Mission Clockwork: Angriff aus der Tiefe
Augenblick. »Und – offen gestanden – auch aus Eitelkeit. Nachdem ich zwei Wochen lang Mademoiselle Brunets Spott ertragen musste, wollte ich erleben, wie ihr der Anblick von Neu-Barcelona die Sprache verschlägt.«
»Ich muss zugeben, ich war très überwältigt«, erklärte Colette.
»Cerdà, bereiten Sie Icarias Morgenstern vor.«
»Sind Sie sicher, Kapitänin?«, fragte Cerdà nach.
Modo hatte noch nie gehört, dass er ihre Befehle in Zweifel zog. Sie nickte. »Was ist der Morgenstern?«, erkundigte er sich.
»Das erfahren Sie noch früh genug. Warnen wir jetzt erst einmal unsere Genossen.«
Sie kletterten alle aus der oberen Luke. Cerdà schloss die Klappe und ging zu einem verriegelten Lagerraum.
»Benötigt er Hilfe?«, fragte Modo.
»Genosse Garay sollte in Kürze eintreffen«, erwiderte Monturiol. »Sobald er in sicherer Entfernung von der Lindwurm ist, kann er den Motor einschalten. Er wird dann Cerdà helfen.«
Sie betraten Neu-Barcelona. Dieselben drei Frauen in weißen Gewändern begrüßten sie in der Mitte eines lang gestreckten Saals. Sie hatten vier Jungen bei sich, von denen der größte kaum älter als acht Jahre alt sein konnte. Außerdem standen dort zwei ältere Männer mit Holzbein, neben ihnen ein kränklich wirkender Mann, dem ein Arm fehlte. Modo erinnerte sich, sie während des ersten Besuchs draußen bei Bauarbeiten gesehen zu haben. Insgesamt zählte Modo zwölf Menschen, darunter ein Wickelkind und junge Zwillingsschwestern. Einige Icarier hielten Fischspeere in den Händen. Modo wurde bang ums Herz. Die Kinder wirkten überwiegend ängstlich, die Frauen grimmig. Das war keine ausgebildete Armee, mit der man ein Unterwasserreich verteidigte.
»Unsere Genossen werden auf einem feindlichen Schiff gefangen gehalten«, ergriff Monturiol vor den versammelten Icariern das Wort. »Unser Feind ist eine Organisation, die sich die Clockwork Guild nennt.«
»Was können wir tun, Kapitänin?«, fragte einer der alten Männer.
»Ihr müsst Neu-Barcelona mit ganzem Herzen verteidigen. Cerdà und ich werden ihn mit der Ictíneo angreifen.«
»Was ist mit den Ballons?«, fragte Colette.
»Wir tauchen so tief, dass uns die Behälter mit den Ballons nicht erreichen können. Dann rammen wir von unten den Kiel des Kriegsschiffes.«
»Aber ist die Ictíneo denn für solche Tiefen ausgelegt?«, fragte Modo.
»Ja. Die Zerstörungstiefe liegt bei tausend Metern. Wir müssen allerdings nur auf ein Viertel dieser Tiefe gehen. Je weiter wir hinuntertauchen, desto mehr Fahrt können wir aufnehmen, wenn wir die Ballasttanks leeren.«
»Der Druck muss gewaltig sein«, gab Colette zu bedenken. »Es ist Wahnsinn, so ein Risiko einzugehen.«
»Nein, kein Wahnsinn. Wir greifen zu unerwarteten Mitteln – und so gewinnt man Kriege«, entgegnete Monturiol. »Ihre Schuld ist beglichen. Sie beide bleiben hier.«
»Sie haben versprochen, uns nach Island zu bringen«, sagte Colette.
»Nach der Schlacht löse ich mein Versprechen ein.«
»Sie haben nicht genug Leute, um mit der Ictíneo anzugreifen«, bemerkte Modo.
»Wir bekommen das in den Griff.«
Modo betrachtete die Frauen, die Kinder und alten Männer. Ihre Mienen, selbst die der Jüngsten, strahlten Entschlossenheit aus, aber sie waren für den Kampf nicht ausgebildet. Die Ereignisse überschlugen sich. Sein Auftrag hatte gelautet, die neue Technologie für Mr Socrates nach England zu bringen, doch wenn sie zerstört wurde, wäre das nicht mehr möglich.
Nein, es war nicht nur das, hier stand mehr auf dem Spiel! Modos Augen ruhten auf den Männern mit den fehlenden Gliedmaßen. Monturiol hatte sie hierhergebracht, hatte ihnen ein Zuhause gegeben, eine Heimat, in der sie sich einbringen konnten und akzeptiert wurden.
»Ich komme mit Ihnen«, erklärte er.
»Sie sind sehr mutig.« Monturiol legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Es wird kein leichtes Unterfangen.«
Colette ließ einen langen Seufzer vernehmen. »Ich komme auch mit. Ich lasse mich nicht von einem Engländer ausstechen. Sie haben zwar mein Land beleidigt, Kapitänin, und ich könnte nicht hier unter Wasser leben – dafür hänge ich zu sehr an den Pariser Cafés und Modehäusern. Aber ich will nicht, dass Ihre Stadt zerstört wird.«
Monturiol legte ihre andere Hand auf Colettes Schulter. »Sie sind mir herzlich willkommen. Wir sollten jetzt aufbrechen.«
Als sie zur Ictíneo zurückkehrten, bemerkte Modo, dass die Luke offen stand. Hatte Cerdà sie vorhin nicht
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