Mission Arktis
und zog dann das andere Bein nach.
Natürlich kam sie nur langsam voran. Langsam, aber sicher , flüsterte die Stimme ihres Vaters in ihrem Ohr.
Einen Schritt nach dem anderen arbeitete sie sich nach oben. Der Gedanke an ihren Vater tat ihr gut. Wenigstens ist er in Sicherheit. Commander Sewell hat versprochen, nach ihm zu sehen, und jetzt sind auch noch die Delta Einheiten eingetroffen.
Sie musste es nur noch schaffen, zu ihm zu kommen.
Aber was war mit Matt?
Ihr linker Fuß rutschte ab und riss ein Stück Eis mit sich. Jenny knallte mit dem Bauch gegen die Schachtwand. Jetzt hing sie mit ihrem ganzen Gewicht an dem Eispickel, so lange, bis sie ihre Füße wieder gesichert hatte. Als sie es endlich geschafft hatte, musste sie einen Moment innehalten und Luft holen.
Zwei Kontaktpunkte – immer!
Entschlossen schob sie ihre Angst um Matt beiseite. Solche Gedanken waren im Augenblick nicht gut für sie. Sie musste sich konzentrieren, sie musste überleben. Danach konnte sie sich immer noch Sorgen machen. Bei dem Gedanken lächelte sie unwillkürlich. Matt hatte einmal zu ihr gesagt, mit ihren Sorgen könnte sie eine Stahlplatte durchbohren.
Wenn sie doch nur ein Zehntel von Matts Kaltschnäuzigkeit besessen hätte! Entschlossen schlug sie ihre Axt ein Stück höher ins Eis und stieg weiter. Vor ihr kam die Biegung in Sicht. Fast oben! Sie bewältigte die Kurve und sah das helle Tageslicht am Ende des Schachts. Offen, unverstellt.
Das Ziel vor Augen, eilte sie weiter – aber nicht so schnell, dass sie unvorsichtig wurde. Die Stimmen der beiden wichtigsten Männer in ihrem Leben flüsterten ihr leise ins Ohr.
Langsam, aber sicher.
Mach dir keine Sorgen.
Ganz zuletzt tauchten noch andere Worte aus ihrer Vergangenheit auf, tief aus ihrem Innern, wo sie lange unter Verschluss gewesen waren. Sie erinnerte sich an weiche Lippen, die ihren Nacken streiften, an warmen Atem, an Worte, heiser vor Leidenschaft: Ich liebe dich … ich liebe dich so sehr, Jen.
Sie hielt diese Worte in ihrem Herzen fest. Auf einmal erinnerte sie sich an das, was sie vergessen hatte, und wusste, dass es die Wahrheit war. »Ich liebe dich auch, Matt«, sagte sie laut.
16:50 Uhr
Mit dem russischen Parka verkleidet, drückte Matt die Küchentüren nach außen und betrat den zentralen Bereich der Station. Obgleich die Ebene noch immer dunkel war, hielt er einen Arm erhoben, um sein Gesicht zu verdecken, und zog den pelzbesetzten Rand seiner weißen Kapuze weit über die Stirn. Über einer Schulter trug er die AK-47.
Ohne auf sein Erscheinen zu achten, wuselten die Männer weiter um ihn herum. Er hielt sich möglichst am äußeren Rand der Ebene und ging im Schatten an der Peripherie entlang. Das dichteste Gewimmel herrschte in der Mitte des Bereichs, wo die Soldaten sich in kleinen Gruppen versammelten, um gemeinsam die Wendeltreppe hinunterzugehen. Von unten stiegen von der Explosion in der Waffenkammer immer noch Rauchschwaden empor.
Ein paar Männer schleppten etwas Schweres in einem schwarzen Plastiksack herauf.
Ein Leichensack.
Zwei weitere Soldaten folgten, ebenso beladen wie die vorigen. Mit finsteren Gesichtern beobachteten ihre Kameraden die Prozession. Von unten schallten laute Rufe herauf. Überall um Matt herum wurde hitzig debattiert. Taschenlampen kreisten und suchten.
Ein Strahl glitt über ihn hinweg und er wandte schnell den Kopf ab. Als er sich um die Tische herumschlängelte, stieß er gegen einen Stuhl und warf ihn um. Klappernd ging das Möbelstück zu Boden, aber Matt eilte weiter. Jemand schrie ihn an. Es klang wie ein Fluch.
Aber er gestikulierte nur vage und ging weiter. Schließlich erreichte er einen Punkt, von dem er den Gang überblicken konnte, der hinaus in den Schneesturm führte. Zwei Männer standen wie angewurzelt neben der demolierten Sno-Cat, aber dahinter konnte er Bewegung sehen.
Aus dem Augenwinkel spähte er weiter in die Richtung. Das war seine Aufgabe: die Ebene auszukundschaften und festzustellen, wie viele Feinde zwischen ihnen und der Freiheit standen. Wenn ihm die Flucht durchführbar erschien, sollte er dies den anderen signalisieren und dann die in seiner Tasche versteckte Granate in den zentralen Schacht hinunterschleudern. Der Tumult würde die Russen hoffentlich von den Männern ablenken, die auf den Ausgang zuliefen. Außerdem sollte Matt ihnen noch mit seinem Gewehr Feuerschutz geben. Doch zuerst einmal musste er entscheiden, ob es überhaupt möglich war, durch diesen Gang zu
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