Mission Clockwork: Angriff aus der Tiefe
vor.«
»Wollen Sie etwa andeuten, ich sei geschwätzig, Mr Warkin?« Sie klopfte ihm auf die Hand. »Eine Stadt im Meer! Im Vergleich dazu ist die Ictíneo nur eine Spielerei!«
»Ja, in meinen kühnsten Träumen hätte ich mir so etwas nicht vorstellen können. Der Vater der Kapitänin war ein genialer Kopf!«
»Das stimmt. Stell dir nur ein zweites Paris unter Wasser vor! Mit einem Arc de Triomphe und einem Palais du Louvre – alles auf dem Meeresgrund.«
»Ja, man denke bloß – Croissants backen in fünfzig Meter Tiefe!«
»Oh, ihr Engländer würdet sicher ebenfalls eure eigenen Kolonien errichten. Schließlich habt ihr bislang so viel Übung darin, mit Kolonien zu scheitern. Vielleicht habt ihr daraus gelernt.«
»Hmmpf. Genug von diesen Träumereien. Es gibt Neuigkeiten: Ich habe den Telegrafen zurück.«
Colettes Augen weiteten sich. »Das ist seltsam.«
»Er war allerdings in zwei Teile zerbrochen. Ich weiß nicht, was ich davon halten soll.«
»Ist es dir gelungen, ihn zu reparieren?«
»Äh, nein.«
Sie tippte sich mit dem Finger an das Kinn. »Ich verstehe. Du wirkst geheimnistuerisch, Modo.«
»Das ist mein Beruf«, entgegnete er mit einem nervösen Lachen.
»Wir haben uns etwas in die Hand versprochen, Modo. Ich habe dir mein Wort gegeben. Zweifelst du an meiner Aufrichtigkeit?«
»Nein, nein!«, widersprach Modo. Aus dem Augenwinkel sah er, wie eine Tasse wenige Zentimeter abhob und das milchähnliche Getränk daraus abfloss. Griff besaß doch tatsächlich die Dreistigkeit, sich direkt neben sie zu setzen!
Alle Icarier hatten mittlerweile die Messe verlassen. »Ich bin nicht geheimnistuerisch. Mir ging es nur nicht gut.«
»Ach, das liegt an dem ganzen Tee, den ihr Briten immer trinkt. Was du brauchst, mein Freund, ist eine vernünftige Tasse Kaffee. Auf der Ictíneo sucht man danach allerdings vergeblich, wie ich hinzufügen sollte.« Sie machte eine Pause. »Hast du bemerkt, dass wir an die fünfzehn Knoten Fahrt machen?«
»Du kannst einfach so die Geschwindigkeit schätzen?«
Ihr Lächeln war freundlich, aber auch ein wenig spöttisch. »Nein, Modo. Monturiol hat mir gesagt, dass die Höchstgeschwindigkeit der Ictíneo bei vierundzwanzig Knoten liegt.«
»Vierundzwanzig Knoten! Selbst das schnellste Kriegsschiff schafft nur vierzehn Knoten!«
»Ja, die Ictíneo ist viel schneller. Sie wird nicht von den Wellen gebremst. Glaub mir, du wirst es merken, wenn wir die Spitzengeschwindigkeit erreichen.« Colette berührte die Wand. »So hat das Schiff auch vibriert, als wir die Hugo gerammt haben. Wir sind auf der Jagd, Modo. Ich fürchte, die Mannschaft bereitet einen weiteren Angriff vor.«
28
Quälende Untätigkeit
O ctavia presste das Telegramm an ihre Brust. Modo lebte! Er lebte! Sie wirbelte durch das Zimmer und hielt das Blatt Papier mit ausgestreckten Armen vor sich, als wäre es ihr Prinz, der mit ihr auf einem königlichen Ball tanzte. Er lebt! Mein kleiner Modo lebt!
Fast den gesamten vergangenen Tag hatte Octavia mit Kapitän Arngrímur und seiner Mannschaft von Trunkenbolden auf dem Meer verbracht. Sein knarrendes, ächzendes Fischerboot hatte der Kapitän auf den Namen Hallgarda getauft. Es war ein Raddampfer und sein Motor trieb mit hustendem Knattern die sich drehenden Schaufeln an. Doch die Hallgarda hielt sich über Wasser und dafür, dass in Arngrímurs Adern bestimmt zur Hälfte Rum floss, machte er als Kapitän eine gute Figur – das musste Octavia zugeben. Allerdings war die Suche erfolglos verlaufen und bei Einbruch der Dunkelheit blieb ihnen nichts anderes übrig, als in den Hafen zurückzukehren.
In der vergangenen Nacht war sie zu der einzig denkbaren Schlussfolgerung gekommen: Sie suchte nach einem Toten. Sie würde Modos Leichnam nach England zurückbringen und ihn in britischer Erde begraben – zumindest das.
Aber all die düsteren Gedanken, die Traurigkeit waren unnötig gewesen! Modo selbst hatte Mr Socrates eine Nachricht geschickt. Von einem Unterseeschiff aus – man stelle sich das bloß vor! Was sonst hätte schließlich den Anker der Hugo kappen und Löcher in Schiffsrümpfe reißen können? Bei ihren Überlegungen hatten sie und Modo die gewagte Vorstellung in Betracht gezogen, dass ein derartiges Schiff existierte. Und jetzt war es Modo sogar gelungen, sich an Bord zu stehlen?
Der schlaue Modo! Sie schüttelte verwundert den Kopf. Dann schloss sie die Augen. Modo lebte. Sie wischte sich die Tränen von den Wangen.
Mr
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