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Mission Clockwork: Angriff aus der Tiefe

Mission Clockwork: Angriff aus der Tiefe

Titel: Mission Clockwork: Angriff aus der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Slade
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nur einen flüchtigen Blick auf seinen Angreifer zu erhaschen. Ein Knie wurde ihm in den Rücken gerammt und Finger drückten seine Kehle zusammen.
    »Was bedeuten die Zahlen?«, zischte die Stimme. »Sagen Sie es mir!«
    Wyle entfuhr lediglich ein röchelndes Husten, als er erbittert um Luft rang. Ich will nicht sterben, ohne das Gesicht meines Gegners zu kennen, dachte er. Er drehte sich um, konnte aber niemanden sehen. Das Letzte, was Wyle vernahm, während seinen Lungen endgültig die Luft ausging, war ein gespenstisches, hohes Gelächter.

5
Ein neuer Auftrag
     
    I m Speisesaal des Langham Hotels befand sich niemand außer Modo. Er beendete gerade sein Frühstück, bestehend aus Käse-Scones und Äpfeln, wischte sich die Lippen an der Serviette ab und schnaufte behaglich. Modo trug wieder sein Mr-Dawkins-Gesicht – ein Gesicht, das ansprechend, jedoch nicht übertrieben attraktiv war. Schließlich galt es, keine unerwünschte Aufmerksamkeit zu erregen.
    Das war jetzt sein Leben! Jahre schienen bereits vergangen zu sein, seit er Ravenscroft verlassen hatte, den Landsitz, auf dem er vom Kleinkind zum jungen Mann herangewachsen war. Mr Socrates hatte Modo gesagt, er müsste jetzt ungefähr vierzehn sein. Denn als Mr Socrates ihn gerettet hatte, war er offensichtlich noch kein Jahr alt gewesen. Aber mit Bestimmtheit wusste man es nicht. Vielleicht war er sogar schon fünfzehn! Die Zeit trieb immer gern ihr Spiel mit ihm. Manchmal erschienen ihm die Jahre auf Ravenscroft so kurz, weil sich alle Erinnerungen an seine Kindheit in den immer gleichen drei Räumen abspielten.
    Er hatte das Haus nie verlassen, hatte Geschichtsunterricht erhalten, gelernt, sich zu verwandeln, mit Tharpa trainiert und mit seiner Erzieherin Mrs Finchley seine schauspielerischen Fähigkeiten perfektioniert. Es war gerade einmal acht Monate her, dass ihn Mr Socrates von Ravenscroft weggebracht und in London ausgesetzt hatte, weil er lernen sollte, sich allein durchzuschlagen.
    Modo gefiel das Langham. Es war sehr viel angenehmer als sein erstes, rattenverseuchtes Zimmer im Viertel Seven Dials. Außerdem hatte auch Octavia in diesem Hotel gewohnt. Hier hatten sie sich zum ersten Mal von Angesicht zu Angesicht gegenübergestanden. Bei dem Gedanken musste er lachen – nun ja, sie hatte nicht Mr Dawkins gesehen, sondern ein anderes Gesicht, das er »den Ritter« nannte. Ob Octavia von Mr Socrates an einen anderen Ort versetzt worden war? Nach allem, was er wusste, konnte sie jetzt ebenso gut in Wales sein. Oder in Frankreich. Das war eine beunruhigende Vorstellung. Nein, sicher würde Mr Socrates ein Mädchen nicht außer Landes schicken.
    Modo hatte Angst, ihr vielleicht nie mehr zu begegnen. Er rückte den Stuhl zurück und ging hinauf in sein Zimmer mit der Nummer 327, wo er eine Nachricht vorfand, die man unter der Tür durchgeschoben hatte:
     
Melde dich umgehend im Victor House. Das Zimmer und deine Kleidung werden nicht mehr benötigt. Meine Mitarbeiter kümmern sich darum.
     
    Schon wieder ein neuer Auftrag? Erst vor zwei Tagen war er im Victor House gewesen. Modo verbrannte den Zettel im Waschbecken und zog sich aus. Sein Dinneranzug war eine Maßanfertigung von Norton & Son in der Savile Road und er hoffte, ihn bald wieder tragen zu dürfen. Mr Socrates würde ihn in einem seiner vielen Anwesen verwahren. Modo zog einfachere Kleidung sowie eine dunkle Jacke an und entspannte seine Züge, sodass sie in ihre natürliche Form zurückglitten. Auf dem Rücken wuchs der Buckel.
    Es war überflüssig, das fremde Erscheinungsbild aufrechtzuerhalten, denn Mr Socrates würde ihn bei seiner Ankunft sowieso auffordern, sein natürliches Aussehen anzunehmen. Modo wählte eine hautfarbene Maske aus. Niemand außer Tharpa und Mr Socrates durfte sein wahres Gesicht sehen.
    Während er nach seinem Beutel griff, ließ er ein letztes Mal den Blick durch den Raum schweifen, über die grünen Satinvorhänge, den roten Bettüberwurf und die Gaslampen aus Messing. Er hatte einige Wochen vor dem Einsatz in der französischen Botschaft das Hotelzimmer mit all seinen Annehmlichkeiten bezogen, um sich auszuruhen und vorzubereiten. Fließendes heißes und kaltes Wasser! Ein seidener Morgenmantel! Und jetzt musste er all das aufgeben.
    Als er die Treppe hinunterging, warfen ihm Hotelangestellte schräge Blicke zu. Es waren dieselben, die ihm kurz zuvor noch höflich zugenickt hatten. Modo empfand die Maske als eine nützliche Waffe. Mit einem starren Blick

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