Mission Herodes - Die vier Reiche (German Edition)
Nachgestanden hatte, denn seit nunmehr fünf Jahren regierte der Feuerbart Thule und auch Borkenland, letzteres zumindest in der Theorie, denn die lokalen Fürsten hatten die Oberhoheit Thules nie recht akzeptieren wollen und mehr als einmal war sein Vater in den Krieg gezogen, um seine Ansprüche sicherzustellen.
»Kanzler«, bellte Keleb, mehr feststellend als grüßend, den schon seit einiger Zeit in einer Verneigung Verharrenden an und musterte ihn abschätzig. Schwerer, golddurchwirkter Brokat, ein blütenweißes Hemd mit gesteiftem Kragen, darüber trotz der spätsommerlichen Wärme ein edler Pelzüberwurf – auch wenn man einen solchen in den ewig kühlen Hallen Dornruhes schon rechtfertigen konnte –, dazu Handschuhe und Stiefel aus gebürstetem Leder und, um jeden möglichen Zweifel, mit wem man es hier zu tun hatte, zu beseitigen, die schwere Amtskette mit den Siegelmünzen der Grafschaften und Fürstentümer Thules. Keleb sah kurz an sich selbst herab und kam säuerlich zu dem Schluss, dass ein Unkundiger sich eher vor Gordred als dem vermutlichen Herrscher denn vor ihm verneigen würde.
»Eure Majestät! Meine ehrerbietigsten Grüße und darf ich wohl meiner Hoffnung Ausdruck verleihen, Ihr möget bei bester Gesundheit und sonniger Laune sein?«
»Es geht«, knurrte Keleb mühsam und fügte nach einer kleinen Weile ein knirschendes »Danke« an. Gegen Höflichkeit, und sei sie auch noch so geheuchelt, ist nun mal kein Kraut gewachsen. Aber Gordred salbaderte schon weiter. »Das zu hören erfreut mein Herz, obgleich ich natürlich besorgt bin wegen der Unpässlichkeit Großmeister Wenduuls?« Sprach´s und lächelte ein Lächeln mit Zähnen, die womöglich noch weißer als sein Brusthemd waren. Keleb war wirklich ein wenig übel.
»Ihr sorgt Euch um den Erzmagier? Das ist eine ehrliche Überraschung und ich bin sicher, wenn ich ihm das erzähle, wird es ihm augenblicklich besser gehen.« Mit einem bösen Grinsen sah der König seinen Kanzler lauernd an, aber noch war Gordred nicht nennenswert beschädigt.
Tatsächlich schien sich das verbindliche Lachen auf seinem Gesicht noch zu verbreitern, als er antwortete. »Köstlich, ganz köstlich. Ganz der Humor des Vaters, wenn Ihr mir die Bemerkung gestatten wollt, Sire. Tatsächlich sorge ich mich vor allem um den nahenden Middaag, die jährliche Kronaudienz. Die Seneschalle der Ritterstifte Framen, Katter und Nissel haben sich avisieren lassen. Desgleichen die Herzöge von Bresswang und Bromdaal, der Graf von Tesslohe und verschiedene Provinzialmagister. Da dies in meinen Verantwortungsbereich als Euer untertänigster Haushofmeister fällt, darf ich fragen, ob Seine Exzellenz, der Erzmagier, auch zugegen sein wird?«
Du hinterlistiges Aas, dachte Keleb erschrocken, bemüht nichts davon nach außen zu zeigen, was ihm aufgrund seines starken Bartwuchses auch passabel gelang. Laut sagte er: »Wenn der Großmeister das möchte, wird er es sicherlich tun. Sonst noch etwas, Kanzler?«
Doch Gordred gab sich verwirrt. »Ist es denn nicht der Wunsch Eurer Majestät, dass der Erzmagier als zweite Säule der Macht anwesend sein möge, wo doch schon Legat Egwynn von Dornruhe verhindert ist?«, ätzte er, unnachgiebig zäh.
Natürlich. Egwynn weilt in Lichtmark. Verdammte Sache, das. Wo habe ich nur meinen Kopf, dachte Keleb wütend auf sich selbst. Zwei der drei Mächte nicht bei der Kronaudienz? Das ist nicht gut. Alles diente nur einem Zweck: Zu zeigen, dass der Einfluss des Legatentums und die Machtfülle des Magierzirkels hinter dem Thron standen! Drei Säulen, die Thules Autorität stützten. Gemeinsam waren sie unüberwindlich und genau diese Stärke konnte er nun nicht demonstrieren.
Gordred war es leicht möglich, die Gedankengänge des Königs zu durchschauen. Nur zur Sicherheit setzte er noch einmal nach: »Ich sollte Eure Majestät nicht damit behelligen. Bitte verzeiht. Euer Einverständnis vorausgesetzt, werde ich Seine Gnaden selbst aufsuchen und um Auskunft bitten«, meinte er zuvorkommend und schickte sich zum Abschied an.
»Zum Donnerwetter! Einen Hundsfott werdet Ihr tun, Kanzler!«, fuhr Keleb auf; und bereute es augenblicklich. Da nun aber nichts mehr rückgängig zu machen war, erhob er sich und brüllte weiter: »Der Großmeister wird kommen, falls er es wünscht und wenn er bei Gesundheit ist. Ihr werdet ihn nicht belästigen, denn er ist übellaunig und in solcher Verfassung schützt Euch vermutlich auch Euer Rang nicht. Habt Ihr
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