Mission Arktis
und kam unaufhaltsam näher. Die Otter würde nicht rechtzeitig fliehen können.
Matt hob die Flinte und beugte sich, von der Seilschlinge gehalten, halsbrecherisch weit vor, breitbeinig auf dem Schwimmer balancierend. Ohne auf den Typen mit dem Granatwerfer zu achten, zielte er auf das Cockpitfenster.
Als er abdrückte, schoss auch aus der anderen Waffe ein Feuerstrahl. Matt schrie auf. Es war zu spät.
Aber dann begann die Cessna plötzlich zu schlingern, sackte ab und kippte über einen der beiden Flügel.
Mit einem markerschütternden Wuuuusch spritzte ein Geysir aus Wasser und Steinen hoch über die andere Seite der Twin Otter.
Matt reckte den Hals und duckte sich in seinem Seil, als sie die Stelle überquerten. Schutt regnete in den Fluss und aufs Ufer herab.
Die Granate hatte sie verfehlt. Der Schütze musste einen Stoß abbekommen haben.
Ohne abbremsen zu können, rauschte die Cessna über sie hinweg. Zwar fing sie sich wieder, aber Matt hatte das Spinnennetz von Rissen im Cockpitfenster gesehen.
Er hatte sein Ziel getroffen.
Vorsichtig balancierte er auf dem Schwimmer zurück. Der Fluss raste unter seinen Fersen vorbei, der Wind peitschte ihm ins Gesicht. John holte das Seil ein und zog Matt damit zurück in Richtung Tür. Im selben Augenblick, als die Schwimmer vom Wasser abhoben, erreichte er die Öffnung. Sofort hörten die heftigen Vibrationen unter seinen Fußsohlen auf.
Doch als das Flugzeug in die Querneigung ging, verlor Matt das Gleichgewicht und fiel hilflos um sich schlagend zurück. Bei seinen verzweifelten Versuchen, Halt zu finden, ließ er das Gewehr fallen und die Winchester stürzte in den Fluss.
Aber dann packte ihn eine Hand am Gürtel.
Er starrte in die schwarzen Augen seines ehemaligen Schwiegervaters. Der Inuk, selbst sicher angeschnallt, hielt ihn fest, und ihre Blicke trafen sich, während der Wind am Flugzeug vorbeipfiff. Dann veränderte sich etwas im Gesicht des älteren Mannes und er zog Matt mit einem Ruck zu sich herein.
Matt fiel in die Kabine und drehte sich rasch um, um die Tür zu schließen, während Bane mit hängender Zunge aus der dritten Sitzreihe angelaufen kam, um ihn zu begrüßen. Matt schob ihn weg und schlug die Tür zu.
»Sie kommen zurück!«, rief Jenny von vorne.
Matt rappelte sich auf und kroch zum Kopilotensitz. Vor ihnen legte sich die Cessna scharf in die Kurve.
Als Matt sich in dem Sitz niederließ, bemerkte er seine leeren Hände und verfluchte sich im Stillen für den Verlust der Winchester. »Hast du noch ein anderes Gewehr?«
Während sie den Gashebel bediente, antwortete Jenny: »Ich hab meine Browning und an der hinteren Kabinenwand hängt meine Dienstwaffe. Aber in der Luft triffst du sowieso nichts.« Das Flugzeug kämpfte sich in die Höhe.
Matt seufzte. Jenny hatte Recht. Auf größere Entfernung war keine der beiden Waffen akkurat, vor allem bei den am Himmel herrschenden Windströmungen.
Jenny ließ das Flugzeug weiter steigen. »Wir können nur versuchen, nach Prudhoe Bay zu kommen. Das ist unsere einzige Chance.«
Matt verstand – Prudhoe war der nächste Militärstützpunkt. Was auch immer hier vorging, überstieg ihre Kapazitäten. Aber Prudhoe war vierhundert Meilen entfernt.
Jenny starrte auf die Cessna, die schon wieder Anstalten machte, sich auf sie zu stürzen. »Der Flug könnte allerdings ganz schön hässlich werden.«
14:25 Uhr
Unter der polaren Eiskappe
»Eine Nachricht für Sie, Admiral.«
Viktor Petkow ignorierte den jungen Leutnant an der Tür seiner Kajüte und las weiter in dem Buch, das vor ihm auf dem Schreibtisch lag: Die Brüder Karamasow von Fjodor Dostojewski. In diesem Buch des verstorbenen russischen Schriftstellers fand er oftmals Trost. Wenn seine eigene Seele manchmal nicht aus noch ein wusste, konnte er Iwan Karamasows Kampf mit sich selbst und seiner Spiritualität besonders gut nachvollziehen. Für Viktors Vater hatte es einen solchen inneren Kampf nie gegeben. Er hatte immer dem russischorthodoxen Glauben angehört, und das mit großer Hingabe.
Sogar nach Stalins Aufstieg, als es schwierig wurde, den Glauben zu praktizieren, hatte sich sein Vater nicht davon abgewandt. Wahrscheinlich war das der Hauptgrund dafür gewesen, dass der höchstdekorierte Wissenschaftler aller Zeiten ins Exil getrieben worden war. Mit Waffengewalt hatte man ihn seiner Familie entrissen und in eine isolierte Eisstation im Arktischen Meer verbannt.
Viktor beendete das Kapitel mit der Überschrift: »Die Legende
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