Mission Arktis
das Sagen hat. Mit jemandem, der über Handlungsgewalt verfügt.«
Nun wurde das Gesicht des NavyManns ungefähr so finster wie Jennys. Als Sicherheitschef war er Neuankömmlingen gegenüber immer misstrauisch. Matt bemerkte, dass auch Craig den Mann musterte und versuchte, aus ihm schlau zu werden.
»Sobald Captain Perry zurückkommt, muss ich mich mit ihm beraten. Erst dann kann eine endgültige Entscheidung gefällt werden«, sagte Sewell schließlich.
Er schiebt den schwarzen Peter in der Kommandokette einfach nach oben , dachte Matt.
»Und wann wird er zurückerwartet?«, fragte Craig.
Sewell starrte ihn nur an, ohne zu antworten.
»Wer hat denn in der Zwischenzeit in der Station das Sagen?«, erkundigte sich Jenny. »Wer leitet das Forschungsteam? Können wir mit dem Betreffenden reden?«
Der Lieutenant Commander stieß einen Seufzer aus. Anscheinend fiel es ihm schwer, die Grenze zwischen Höflichkeit und Autorität zu finden. »Das ist Dr. Amanda Reynolds. Sie … sie ist momentan auch nicht hier.«
»Was ist dann mit uns?«, wollte Jenny wissen. »Sie können uns doch nicht hier festhalten.«
»Ich fürchte, doch, Ma’am.« Damit wandte Sewell sich ab und ging. Die Wachen blieben an der Tür.
»Tja, das hat uns rein gar nichts gebracht«, meinte Matt nach langem, unbehaglichem Schweigen.
»Im Gegenteil.« Craig beugte sich über den Tisch und erklärte mit leiser Stimme: »Eine russische Eisbasis. Kein Wunder, dass man mich hergeschickt hat. Garantiert hat man dort irgendwas gefunden. Eine politische heiße Kartoffel.« Er fing an, die einzelnen Punkte an den Fingern abzuzählen. »Die Navy macht die Driftstation dicht. Die Wissenschaftler erhalten Redeverbot. Und irgendjemand kannte mein Reiseziel und hat versucht zu verhindern, dass ich dort ankomme.« Craig blickte in die Runde.
»Die Russen?«, fragte Jenny.
Craig nickte. »Wenn es unsere eigene Regierung gewesen wäre, hätten sie mich über tausend legale Kanäle stoppen können. Wer immer hinter uns her war, hat die Nase dicht am Boden gehalten, um unter dem Radar durchzuflitzen.«
Matt nickte. »Craig könnte Recht haben. Die Typen hatten eindeutig einen militärischen Hintergrund. Könnte ein kleines Einsatzkommando gewesen sein, das einen gezielten chirurgischen Angriff durchführen sollte.«
»Aber warum nehmen die mich aufs Korn?«, murmelte Craig. »Ich bin doch bloß Reporter.«
Matt schüttelte den Kopf. »Womöglich sind Sie der Einzige außerhalb dieser Basis oder einer interessierten Befehlskette von Regierungsleuten, die von der Entdeckung hier draußen wissen.« Im Stillen ließ er sich das Szenario durch den Kopf gehen. Irgendetwas passte hier ganz und gar nicht zusammen. Was war so wichtig, dass man derart heftig reagierte?
Wieder starrte er zu den Wachposten hinüber. Sie standen stocksteif da, nicht mit der sonst üblichen entspannten Aufmerksamkeit von Leuten, die für ein paar Zivilisten den Babysitter spielen mussten. Seiner Erfahrung nach benahmen sich manchmal Soldaten vor einem Kampf so ähnlich. Und dazu noch Sewells Schweigen auf die Frage, wann das U-Boot und sein Captain zurückkehren würden … In Matts Kopf klingelten sämtliche Alarmglocken. Falls die Crew nach Prudhoe Bay aufgebrochen wäre, um dort bei den Rettungsarbeiten zu helfen, würden sie mehrere Tage weg sein. Aber dann hätte Sewell Zimmer für seine Gefangenen besorgt. Die Tatsache, dass sie immer noch hier waren, bedeutete, dass man den Captain bald zurückerwartete. Und wenn das stimmte, stellte sich die Frage, warum das U-Boot nicht in Prudhoe Bay eingesetzt wurde. Bei einer Katastrophe direkt vor ihrer Tür. Warum war das U-Boot dageblieben? Warum brauchte man es hier?
»Wir müssen herausfinden, was hier los ist«, sagte Craig und formulierte damit das Naheliegende.
»Ich bin für jede Idee offen«, erwiderte Matt.
Jenny begegnete seinem Blick. »Zuerst müssen wir eine Möglichkeit finden, zu dieser russischen Eisstation zu gelangen. Was immer diese ganze Geschichte ausgelöst hat, hat dort angefangen.«
»Aber wie?«, überlegte Matt. »Wir können wohl kaum zu Fuß losziehen. Und das Flugzeug steht unter Bewachung.«
Niemand wusste eine Antwort, aber nach den besorgten Gesichtern zu urteilen, wussten sie alle, dass die Zeit knapp wurde.
Nach Matts Gespür hatten sie es mit etwas viel Größerem zu tun, mit etwas, dem keiner von ihnen hier wirklich gewachsen war und was sich langsam über diesen eisigen Landstrich senkte. Russen … Amerikaner …
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