Mission Clockwork: Angriff aus der Tiefe
durch die Augenlöcher konnte er jeden zum Schweigen bringen, der zu viele Fragen stellte.
Wenig später setzte ihn eine Droschke vor dem Victor House ab. Gerade als Modo die Hand hob, um zu klopfen, öffnete Tharpa bereits die Tür und führte ihn in den Salon.
Mr Socrates saß mit Octavia Milkweed am Lesetisch. Modo holte tief Luft und seine Hand schnellte instinktiv in die Höhe, um den Sitz der Maske zu überprüfen. Es war fast zwei Monate her, dass er Octavia gesehen hatte. Er konnte den Blick nicht von ihr losreißen. Sie trug ein grünes Satinkleid und weiße Handschuhe. Eine grüne Haube verbarg ihr hochgestecktes Haar. Modo streckte seinen Rücken durch, so gut er konnte, auch wenn seine krumme Wirbelsäule gequält reagierte.
»Ah, Modo, leiste uns doch beim Tee Gesellschaft«, begrüßte ihn Mr Socrates. »Du erinnerst dich an Octavia, nehme ich an.«
»Selbstverständlich. Guten Morgen, Miss Milkweed.« Er deutete eine Verbeugung an, die aristokratisch wirken sollte.
Sie schenkte ihm ein verschmitztes Lächeln. »Guten Morgen, Modo. Du hast dich kein bisschen verändert, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben. Du siehst tatsächlich keinen Tag älter aus als … zwölf.«
»Was?« Modo setzte sich unbeholfen auf einen Stuhl. Octavia hatte etwas an sich, das ihn aus der Fassung brachte. »Ich bin älter als zwölf!«
»Ach, das behauptest du. Ich sehe, du trägst wieder eine Maske. Spielst du den Schurken in einem Theaterstück?«
»Ja«, erwiderte er und suchte nach einer geistreichen Antwort. Nichts. Ihm fiel kein einziger Name eines Schauspiels ein. »Ja, ich spiele einen Schurken.«
Mr Socrates läutete mit einer kleinen Essensglocke, als ob er das Ende eines Boxkampfs verkünden würde. »Der Tee wird gleich serviert«, sagte er mit dem Anflug eines Lächelns.
Octavia wirkte ziemlich überheblich. Bei ihrer letzten Begegnung war sich Modo beinahe sicher gewesen, dass sie ihm gestehen würde, viel für ihn zu empfinden. Oder zumindest für das Gesicht, das er an jenem Tag trug. Auf sein wahres Gesicht würde sie allerdings mit Abscheu reagieren.
Der Koch trat ein und brachte ein Tablett mit Gebäck und Tee. Er war ein untersetzter Mann mit massigem Brustkorb und einem vernarbten Gesicht. Nachdem er den Tee eingeschenkt hatte, zog er sich zurück.
»Das ist eine erlesene Mischung schwarzer Teesorten, aromatisiert mit Bergamottöl«, erklärte Mr Socrates. »Mein persönliches Geheimrezept, das ich mit ins Grab nehmen werde.«
Mit Maske zu trinken, war etwas knifflig, aber Modo hatte mittlerweile Übung darin. Er neigte gekonnt den Kopf nach vorne, hob mit der linken Hand die Maske leicht an und nippte an der Tasse. »Der Tee schmeckt vorzüglich, Sir. Wir werden eine Tasse zu Ihren Ehren erheben, wenn Sie sterben.«
Mr Socrates lächelte. Modo freute sich über die Reaktion seines Meisters und noch mehr darüber, dass seine Stichelei auch ein Lächeln auf Octavias Lippen gezaubert hatte. Zufrieden nahm er einen Schluck und schob den Tee vergnügt von einer Backe in die andere.
Mr Socrates hielt seine Tasse vollkommen ruhig in der Hand. »Ich vermute, ihr fragt euch, warum ich euch hergebeten habe.« Bedächtig nippte er an seinem Tee. »Ich habe die Absicht, euch beide zu verheiraten.«
Modo spuckte den Tee prustend zurück in die Tasse.
»Miteinander?«, fragte Octavia.
»Natürlich nur für geheimdienstliche Zwecke.«
»Ich habe keine Lust, ein zweites Mal zu heiraten«, erklärte Octavia entrüstet. »Sie wissen doch sicher noch, dass mein letzter Ehemann gestorben ist.«
»Wie bitte?«, rief Modo aus.
»Ja«, erwiderte Mr Socrates, »das habe ich nicht vergessen und ich habe Verständnis für deine zögerliche Reaktion. Vielleicht hast du dieses Mal mehr Glück. Ich bin mir sicher, Modo hofft das auch – schon aus eigenem Interesse. Ihr beiden reist nach New York und da muss der Schein gewahrt werden. Schließlich würden unverheiratete Männer und Frauen nicht ohne Anstandsdame gemeinsam verreisen.« Er nippte wieder an seinem Tee. »Ich habe für euch bereits die Überfahrt an Bord des Dampfschiffes Abyssinia gebucht. Es läuft heute Nachmittag aus. Die Reise dauert zwölf Tage und ihr habt eine Kabine mit Salon. Ihr werdet die Rollen von Mr und Mrs Warkin spielen. Pässe, Papiere und Geld habe ich für euch vorbereitet. Modo, da deine Verwandlung immer nur wenige Stunden vorhält, wird Octavia dir das Essen in der Kabine servieren.«
»Ich freue mich darauf, Sir«,
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