Mission Clockwork, Band 3: Mission Clockwork, Duell in der Ruinenstadt
Wachsabdruck seines Gesichts anfertigen lassen. Die Ärzte der Ewigen Allianz hatten ihn kürzlich gemacht, als sie seine Fähigkeit zur adaptiven Transformation studierten.
Modo nahm die Verwandlung in Angriff und freute sich, wieder das Gesicht von Jonathan Reeve anzunehmen – das Gesicht des Doktors. Ihm gefielen die gerade Kinnpartie und die kultivierte Ausstrahlung. Anschließend legte er die elegante Kleidung an, die er bereits bei seinem Besuch in Bedlam getragen hatte, aber als Kopfbedeckung wählte er diesmal einen Bowler. Das erschien ihm zweckmäßiger für die Reise. Einen Zylinder würde der Wind bestimmt über Bord wehen. Zu guter Letzt warf er sich einen Paletot über, griff nach der Maske und eilte die Treppe hinunter.
Vor dem Tor stieg er in die wartende Kutsche. »Zum Victoria Dock, bitte«, sagte er dem Fahrer.
Während der Fahrt zu den Docks, die durch die Stadt Richtung Osten führte, kreisten Modos Gedanken um die kommende Seereise. Die Aussicht, ein weiteres Mal an Bord eines Schiffes zu gehen, stimmte ihn nicht gerade fröhlich. Bei seinem letzten Einsatz hatte er zu viele entsetzliche Erfahrungen mit dem Meer gemacht. Ach, lass dir davon nicht die Laune verderben, sagte er sich. Endlich saß er nicht mehr im Haus fest und war wieder irgendwohin unterwegs!
Nach einer gefühlten Ewigkeit machte die Kutsche halt, und Modo sprang hinaus. Victoria Dock war das größte der drei Hafenbecken der Royal Docks. Und diese bildeten den größten Hafen Londons, vielleicht der Welt. Viele der Waren, die aus allen Teilen des Empires nach England gebracht wurden, trafen hier ein. Modos Blick schweifte beeindruckt über das Gewimmel an Hafenarbeitern und Reisenden, die sich wie Ameisen neben den riesigen Dampfschiffen ausnahmen. Ein Mann mit einer Wagenladung Bananen kam vorüber. Hinter Modo war eine Eisenbahn eingefahren, und aus den Waggons quollen noch mehr Passagiere. Überall drängten sich Menschen und stapelten sich Koffer, große und kleine, Reisetaschen, Pakete, ja sogar Käfige mit Kanarienvögeln!
Modo bahnte sich seinen Weg zur RMS Rome . Er entdeckte Mr Socrates und Tharpa, und an ihrer Seite befand sich, wie er glücklich feststellte, auch Octavia. Neben ihnen standen mehrere große Lattenkisten auf der Pier. Und eine Frau in rotem Kleid und langem Mantel drehte sich zu ihm um: Mrs Finchley! Modo eilte zu ihnen.
»Ah, Modo!«, begrüßte ihn Mr Socrates. »Besser spät als nie.«
»Schön, Sie zu sehen, Sir«, erwiderte er etwas ungestüm. »Und Sie auch, Mrs Finchley!«
»Ja, Modo«, sagte sie, »es ist mir ebenfalls immer eine Freude.«
Sie klang ein wenig zurückhaltend, ja distanziert. Modo vermutete, sie wollte vor Mr Socrates bloß nicht zu viel Herzlichkeit zeigen.
»Ich nehme an, du freust dich auch, mich zu sehen.« Octavia schenkte ihm ein herablassendes Lächeln.
»Natürlich, selbstverständlich.« Modo presste seine Maske an die Brust.
»Eine interessante Maske«, stellte sie fest.
»Ach die?« Er klopfte auf das Holz. »Mr Socrates hat sie mir geschenkt.«
»Ja«, mischte sich sein Dienstherr ein. »Du kannst deine Verwandlung nicht ewig aufrechterhalten und musst dann an Bord dein Gesicht bedecken. Wir werden das als eine Marotte von dir ausgeben. Das hier ist ebenfalls für dich.« Mr Socrates händigte ihm einige Dokumente und ein Ticket aus. »Du wirst meinen Sohn spielen.«
»Und wie heißen Sie, Vater?«
»Robert Reid, mein Sohn«, antwortete Mr Socrates lächelnd. »Und du bist Anthony Reid.«
»Ich werde der beste Sohn sein, den Sie je hatten«, versprach Modo. Es war als Scherz gemeint, aber sein Tonfall klang zu ernsthaft.
Ein Schatten wie ein Anflug von Traurigkeit huschte über Mr Socrates’ Gesicht. »Du wirst vollauf mit Studien und dem Training beschäftigt sein. Mrs Finchley begleitet uns, um mit dir an deinen darstellerischen Techniken zu arbeiten. Die Reise dauert fast zwei Monate, also erwarte ich, dass du bei unserer Ankunft ein glänzender Schauspieler bist. Außerdem gibt Mrs Finchley die Anstandsdame für Octavia. Es schickt sich nicht, dass sie allein mit drei Männern reist.« Bei diesen Worten warf Octavia Modo einen Blick zu und verdrehte die Augen. Er musste sich zusammenreißen, um nicht zu grinsen.
»So hat Mrs Finchley Gelegenheit, Octavia zu helfen, an ihrer vornehmen Aussprache zu feilen und an ihren Umgangsformen. Vor allem an ihren Umgangsformen.« Mr Socrates ließ sich von Octavias zornigem Blick nicht
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