Mission Clockwork: Angriff aus der Tiefe
platzte Modo glücklich heraus. Octavia entfuhr allerdings ein wütendes »Ich bin kein Dienstbote!«.
»Mein Fehler. Ich habe mich falsch ausgedrückt. Octavia wird so freundlich sein, die Mahlzeiten in die Kabine zu bringen. Denn du, Modo, spielst einen kränklichen Mann. Auf diese Weise kannst du die meiste Zeit im Zimmer bleiben.«
Modo konnte es immer noch nicht fassen. Er würde über den Ozean reisen. Nach Amerika. Mit Octavia!
»Ich war noch nie auf dem Meer«, sagte er.
»Das stimmt nicht ganz, Modo«, widersprach Mr Socrates. »Du hast als Kind den Ärmelkanal überquert.«
»Tatsächlich?« Modo umklammerte seinen Teelöffel etwas fester. Seine einzigen Kindheitserinnerungen bezogen sich auf Ravenscroft. »Wann war das?«
»Das ist jetzt nicht weiter wichtig.«
»Wen sollen wir treffen?«, erkundigte sich Octavia.
»Ah, du bist mit den Gedanken immer bei der Sache, Octavia. Gut, gut. Mr Wyle, der seit vielen Jahren für mich arbeitet. Ich habe eine Nachricht von ihm erwartet, doch sie ist nicht eingetroffen. Ihr sollt herausfinden, was der Grund dafür ist. Ich habe ein Dossier vorbereitet. Selbstverständlich werdet ihr es auswendig lernen.«
Er reichte Octavia ein Dokument. Sie überflog es rasch und gab es dann an Modo weiter.
»Du kannst es schon auswendig?«, fragte er.
»Natürlich.«
Modo vertiefte sich etwas länger in die Informationen, dann ließ er das Blatt sinken.
»Und hier sind eure Eheringe.« Mr Socrates öffnete einen kleinen Umschlag und gab jedem von ihnen einen Ring. Modos Goldring saß etwas locker.
»Bewirkt der etwas?«, wollte Modo wissen.
»Der Ring? Ja, wenn du ins Wasser fällst, dehnt er sich zu einem Korkfloß aus.«
»Wirklich?«, fragte Modo. Octavia verdrehte die Augen. Modo wurde rot. »Ach so. Das war nur ein Witz.«
Auf Mr Socrates’ Gesicht lag ein breites Grinsen. Modo strich mit den Fingern über den goldenen Ring. Verheiratet. Fast hätte er laut gelacht. Dann dämmerte ihm plötzlich, dass er sich mit Octavia die Kabine teilen würde, und er begann, heftig zu schwitzen.
Mr Socrates legte ein Foto auf den Tisch. Modo beugte sich vor, um das körnige Bild genauer zu betrachten: Es zeigte einen Mann in französischer Militäruniform, eine Frau und ein junges Mädchen. Die Frau war Japanerin und trug einen Kimono. Das Gesicht des Mädchens war eingekreist. Für Modo war offensichtlich, dass es sich um die Tochter des Paares handeln musste, denn sie hatte den entschlossenen Blick des Mannes und die Schönheit und den Teint der Frau. Darunter stand:
1869, Alter 14
Hakodate, Japan
»Das ist die Familie Brunet. Kapitän Alphonse Brunet starb an den Verletzungen, die er sich im Boshin-Krieg zugezogen hat. Seine einzige Tochter ist Colette Brunet. Sie ist jetzt achtzehn Jahre alt und arbeitet als Spionin für die französische Regierung. Trotz ihrer Jugend genießt sie höchstes Ansehen und hat sich an die Spitze hochgearbeitet.«
»Was hat sie mit unserem Einsatz zu tun?«, erkundigte sich Modo.
»Geduld, Modo. Ich komme gleich dazu. Mademoiselle Brunet ist derzeit auf der Suche nach etwas, das Ictíneo genannt wird. Wenn die Franzosen sie mit dieser Mission betraut haben, können wir davon ausgehen, dass die Sache für Frankreich höchste Priorität hat.«
»Ich nehme an, für uns ebenfalls«, bemerkte Octavia.
»Ja. Die Franzosen sind zwar Verbündete, aber wir können nicht zulassen, dass sie sich uns gegenüber einen Vorteil verschaffen, insbesondere nicht auf See.«
Octavia schob eine Locke zurück unter ihre Haube. »Mit anderen Worten, Sie wollen, dass wir das Spielzeug einkassieren, bevor die Franzosen damit spielen können.«
»Ach, was bist du doch vorlaut!« Mr Socrates wirkte nicht länger belustigt. »Solches Spielzeug entscheidet über das Schicksal des Empires.« Er blickte Modo an. »Hast du eine Idee, was der Name Ictíneo bedeutet?«
»Ähm, das ist Griechisch, richtig?«
»Ja, aber was bedeutet es?«
»Na ja, ichthus ist der Fisch. Neo bedeutet neu. Also ist es ein neuer Fisch.«
»Ja, vielleicht. Der Stamm des zweiten Wortes könnte auch naus, also Schiff, sein. Dann würde es grob übersetzt ›Fischschiff‹ oder ›ein Fisch so groß wie ein Schiff‹ bedeuten. Es kursieren Gerüchte von einem Seeungeheuer.«
»Ein Seeungeheuer!«, rief Modo aus. »Wie ein Krake? Oder eher ein Wal wie Moby Dick?«
»Mrs Finchley hat dich zu viele Fantastereien lesen lassen«, stellte Mr Socrates bitter fest.
Modo zuckte
Weitere Kostenlose Bücher