Mission Clockwork, Band 3: Mission Clockwork, Duell in der Ruinenstadt
irritieren. »Sie wird meine Nichte spielen«, fügte er hinzu. »Miss Charity Chandra.«
Zwei Wagen mit acht Männern in dunklen Paletots fuhren an ihnen vorbei. Unser Gepäck, stellte Modo fest. Auf einem Wagen befanden sich fünf über dreieinhalb Meter lange Lattenkisten, auf dem anderen mehrere Schrankkoffer. Ein Postdampfer wie die RMS Rome war für den Transport großer Frachtmengen ausgelegt. Modo überlegte neugierig, was sich wohl in den gewaltigen Kisten befand. Aber Mr Socrates lieferte keine Erklärung.
Auf dem Schiff ertönte eine Glocke. Es war Zeit, an Bord zu gehen. Während sie über die Gangway zu den Kabinen erster Klasse liefen, musterte Modo den Dampfer. Er war über hundertzwanzig Meter lang, hatte vier Masten und zwei Schornsteine. Ein ordentlicher Koloss, dachte Modo. Dann erinnerte er sich jedoch an die monströse Lindwurm, das Kriegsschiff der Clockwork Guild. Daneben würde die Rome zwergenhaft wirken. Aber ganz gleich: Es würde eine herrliche Reise werden! Es war eine überwältigende Vorstellung, dass dieser neue, moderne Dampfer sie in weniger als zwei Monaten von London nach Sydney bringen würde. Und dass sie als Passagiere erster Klasse reisten, war das Sahnehäubchen.
Ein Steward geleitete sie zu ihren Kabinen. Modo würde eine Kabine mit Tharpa beziehen, direkt neben Mr Socrates. Octavia und Mrs Finchley hatten die ihre zur anderen Seite.
Modo war von der Größe des Raums beeindruckt, von den prächtigen roten Teppichen und Vorhängen. Durch das Bullauge überblickte man die Docks und weitere Dampfschiffe, die an ihren Liegeplätzen warteten. Unter dem Bullauge stand ein Teakholztisch mit einem Schachbrett, auf dem die Springer, Bauern und übrigen Figuren bereits angeordnet waren.
Modo griff nach dem König. »Ich werde Euch vernichtend schlagen«, sagte er zu Tharpa. Der lachte.
Auch die beiden Betten waren von üppiger Pracht.
»Es ist gerade genug Platz für unsere Sparrings«, stellte Tharpa fest. »Wir werden jeden Morgen trainieren.«
»Ich freue mich schon darauf«, antwortete Modo fröhlich.
Sie setzten sich, um auf ihr Gepäck zu warten, aber Modo wurde schnell langweilig. »Ich gehe mal das Schiff auskundschaften«, verkündete er.
»In Ordnung, junger Sahib. Geh ruhig nach Herzenslust auskundschaften.«
Modo schlenderte über das Oberdeck und kam an einer stattlichen Anzahl von Rettungsbooten vorüber, was ihm ein Gefühl von Sicherheit gab. Als er unter der Brücke durchging, erhaschte er einen Blick auf den Kapitän, einen weißbärtigen Mann, der einem Matrosen dabei zusah, wie er oben am Krähennest den Union Jack hisste. Der Kapitän machte den Eindruck, als würde er schon seit hundert Jahren zur See fahren, und das war Modo nur recht.
Modo bahnte sich seinen Weg durch die herumstehenden Passagiere, bewegte sich im Slalom um die ausladenden Turnüren der Damen und die Herren mit ihren Spazierstöcken. Als er das Vorderdeck erreichte, ertönte das Schiffshorn, und die RMS Rome glitt, von einem kleineren Schleppdampfer gezogen, langsam aus dem Hafenbecken durch die Schleusen zur Themse.
»Bist du seekrank, lieber Cousin?«
Modo wandte sich um, und Octavia zwinkerte ihm zu.
»Nein«, antwortete er. Es freute ihn, dass sie vielleicht nach ihm gesucht hatte. »Ich scheine meine Seekrankheit überwunden zu haben.«
»Schon komisch, als wir verheiratet waren, hast du einen Ehemann von recht anfälliger körperlicher Verfassung abgegeben.«
Modo dachte oft an jene Reise zurück. Während ihres letzten Einsatzes waren sie über den Atlantik nach New York City gereist. Er hatte die Rolle als Octavias Ehemann spielen müssen – allerdings ganz züchtig. Den Großteil der Überfahrt hatte er in der Kabine hinter einem Paravent mit Übelkeit gekämpft. Octavia hatte auf dem Sofa geschlafen. Seitdem hatte er sich insgeheim manches Mal gewünscht, Mr Socrates würde sie wieder miteinander verheiraten. »Vielleicht hat mich ja das Eheleben krank gemacht«, sagte er und setzte sein frechstes Lächeln auf.
»Und vielleicht hat dich ja deine französische Mätresse geheilt.« Octavias Fröhlichkeit schien verflogen.
»Was meinst du damit?«, fragte er, obwohl er genau wusste, worauf sie anspielte.
»Ach nichts«, erwiderte sie. »Nur leeres Gerede. Ich fühle mich etwas erhitzt und gehe wohl besser in meine Kabine zurück.«
Modo sah ihr nach, wie sie davonstolzierte, bis er sie in der Menschenmenge an Deck aus den Augen verlor. Französische Mätresse,
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