Mission Clockwork: Angriff aus der Tiefe
Er berührte eine goldene Skulptur, die Poseidon darstellte und als Buchstütze diente. »Allein was dieses Schiff gekostet haben muss, ist überwältigend. Ich habe so viele Fragen. Wo es wohl gebaut wurde?«
»Vielleicht haben Sie bei der Kapitänin mehr Glück als ich. Ich habe nur wenig in Erfahrung bringen können. Und die Männer und Frauen, die hier arbeiten – die Genossen – machen den Mund nicht auf. Erzählen Sie mir etwas mehr über sich und Ihre Arbeit, Mr … Walkin?«
»Mein Name ist Warkin«, verbesserte Modo sie und fragte sich, ob sie nicht versuchte, ihm damit eine Falle zu stellen. »Ich arbeite seit drei Jahren als Kunstfotograf. Meine Frau assistiert mir. Ich habe schon Landschaften überall auf der Welt fotografiert – von England über Ägypten bis zur Arktis. Wir wollen die herrlichen Natur- und Baudenkmäler in stereoskopischen Bildern festhalten.«
»Das klingt très excitant. «
Modo lächelte. Dann erinnerte er sich, dass er ja die Maske trug und sie seine Reaktion nicht sehen konnte. »Im Vergleich mit dem heutigen Tag erscheint es mir kaum noch spannend. Und denken Sie nur, was ich für Aufnahmen durch die Bullaugen machen könnte!« Er hielt inne. »Ich hoffe, meiner lieben Frau geht es gut.«
Modo vernahm Schritte auf der Treppe und drehte sich um. Cerdà blieb auf der untersten Stufe stehen. »Sie sind beide eingeladen, heute um neunzehn Uhr icarischer Zeit mit Kapitänin Monturiol zu Abend zu essen.«
»Das ist sehr freundlich«, erwiderte Modo. »Wie spät ist es jetzt?«
»Sechzehn Uhr«, sagte Cerdà und deutete auf eine in der Wand eingelassene Uhr: Die Zeiger hatten die Gestalt von zwei Blitzen und das Ziffernblatt zeigte vierundzwanzig Stunden an.
Modo hatte von dieser Art der Zeitanzeige schon gehört: Man nannte sie Italienische oder Große Uhr.
»In allen Räumen befinden sich Uhren. Das war meine Idee«, erklärte Cerdà. »Ich werde später einen Genossen schicken, um Sie abzuholen. Bitte entspannen Sie sich bis dahin.«
Nachdem Cerdà die Treppe wieder hochgeeilt war, erkundigte sich Modo forsch: »Und, ist die icarische Zeit eine reale oder nur eine imaginäre Zeitmessung?«
»Ha! Icaria ist vielleicht nur ein Hirngespinst, aber die Zeit hier ist real! Es ist die mittlere Greenwich-Zeit minus eine Stunde.« Colette grinste und Modo fiel auf, wie kunstvoll ihr schwarzes Haar gekämmt und zu einem Knoten geschlungen war. Obwohl sie bereits seit Wochen auf dem Schiff war, achtete sie auf ihr Aussehen. Welches Schicksal würde Colette wohl drohen, falls sich bei der Kapitänin der Verdacht regte, dass sie eine Spionin war?
»Ich muss schon sagen, dass ich es sehr merkwürdig finde, mich mit einem maskierten Mann zu unterhalten«, sagte Colette.
»I-ich habe einen Ausschlag.«
»Ich hoffe, Sie empfinden diese Bemerkung nicht als zu vorlaut, Mr Warkin, aber Sie haben seelenvolle Augen. Vermutlich benötigt ein Fotograf einen solchen Blick.«
»Äh … ich schätze schon.«
Sie lachte und blickte ihm in die Augen. »Nun, ich sollte mich jetzt zurückziehen und für den festlichen Anlass zurechtmachen. Man wird nicht alle Tage an die Tafel der Kapitänin gebeten. Vergessen Sie nicht: Ein guter Icarier kommt nie zu spät.«
Modo sah ihr nach, wie sie die Wendeltreppe nach oben stieg, bis auch der letzte Zipfel ihres langen Rocks aus seinem Blickfeld verschwand.
16
Unter Beobachtung
N achdem Modo noch einige Zeit in der Bibliothek gestöbert hatte, stieg er die Stufen zur Brücke hinauf. Mehrere Männer und Frauen in blauen Uniformen waren an verschiedenen Kontrolleinrichtungen beschäftigt. Ein Mann blickte gerade durch ein mit Messing plattiertes Beobachtungsgerät. Es sah aus wie ein Rohr, das aus der Decke ausgefahren worden war. Ein Periskop, natürlich. Eine Frau stand am Steuerrad und eine andere las laut Zahlen von einer Skala ab. Modo war sich ziemlich sicher, dass sie Spanisch sprach – eine Sprache, von der er nur einige Worte beherrschte.
Angestrengt versuchte er, sich sein bruchstückhaftes Wissen über Unterseeboote in Erinnerung zu rufen. Es musste irgendein System mit Ballasttanks geben, um dem Auftrieb entgegenzuwirken. Modo vermutete, dass einige der Hebel auf der Brücke dazu dienten, die Tanks zu befüllen und zu leeren. Mr Socrates würde auf diese Informationen Wert legen. Und zu gegebener Zeit könnten diese Erkenntnisse wichtig für sein eigenes Überleben sein.
Modo stieg die Treppe bis ganz oben hinauf und ging den
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