Mission Arktis
Forschung, die mein Vater hier durchgeführt hat.«
»Ihr Vater?«
Petkow nickte. »Er war ein großer Mann, einer der führenden russischen ArktisWissenschaftler. Als Leiter dieser Forschungsstation hat er sich mit den Möglichkeiten kryonischer Verfahren beschäftigt.«
»Und dabei mit menschlichen Versuchspersonen experimentiert«, kommentierte Matt.
Petkow blickte auf den Jungen hinunter. »Es ist leicht, aus heutiger Sicht darüber zu urteilen. Damals war alles anders. Was man jetzt für myersost oder eine Abscheulichkeit hält, war damals Wissenschaft.« Seine Worte wurden sanfter, halb verlegen, halb stolz. »Zur Zeit meines Vaters, zwischen den beiden Weltkriegen, herrschte in der Welt eine andere Dynamik. Jedes Land versuchte, die nächste Innovation zu entdecken, das nächste bisschen Technologie, um die Ökonomie zu revolutionieren. Krieg drohte, die Weltlage war angespannt, und die Fähigkeit, Leben auf dem Schlachtfeld zu erhalten, konnte zwischen Sieg und Niederlage entscheiden. Soldaten konnten eingefroren werden, bis man Zeit hatte, sich um ihre Wunden zu kümmern, Organe konnten erhalten werden, ganze Armeen konnten im Kühlraum landen. Die Möglichkeiten für medizinische Zwecke und militärische Neuerungen waren endlos.«
»Ihre Regierung hat also einen Teil ihrer eigenen eingeborenen Bevölkerung hier in die Sklaverei gezwungen. Um als Versuchskaninchen zu dienen.«
Petkows Augen verengten sich erneut. »Sie wissen wirklich nicht, was hier vorgeht, oder?«
»Ich habe überhaupt keine Ahnung«, gestand Matt sofort ein.
»Dann wissen Sie wahrscheinlich auch nicht, wo die gestohlenen Aufzeichnungen meines Vaters sind? Wer sie mitgenommen hat?«
Matt überlegte, ob er lügen sollte, aber er fühlte sich Craig Teague gegenüber nicht in Beschützerlaune. »Sie sind weg.«
»In dem Eisboot, das entkommen ist.«
Entkommen? Durfte er es wagen, zu hoffen? Angeblich war auch Jenny in diesem Boot. Er bemühte sich, sachlich zu klingen. »Sie sind entkommen?«
Petkow starrte ihn durchdringend an, als würde auch er abwägen, was er riskierte, wenn er die Wahrheit sagte. Vielleicht hörte er den flehenden Unterton in Matts Stimme, vielleicht hielt er ihn auch einfach nicht für eine Bedrohung. Wie dem auch gewesen sein mag, beantwortete er die Frage. »Sie sind meinen Männern entkommen und haben Omega erreicht.«
Matt trat zurück und sank auf den Stuhl, den er einen Moment zuvor verweigert hatte. Erleichterung breitete sich in ihm aus. »Gott sei Dank! Jen … meine Exfrau war auf dem Boot.«
»Dann ist sie in größerer Gefahr als Sie.«
Matts Brauen zogen sich zusammen. »Was meinen Sie denn damit?«
»Es ist nicht vorbei. Für keinen von uns.« Petkows Blick streifte den Jungen. »Diese Eisstation. Sie ist keine russische Forschungseinrichtung.«
Matt spürte, wie sich eine schwere Last auf seine Schultern senkte.
Petkows Augen kehrten zu ihm zurück. »Sie gehört den Amerikanern.«
18:16 Uhr
Driftstation Omega
Jenny kletterte aus dem Boot, setzte vorsichtig die Füße aufs Eis und starrte auf die zerstörte Polynja. Die zerschlagenen Ränder waren mit Ruß und Ölflecken beschmiert. In den Wracks zweier auf dem Eis zerschellter Hubschrauber brannte noch Feuer. Es stank erbärmlich nach Rauch und Benzin.
Das Donnern des einzigen übrig gebliebenen Helikopters dröhnte über das gefrorene Land, während er über dem Eisboot kreiste und dann zur Landung ansetzte. Amanda sicherte das Boot, machte die Segel fest und fand ein Paar Holzklötze, um die Kufen abzustützen. Als der Sikorsky Seahawk aus dem Wind herunterkam und auf dem Eis stehen blieb, schaute sie über die Schulter.
Craig ging auf den Helikopter zu, gebückt gegen den Sog der Rotoren. Über sein Kehlkopfmikrofon sprach er mit dem DeltaForceFührer in der Maschine.
Aus einer Gruppe JameswayHütten kamen ein paar bewaffnete Soldaten in weißem Schneezeug auf sie zu. Da die Russen in der Nähe waren, gingen sie lieber kein Risiko ein.
Einer wandte sich an die beiden Frauen. »Ma’am, wenn Sie mir bitte folgen wollen, bringe ich Sie jetzt nach drinnen zu den anderen. Die Russen haben überall in der Basis Brandbomben ausgelegt. Wir wissen nicht, ob auch welche davon mit Sprengfallen versehen sind.«
Jenny nickte. Zwar war sie froh, hier wegzukommen, aber sie hatte auch Angst, ihrem Vater könnte etwas zugestoßen sein.
Sie schlängelten sich zwischen den Gebäuden hindurch. Inzwischen hatte es aufgehört zu schneien, doch der Wind
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