Mission Eureka
so
lässig mit einer Hand am Steuer die Serpentinen hinauffuhr, hätte man
meinen können, sie nehme ihn zu einem Picknick mit. »Oder meinst du,
ich würde tatenlos mit ansehen, wie das Leben von einer weiteren
Besatzung aufs Spiel gesetzt wird?«
»Ach, Thomas, was bist du doch für ein Kind.«
Altenburg
spürte, wie die Wut in ihm hochzusteigen begann. Schon wieder dieses
überlegene, besserwisserische Gehabe. Letzte Nacht, als er sich seinen
Schmerz bei ihr von der Seele geredet hatte, da hatte sie ihn Kind
genannt. Und jetzt nannte sie ihn schon wieder so. Er hatte es satt,
von ihr wie ein Kind behandelt zu werden. Er sah hinauf zu den Bergen.
»Wenn du willst, daà wir uns trennen, dann machst du's mir nicht allzu
schwer«, sagte er.
Sie erwiderte nichts, was er als Zustimmung interpretierte.
Sie fuhren schweigend dahin. SchlieÃlich bog sie am Ende einer langen Kurve von der StraÃe ab und sagte: »Wir sind da.«
Altenburg
hatte gewuÃt, was ihn erwartete. Er hatte ein Foto von Schloà Waldegg
gesehen. Es hing im Wohnzimmer des Appartements in Rom. Aber die
Wirklichkeit stellte es weit in den Schatten. Der Anblick, der sich ihm
bot, war groÃartig: ein dreistöckiges, mit roten Türmen bewehrtes
Schloà auf dem Gipfel eines Berges, umgeben von dichtem
Tannenwald â der Sommersitz der Waldeggs.
»Leo
erwartet dich«, sagte Giovanna, als sie vor dem Hauptportal vorfuhr.
Altenburg stieg aus und streckte sich. Vielleicht nahm Waldegg an, daÃ
er sich von einem solchen Ort einschüchtern lieÃe. Wenn er das dachte,
dann würde er ihn enttäuschen müssen.
Giovanna führte
ihn hinein. Der Duft von Harz hing in der Luft, drauÃen wie drinnen;
die Wände der Vorhalle waren mit Tannenholz getäfelt, das riesige
Treppenhaus ganz in Mahagoni gehalten. Der Boden war aus Marmor. Die
Stimme des Gastgebers hallte wie ein Echo durch das Treppenhaus, als er
Altenburg aus einer Tür zur Linken entgegentrat und ihn mit weit
ausgebreiteten Armen und wie immer strahlendem Lächeln begrüÃte: »Mein
lieber Thomas! Was für eine Freude!«
»Schön, wenn Sie es so sehen«, erwiderte Altenburg.
»O
ja, aber natürlich.« Waldegg schüttelte ihm die Hand und führte ihn die
Treppe hinauf, einen Gang entlang und durch eine groÃe Flügeltür hinaus
auf die Terrasse. Altenburg muÃte an die Terrasse in Rom denken. Der
Mann schien ein Faible für Terrassen zu haben. Waldegg nahm einen
Cocktailshaker von einem schmiedeeisernen Tisch und schenkte Martinis
ein â nur zwei Gläser: Giovanna war nicht mit auf die Terrasse
gekommen. »Es tut mir nur leid, daà Giovanna Sie nicht schon vorher mal
überreden konnte, hier heraufzukommen«, sagte er, als er Altenburg den
Drink reichte. »Ist es nicht ein wunderschöner Tag?«
Aber
Altenburg war nicht danach zumute, Artigkeiten auszutauschen. »Gaben
Sie die Anweisung für den Start von Marco Polo?« kam er direkt zur
Sache.
»Mein lieber Freund.« Waldegg zog die Brauen
hoch und schaute Altenburg mit einem Ausdruck von MiÃbilligung an. »In
einer Art Notlage, meine ich«, fügte Altenburg hinzu, Waldegg den
Strick hinhaltend, an dem er sich aufhängen sollte. Aber Waldegg zuckte
lediglich die Achseln.
»Ich habe nicht die Befugnis, eine solche Anweisung zu geben«, erwiderte er.
»Aber Sie stehen hinter dieser Anweisung.«
»Ich ⦠sprach mit Petrinelli.«
»Sie drohten ihm â¦Â«
Waldegg
nippte an seinem Martini und lächelte. »Ich wies ihn lediglich darauf
hin, daà ich keine weiteren Mittel hätte, um sie in das Projekt zu
stecken, falls Palladio nicht schnellstens korrigiert würde. Das ist
keine Drohung â es ist eine Tatsache.« Er streckte den Arm aus und
klopfte Altenburg väterlich auf die Schulter. »Und jetzt beruhigen Sie
sich â¦Â«
Wieder dieses überlegene, bevormundende Gehabe. Als ob er ein Kind wäre.
»Sie wissen, was mit der Mannschaft von Magellan I passiert ist?«
Waldegg
zuckte die Achseln. »Sie müssen diese Männer vergessen, Thomas. Wissen
Sie, wie viele Leute Jahr für Jahr auf den StraÃen Deutschlands
umkommen?« Irrelevant, vollkommen irrelevant, wollte Altenburg
erwidern, aber er würde die Antwort so oder so bekommen. »Tausende.«
Und Altenburg vollendete den Satz für ihn. »Was macht es also aus, daÃ
vier
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