Mission Arktis
befördern.
Von seiner Angst beflügelt, rannte Matt weiter, dicht an der Felswand entlang. Vor ihm wurden die Schatten dunkler, während die Sonne unterging und die Wolken sich über die Berggipfel senkten. Bald war es Nacht. So erreichte er die Geröllhalde und duckte sich hinter einen großen Felsbrocken.
Er riskierte einen Blick zurück. Jetzt half die Dunkelheit seinen Verfolgern. Schwere Schatten verhüllten das Terrain wie eine Maske. Er spähte zum Rand der Klippe. Nichts. Als er sich abwandte, hätte er fast eine Regung in den Schatten verpasst. Er ließ sich tiefer gleiten. Jemand kletterte die Klippe herunter, halb verborgen hinter einem Felsbrocken. Ehe Matt seine lädierte Flinte heben konnte, verschwand die Gestalt auch schon in der Dunkelheit am Fuß der Klippe.
Er hielt das Gewehr weiter im Anschlag und, so gut es ohne den stützenden Schaft ging, auf Armlänge. Der Lauf schwankte. Mit seiner Zielgenauigkeit war es vorbei.
Plötzlich erwachte das eine Motorrad weiter oben am Hang wieder zum Leben, knatternd, stotternd. Dann wurde der Motor abgestellt.
Matt spitzte die Ohren. Der zweite Verfolger ging nach links, in der Absicht, den Steilhang zu umrunden und so wieder in Matts Rücken zu gelangen. Der erste sich ihm nähernde Mann schien verschwunden. Er konnte überall sein. Matts Position war alles andere als günstig.
Er verkroch sich wieder hinter den Felsen und scannte das Terrain mit den Augen. Hier gediehen nur wenige Bäume, dafür hauptsächlich niedrige Büsche, Unkraut und Gras, ein paar Flecken mit Rentierflechten. Mitten hindurch ergoss sich ein schneller Felsbach in einer Reihe von Wasserfällen. Nebel waberte über dem Wasser, während der Tag sich zur Nacht hin immer mehr abkühlte.
Matt rannte den Geröllhang hinunter, geduckt, auf den Bach zu. Er musste seinen unmittelbaren Verfolger so schnell wie möglich abschütteln. Springend und kletternd erreichte er den Bach. Mit seinen noch von der letzten Rutschpartie nassen und schlammigen Stiefeln hinterließ er auf dem Felsboden eine deutliche Spur.
Als er am Bach ankam, watete er ins eisige Wasser, wobei er ein Japsen unterdrücken musste. Zwar ging ihm das Wasser nur bis an die Knie, aber die Strömung zerrte heftig an seinen Beinen. Die Steine waren glitschig, und er musste sich anstrengen, die Balance zu halten, während er stromaufwärts kletterte, den Hang hinauf, den er gerade hinabgerannt war. Tief geduckt hastete er vorwärts und bemühte sich, beim Waten so wenig Lärm zu machen wie nur möglich.
Angestrengt horchte er auf ein Geräusch des nahen Verfolgers, aber die Luft war erfüllt vom Dröhnen des anderen Motorrads und dem gurgelnden Rauschen von Wasser über Felsgestein.
Zehn Meter weiter den Bach hinauf erreichte er einen Wasserfall, der sich anderthalb Meter über eine Felskante stürzte. Er betete um wenigstens ein bisschen Glück an diesem langen, kalten Tag, stieg zu der Kaskade empor und streckte den Arm durch das herabstürzende Wasser. Viele solcher Katarakte verbargen hinter sich einen kleinen Hohlraum, dort, wo der Granitfelsen vom herabstürzenden Wasser, das je nach Jahreszeit verebbte und anschwoll, abgetragen worden war.
Matt bewegte die Finger.
Der von ihm gewählte Katarakt bildete keine Ausnahme.
Blitzschnell drehte er sich um und schob sich mit dem Rücken voraus durch den Wasserfall. Einen schmerzhaften Atemzug lang stand er unter dem mehr als erfrischenden Strom, dann lehnte er sich gegen den Felsen, die Beine nach beiden Seiten abgespreizt, leicht gebückt. Der Wasserfall bildete einen Vorhang vor seinem Gesicht. Zwar war er dünn genug, dass Matt hindurchspähen konnte, doch die Welt dahinter wirkte wässrig verschwommen.
Das Gewehr an die Brust gedrückt, wartete Matt. Jetzt, wo er nicht mehr gegen die Strömung ankämpfte und stattdessen nur ruhig dahockte, setzte ihm die Kälte richtig zu. Seine Zähne klapperten unkontrollierbar und der Schmerz ging ihm durch Mark und Bein. Ziemlich rasch würde die Unterkühlung einsetzen. Hoffentlich wussten seine Verfolger, was sie taten, und ließen ihn hier nicht zu lange stehen.
Während er so vor sich hin fror, tauchte die Erinnerung an einen anderen Tag, einen anderen eisigen Wasserlauf, in ihm auf. Damals war er noch nasser und durchgefrorener gewesen. Vor drei Jahren hatte es im Spätwinter eine für Alaska ungewöhnlich warme Periode gegeben, die alle herauslockte, um das untypisch milde Wetter zu genießen. Auch Matt und seine Familie machten einen
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