Mission Eureka

erneut inne. Er konnte sehen, wie Swann Mädler etwas zumurmelte,
zweifellos wieder einen seiner frechen, unverschämten Kommentare â€“
ein typischer Engländer, dieser Kerl, respektlos und vorlaut bis zum
Gehtnichtmehr. Nun gab es nichts mehr zu sagen, nur noch das
Nächstliegende. Er bemühte sich, locker und gelassen zu klingen, als er
es sagte. Gebettelt hatte er genug.
    Â»Wenn der eine oder
andere von Ihnen es sich noch einmal überlegen will, ich bin für den
Rest des Tages in meinem Büro zu finden.«
    Er verließ
das Podium und ging schweigend an ihnen vorbei zur Tür. Niemand
applaudierte. Niemand zeigte überhaupt irgendeine Reaktion. Für diesen
Auftritt würde es nicht einmal eine Oscar-Nominierung geben.
    Als
Swann zurück zu seinem Büro fuhr, konnte er sich eine gewisse
widerstrebende Bewunderung für Waldegg nicht verkneifen. Es mußte ihn
einiges an Mut und Überwindung gekostet haben, sich da oben
hinzustellen, seinen Stolz hinunterzuschlucken und quasi als
Bittsteller aufzutreten. Swann hatte seine Entscheidung in dem Moment
getroffen, als Altenburg ihm eröffnet hatte, er gehe nach Paris. Zwei
Tage lang hatte er gewartet, daß Altenburg an ihn heranträte und ihn
fragte, ob er nicht mitgehen wolle, und als nichts passiert war, hatte
er ihn schließlich, am Morgen seiner Abfahrt, an seiner Bürotür
abgepaßt und ihn gefragt, warum er ihn nicht eingeladen habe,
mitzukommen.
    Â»Ich hatte schon gedacht, du würdest nicht mehr kommen«, hatte Altenburg geantwortet. »Du bist der letzte, der gekommen ist.«
    Â»Wieso soll eigentlich ich dich fragen? Du hättest mich ja auch fragen können«, hatte Swann erwidert.
    Â»Ich
wollte niemanden unter Druck setzen. Es sind allein meine Probleme, und
da wollte ich jedem die Entscheidung selbst überlassen. Außerdem weiß
ich doch, wie sehr du an der Raumfahrt hängst.«
    Da
hatte Swann lachen müssen. »So ein Quatsch«, hatte er erwidert. »Ich
bin Mathematiker. Für mich ist alles, was irgendwie mit Zahlen
zusammenhängt, eine Herausforderung, die nur darauf wartet, von meinem
unbezwingbaren Geist angenommen und gebändigt zu werden. Ob das nun
Raumschiffe sind oder irgendwas anderes. Die Vorstellung, Roboter mit
Gehirnen zu bauen, hat für mich was Faszinierendes. Ich bastle dir bis
zum Frühstück einen zusammen.« Daraufhin hatten sie sich grinsend die
Hand geschüttelt.
    Während er im Aufzug nach oben fuhr,
dachte Swann daran, wie Graf Waldegg jetzt in seinem Büro saß und
darauf wartete, daß jemand kam und seine Kündigung zurücknahm. Er würde
lange warten können. Für einen kurzen Moment empfand Swann Mitleid,
aber nur für einen kurzen Moment. Als er in den Presseraum kam, winkte
Meikes Sekretärin ihn durch. Nein, sagte sie, er brauche sich nicht
anzumelden. Swann glaubte eine verstohlene Träne in den Augen der
jungen Frau zu sehen. Er fuhr in Meikes Büro und sah ihr einen Moment
lang schweigend dabei zu, wie sie ihre Habseligkeiten in eine Tasche
stopfte. Sie hatte sein Hereinkommen nicht bemerkt und fuhr erschrocken
herum, als er sie fragte, was sie da tue.
    Â»Synchronschwimmen«, sagte sie und starrte ihn an. »Kann man das nicht sehen?«
    Â»Wie man sich täuschen kann! Ich hätte glatt vermutet, du packst.«
    Â»Volltreffer.«
    Â»Hast du selber den Absprung gemacht, oder hast du einen Tritt gekriegt?«
    Â»Selber den Absprung gemacht.«
    Â»Und wo rein?«
    Sie
überging die Frage und knallte mit Schwung eine Schreibtischschublade
zu. Dabei klemmte sie sich um ein Haar einen Finger ein. Sie fluchte
leise.
    Â»Gehst du zurück nach Genf, zu Infopress?« blieb Swann beharrlich.
    Â»Nein.«
    Â»Bleibst du in München?«
    Â»Weiß ich noch nicht.«
    Das
war etwas Neues für Swann. Normalerweise war er derjenige, der kurz
angebunden war und verbale Hiebe austeilte. Selber einstecken zu müssen
war eine ganz neue, ungewohnte Erfahrung für ihn. Das war nicht die
Meike Beck, die er kannte und liebte.
    Â»Was willst du tun?«
    Â»Das, was ich schon längst hätte tun sollen«, sagte sie und ging an ihm vorbei zur Tür. »Mein Buch schreiben.«
    Â»Ah! Den Großen Schweizer Roman«, frotzelte er grinsend. »Endlich! Gott steh uns bei!«
    Aber
ihr war nicht nach Frotzeleien zumute. Sie ignorierte seine Bemerkung
und ging weiter. »Ich