Mission Clockwork
StraÃe blieben sie stehen. Die hohen, ruÃgeschwärzten Gebäude waren in Rauch und Nebel gehüllt. Mr Socrates hob die Hand und das Geklapper von Hufen hallte von den umliegenden Mauern wider. Eine groÃe geschlossene Kutsche preschte aus dem Nebel hervor. Der Kutscher trug einen weiÃen Mackintosh, einen Regenmantel, der ihn wie ein Gespenst aussehen lieÃ.
»Du fährst diesmal mit mir«, wies Mr Socrates Modo an. Tharpa nahm oben neben dem Kutscher Platz.
Während die Pferde über das Pflaster trappelten, spähte Modo aus dem Fenster. Die geisterhaften Silhouetten der Londoner schienen durch die Gassen zu wirbeln.
»Du hast dich bemerkenswert gut für den Unterricht geeignet«, erklärte Mr Socrates. »Ich bin zufrieden. Mrs Finchley würde sagen, ich sei zu hart mit dir umgegangen, aber ich hatte meine Gründe.«
»Ja, Sir.«
»Modo, du musst eine wichtige Aufgabe erfüllen. Ich hoffe aufrichtig, dass dich dein Training und all dein fleiÃiges Lernen zu einem erfolgreichen Abschluss dieser Mission führen, denn du wirst ganz deinem Schicksal überlassen sein.«
»Ich verstehe nicht, Sir«, krächzte Modo.
»Du musst jetzt in den StraÃen von London überleben ⦠ganz allein.«
Es dauerte einige Augenblicke, bis Modo die Bedeutung der Worte bewusst wurde. »Ganz allein?«
»Genau.« Mr Socrates klopfte mit seinem Stock gegen das Kutschendach. Der Wagen wurde langsamer und blieb dann stehen. »Diese Aufgabe soll aus dir einen Mann machen. Du warst ein auÃergewöhnlicher Schüler, aber es ist an der Zeit, dass du lernst, selbstständig zu handeln.« Mr Socrates stieà die Tür auf.
»Sie wollen, dass ich ⦠gehe?«
»Bitte, Modo, verlier keine Worte über etwas, das offensichtlich ist. Beweise mir, dass ich guten Grund hatte, in dich zu investieren. Ich treffe dich wieder, sobald du deinen Auftrag erfüllt hast. Geh. Jetzt sofort.«
Zögernd trat Modo auf die nasse StraÃe hinaus. »W-w-wann kommen Sie mich holen? Wie lange werde ...«
Mr Socrates schloss die Tür. Tharpa, auf seinem Hochsitz neben dem Kutscher, vermied es, Modo anzusehen. Der Kutscher knallte mit der Peitsche und die Pferde trabten weiter, während Modo dem Wagen hinterherrief: »Aber warten Sie! Ich habe nichts zu essen! Ich habe kein Geld! Mr Socrates! Ich benötige meine Kleider! Tharpa! Warten Sie!«
Modo beobachtete fassungslos, wie die Kutsche in eine Gasse abbog und verschwand. Er starrte ihr noch lange nach, als ob sie jeden Moment wieder auftauchen müsste und er aus diesem Albtraum erwachen würde. Sein Herz klopfte wie wild. Er atmete ein und aus. In der Kutsche hatte er sich sicher gefühlt, da er es gewohnt war, von Wänden umgeben zu sein. Hier auf der StraÃe unter freiem Himmel und mit der Freiheit, jede beliebige Richtung einzuschlagen, fühlte Modo sich durcheinander und unsicher.
Und dann drang hinter ihm eine Stimme durch den Nebel. »Was haben wirân da für ânen hübschen Burschen. Lass dich mal ansehen.«
Modo wirbelte herum und wich dann erschrocken zurück. Ein totes Pferd starrte ihm ausdruckslos vom Fuhrwerk eines Abdeckers entgegen. Von der anderen Seite torkelte eine alte Frau, in deren Augen der Wahnsinn stand, auf ihn zu. Ihre aufgesprungenen Lippen verzogen sich zu einem Lächeln und lieÃen faulige, schwarze Zähne erkennen.
»Komm her, Bürschchen«, krächzte sie und streckte ihre knotigen Hände nach ihm aus. »Warum trägst du âne Maske? Gib sie mir.«
Modo stolperte, hielt sich gerade noch an einem Laternenpfahl fest und dann rannte er, von Panik gepackt, über das Kopfsteinpflaster davon, von einer StraÃe in die nächste, immer tiefer in die Stadt hinein.
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Ein Leben im Verborgenen
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S echs Monate später traf ein Brief im Langham-Hotel ein. Der Hotelpage schob ihn unter der Tür des Zimmers 443 hindurch, wo er von einer jungen, doch nicht ganz zarten Hand aufgehoben wurde. Der Brief wurde einmal gelesen, sein Inhalt auswendig gelernt und anschlieÃend verbrannt.
Octavia Milkweed wählte eine blaue Haube und ein farblich passendes Kleid mit Krinoline, brachte einen Hauch Rouge auf, um ihre Sommersprossen zu kaschieren, und griff dann zur hoteleigenen Schreibgarnitur, um mit Feder und Tinte Namen und Adresse eines Mannes aufzuschreiben. Es war eine billige
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