Mission Arktis
das zu unserem Vorteil nutzen.«
Angst mischte sich in Jennys Erleichterung. Schon von Anfang an waren Matt und sie Bauern in dem Spiel der Supermächte gewesen. Und anscheinend wurden sie noch immer gebraucht.
Die Kufen setzten auf dem Eis auf. Der aufwirbelnde Schnee wogte um die Maschine. Die Rotoren wurden langsamer.
»Lassen Sie den Motor laufen!«, befahl Delta One dem Piloten.
»Ja, Commander.«
Craig drängte sich vom Cockpit zurück in die Hauptkabine. »Wir lassen die Aufzeichnungen hier.« Er deutete auf Delta One. »Ich überlasse sie Ihrer Verantwortung.«
»Was wollen Sie jetzt tun?«, fragte Delta One.
»Ich werde mich mit dem Mann da draußen treffen. Er hat mir schon mehrmals den Arsch gerettet. Sehen wir mal, ob er es noch mal schafft.« Er wandte sich an Jenny. »Es wäre mir lieber, wenn Sie auch hier blieben.«
»Das können Sie glatt vergessen.« Entschlossen schnallte sie ihren Sicherheitsgurt ab. Wenn diese Männer wollten, dass sie blieb, mussten sie sie wohl oder übel erschießen.
Craig beobachtete sie einen Moment, um abzuschätzen, wie ernst sie es tatsächlich meinte, und zuckte die Achseln. Wahrscheinlich war es ihm sowieso lieber, wenn alle seine Zielpersonen beisammen waren.
Hintereinander kletterten sie aus dem Seahawk und hinaus aufs Eis, duckten sich unter den Rotoren durch und wurden von drei DeltaForceMännern empfangen, die mit einer bewaffneten Eskorte vorrückten.
Jenny bemerkte die anderen kaum. Ihre Augen konzentrierten sich voll und ganz auf die Gestalt, die ungefähr dreißig Meter vor dem Eingang der Station stand. Matt! Sie musste sich zusammennehmen, um nicht einfach auf ihn zuzurennen; eine solch impulsive Aktion würde nur dazu führen, dass man sie alle beide abknallte.
Also blieb sie bei ihrer Gruppe, flankiert und geführt von den Soldaten. Sie überquerten das Eis und betraten hinter dem Verteidigungskreis neutrales Terrain.
Matt kauerte auf einem Knie und beschützte den Jungen, der sich eng an ihn drückte. Er steckte in einem übergroßen Parka, dessen Saum und Ärmel ihm bis auf die Füße hingen. Fest in Matts Arme geschmiegt, starrte er den näher rückenden Gestalten mit großen Augen entgegen.
Zum ersten Mal sah Jenny jetzt das Gesicht des Jungen ganz deutlich: das schwarze Haar, die großen braunen Augen, die feinen Gesichtszüge. Sie stolperte, auf einmal hatte sie weiche Knie. »Tyler!«
20:07 Uhr
Draußen auf dem Eis …
Matt hatte alle Hände voll mit dem Jungen zu tun. Sobald sie aus dem Tunnel in den Wind getreten waren, hatte Maki sich an ihn geklammert wie ein Äffchen. Die Explosionen und das Dröhnen der 50-Millimeter-Waffen des Kampfhubschraubers hatten dem Kind eine Höllenangst eingejagt. Und hier draußen auf dem weiten Eisfeld wurde er agoraphobisch und hatte Panik vor Wind und Schnee. Natürlich war es nicht schwer zu erraten, warum, schließlich hatte er sein ganzes junges Leben isoliert in der Eisstation da unten verbracht, vielleicht sogar ausschließlich auf Ebene vier. Hier draußen im Freien, wo sich die ganze Welt vor ihm ausbreitete, verlor er schlicht die Fassung.
Er brauchte etwas, woran er sich festhalten konnte, einen Anker – und das war Matt.
Matt bemerkte das Herannahen der anderen kaum, nur Craig hatte er bei den Soldaten entdeckt. Aber dann war er wieder damit beschäftigt, Maki daran zu hindern, dass er Hals über Kopf zur Station zurückrannte.
»Tyler!«
Die vertraute Stimme ließ ihn herumfahren.
Aus der Gruppe der Soldaten löste sich Jenny. Ihre Augen blickten wild zu Matt und dem Kind, aber sie fasste sich rasch wieder. Kaum war der Name aus ihrem Mund gekommen, erkannte sie schon ihren Irrtum. Es war nur ein Reflex gewesen.
»Er … er heißt Maki«, stieß Matt hervor. Das Kind klammerte sich an sein Knie, doch diesmal hatte Matt nichts dagegen. Jetzt brauchte er selbst die Unterstützung des Jungen, denn seine Beine waren ganz schwach von der Erleichterung, Jenny lebend wiederzusehen.
Sie rannte auf ihn zu.
Matt wusste nicht recht, was er zu erwarten hatte, und zuckte instinktiv ein wenig zurück.
Doch dann war sie bei ihm, drückte sich an ihn und schlang die Arme um seinen Hals. Die Natürlichkeit ihrer Begegnung überraschte Matt. Ihre Körper passten noch genauso gut zueinander, als wäre gar keine Zeit vergangen. Er zog sie noch enger an sich, um sich zu vergewissern, dass es kein Traum war, und roch ihr Haar, ihren Nacken. Sie war real … sie war in seinen Armen …
»In der Driftstation …
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