel Seger auf die Knie. Es war der erste Start, den er seit Apollo-N beobachtet hatte. Er ließ die Pamphlete in den Staub fallen, und Tränen traten ihm in die Augen. Er sah, daß ein paar seiner Schäflein ihn verwundert anblickten, doch er wähnte sich wieder im MOCR.
Er wußte, daß er das MOCR im Grunde nie verlassen hatte und auch nie verlassen würde.
»Dies ist heiliger Boden«, sagte er. »Heiliger Boden.«
Kreischende Möwen kreisten über ihm. Sie ahnten nichts vom tödlichen Lärm, der auf sie zuflutete.
Jacqueline B. Kennedy-Raumfahrtzentrum
Muldoon blieb solange auf der Tribüne, bis die Nachricht durchkam, daß Ares den Orbit erreicht hatte. Als er vielleicht eine halbe Stunde nach dem Start zum Parkplatz vor dem VAB
zurückging, wo eine Limousine auf ihn wartete, hing der Rauch noch immer am Himmel, eine von Menschenhand erschaffene, riesige Wolke, die sich langsam auflöste.
Sechstes Buch
Mangala
Zeitdauer der Mission [Tag/Std:Min:Sek]
Plus 374/14:23:48
Mangala-Basis
Durchs Fenster der Luftschleuse sah Natalie Sterne, die in einen schwarzen Himmel eingebettet waren.
Und dort stand Jupiter hoch am Himmel, der von hier aus ein gutes Drittel heller war als von der Erde aus gesehen. Er war so hell, daß er sogar einen Schatten warf. Und im Osten war ein Morgenstern: das weißblaue Licht des stetig strahlenden Sterns überstrahlte das verwaschene Violett der Mars-Dämmerung.
Das war natürlich die Erde. Der Zwillings-Planet stand fast in Konjunktion – er befand sich in derselben Richtung wie die Sonne – und näherte sich dem Punkt der dichtesten
Annäherung an den Mars. Im Moment stand die Erde als Sichel am Himmel und wandte dem Mars die Nachtseite zu.
Die Sternbilder selbst entsprachen den vertrauten Mustern ihrer Kindheit. Ernüchtert erkannte sie, daß sie im Grunde nur einen Katzensprung gemacht hatten: die Sterne waren noch immer so weit entfernt, daß diese weite interplanetare Reise im Vergleich dazu wie die ersten Gehversuche eines Kindes anmutete. Und das, obwohl die Menschheit für diese Reise, an deren Ziel die Erde selbst zu einem sternengroßen Punkt
geschrumpft war, ihre technischen Möglichkeiten voll
ausgereizt hatte.
Und der heutige Tag würde den Höhepunkt dieser Reise
markieren, wenn Phil Stone als erster Mensch auf dem Mars spazierenging. Das MEM stand nun schon seit drei Tagen auf der Marsoberfläche. Die Besatzung hatte diese wertvolle Zeit investieren müssen, um sich nach der langen Phase in der Schwerelosigkeit wieder an die Schwerkraft zu gewöhnen.
Wie man ihr vorhergesagt hatte, war York seit dem Start von der Erde etliche Zentimeter gewachsen und ein paar Pfund leichter geworden. Anfangs hatte sie Schwierigkeiten, sich in den engen Räumlichkeiten des MEM zu bewegen; sie lief immer gegen die Wand und vergaß, wo unten war. Und sie
hatte die schönsten ›Hühnerbeine‹. Vorzeitige Alterung, Adam, sagte sie sich. Du hattest recht. Wir sind drei alte Leute, die hier auf der Marsoberfläche festsitzen. Wie dem auch sei, für die ein Drittel der Erdenschwere betragende Mars-Gravitation genügten auch Hühnerbeine.
Nach mittlerweile drei Tagen auf dem Mars war sie noch
immer desorientiert, als ob die vom Licht des Jupiter
beschienene Landschaft vor dem Fenster nur das Gipsmodell
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