Mission Clockwork: Angriff aus der Tiefe
hüstelte unbehaglich.
»Ich verdächtige niemanden hier am Tisch«, bekräftigte die Kapitänin noch einmal. Dann lächelte sie, wie um alle unangenehmen Gedanken zu verscheuchen, und erhob ihr Glas. »Willkommen an Bord, Mr Warkin.«
Sie stießen an und Modo nahm erneut einen kleinen Schluck Wein. Er trank selten Alkohol und so gab er acht, es nicht zu übertreiben. »Ich habe eine Frage«, sagte er.
Monturiol hob wieder ihr Glas. »Bitte fragen Sie. Innerhalb gewisser Grenzen stehen wir Ihnen gern Rede und Antwort.«
»Nun ja, Sie sind die Kapitänin dieses Schiffes, richtig? Aber alle anderen Seemänner, ähm, und Seefrauen, die ich bislang kennengelernt habe, werden Genossen genannt. Ich dachte immer, auf Schiffen unterscheidet man zwischen Steuermann, Maat, Bootsmann und so weiter.«
»Ach, bei uns gibt es keine Rangordnung, obwohl natürlich jeder Genosse seine bestimmten Aufgaben hat. Vor fünf Jahren wurde ich für zehn Jahre zur Kapitänin gewählt. Deshalb treffe ich in Absprache mit meinen Genossen die Entscheidungen für die Ictíneo und den Staat Icaria.«
»Also sind Sie so etwas wie die Königin«, merkte Colette an.
Delfina Monturiol setzte ihr Glas so heftig ab, dass der Wein überschwappte. »Nicht im Entferntesten! Wir Icarier stammen aus vielen unterschiedlichen Ländern und aus allen Teilen der Gesellschaft – wir sind Fassbinder, Fabrikarbeiter, Soldaten, Dichter, Ingenieure … Aber wir alle haben einen gemeinsamen Traum: uns aus den Fesseln des Klassensystems der modernen Welt zu befreien. All unsere Forschung, all unser Tun gilt der Errichtung von Icaria.«
Modo probierte etwas von den salzigen Algen, die mit einem scharfen Dressing angemacht waren. Er hielt es für das Beste, das Thema zu wechseln. »Sie sagten, Sie würden mir erklären, wie die Lampen der Ictíneo mit Energie versorgt werden. Ich war noch nie auf einem Schiff, das über eine so hervorragende Beleuchtung verfügt.«
»Darf ich antworten?«, fragte Cerdà.
»Das ist nur recht und billig, schließlich haben Sie das System installiert«, stimmte Monturiol zu.
»Nach den Plänen Ihres Vaters.«
»Ja, aber Sie haben sie zum Leben erweckt. Ihr Beitrag hat eine solche Bescheidenheit nicht verdient.«
Cerdà zuckte mit den Schultern. »Sie möchten also hinter unser Geheimnis kommen«, begann er. Modos Magen krampfte sich zusammen. Hatte man ihn so schnell durchschaut? Auch Colette umklammerte fest ihre Gabel und ihr Gesicht erstarrte einen Moment lang zur Maske. Aber Cerdà lächelte freundlich und sprach voller Enthusiasmus weiter: »Die Energiequelle, die wir zum Betrieb fast aller Apparate an Bord nutzen, ist Elektrizität.«
»Elektrizität?« Modo kiekste erleichtert, dann räusperte er sich. »Aber wie soll das funktionieren? Damit kann man nur kleine Geräte betreiben.«
Cerdà deutete auf die Lampe über ihnen. »Es war nur eine Frage des Erfindungsreichtums. Wir haben die Energie gebändigt und uns nutzbar gemacht. Keine riesigen Kohlevorräte. Keine Dampfmaschinen, die unser Schiff mit Rauch verpesten. Elektrizität ist die eigentliche Seele der Ictíneo .«
»Aber … aber … wie gelingt es Ihnen, die nötige Menge zu produzieren?«, wollte Modo wissen.
Monturiol lachte. Sie und Cerdà blickten ihn an, als sei er ein kleiner Junge. »Sie sind von der Antwort umgeben«, erklärte Cerdà. »Der Ozean selbst liefert uns die Energie. Wir haben ein Verfahren entwickelt, für welches das Natriumchlorid im Seewasser genutzt wird. Das steht in unerschöpflichen Mengen zur Verfügung. Ich kann nicht weiter in die Details gehen, da es sich um eine sehr komplizierte Prozedur und um ein Staatsgeheimnis handelt.«
Die Vorstellung überwältigte Modo: Schiffe, die kreuz und quer über die Meere fahren konnten, ohne unterwegs Kohlevorräte aufnehmen zu müssen. Das würde die Welt verändern. Er musste Mr Socrates informieren.
»Sie sind sprachlos, mein Freund«, stellte Delfina Monturiol fest und unterdrückte ein Lachen. Sie erhob erneut ihr Glas und wandte sich Modo zu. »Es ist uns eine Ehre, einen Künstler unter uns zu haben. Zufälligerweise befindet sich eine Fotoausrüstung an Bord. Sie steht Ihnen zur Verfügung, Mr Warkin. Wir möchten gern, dass Sie Aufnahmen von Icaria für uns machen.«
»Ah, wunderbar!«, erwiderte Modo und bemühte sich, erfreut zu klingen, obwohl er in Wahrheit sehr wenig von Fotografie verstand.
»Ja und mit welchem Apparat lassen sich wohl Unterwasserlandschaften
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