Mission Herodes - Die vier Reiche (German Edition)
finsteren Ecken, wildem Getier gleich, in einer nicht enden wollenden Nacht.
Flüsternd sprach der Magier ein Wort der Macht, ein winziger Zauber; umsichtig und nach wie vor dem Bemühen geschuldet, eine Entdeckung zu vermeiden, schickte er es als kleine schwebende Flamme voraus und hieß es gleich darauf, zu verlöschen, denn zu furchtbar war, was es aus der Dunkelheit schälte.
Aber Wenduul hatte gefunden, wonach er suchte. Der Gang mündete in eine kreisrunde Halle, auf welche wiederum viele andere Gänge sternförmig zuliefen und in deren Mitte eine steinerne Wendeltreppe sich nach unten bog. Dort unten lauerte etwas, das in seiner Bösartigkeit alles übertraf und er erkannte es wieder.
Beim Wanderer! Dort willst du hin?
Nein, ich will nicht. Ich will es weniger als alles andere, aber habe ich eine Wahl?
Langsam hinunter, Schritt für Schritt, auf glitschigen Stufen, während die Kälte um sie herum zunahm, bis selbst sein Geist zu frieren begann und eine Müdigkeit ihn erfüllte, die Tod statt Schlaf in sich trug. Aber dann berührten seine nackten Zehen etwas Weiches und ein warmer Windzug legte sich schützend um ihn, wie ein Mantel aus guter Wolle. Grünes Gras bedeckte die Stufen, wuchs an den Wänden empor. Laub rieselte, getragen von lauen Lüften, sanft hernieder, Abscheuliches bedeckend; und ein Strahl goldenen Lichts vertrieb die Angst, die in dunklen Schwaden den steinernen Niedergang herauf quoll, so wie die Sonne den Morgennebel durchbricht.
Du bist manchmal durchaus zu gebrauchen.
Es ist, was ich tun kann und es wird nicht reichen. Ihr Menschen habt immer eine Wahl, also wähle eine andere Zeit für diese Begegnung, denn es ist womöglich nicht dein Kampf.
Wir werden sehen, doch ich danke dir für deine Sorge.
Ich sorge mich nicht um dich, eitler Narr, der du bist. Ich sorge mich um das Kind!
Es war nicht mehr weit, er konnte es sicher spüren. Dort unten, wenige Windungen entfernt, wartete der Ursprung, der Auslöser seiner Ahnungen, über die er so viele Stundengläser denkend verbracht hatte, in seinem Turm, in Thule, in einer anderen Zeit, einem anderen Leben. So weit entfernt schien ihm dies auf einmal, nur mehr wie eine Erinnerung, verblassend, unbedeutend, unwichtig. Überwältigende Müdigkeit ergriff erneut Besitz von ihm, und obwohl doch sein Körper nicht bei ihm war, spürte er die Schwere seiner Glieder bleiern. Nur einen Moment innehalten. Einen Moment nur.
Reiß dich gefälligst zusammen! Mach es ihm nicht zu einfach!
Mächtig klang die Stimme des Baumgeistes und zerriss die Schleier der Täuschung, die um ihn gewoben wurden, noch einmal. Nur ein Stück noch. Ein kleines Stück Weg nur. Abwärts. Doch dann kamen sie. Nacheinander schritten sie die Treppe herauf, sich ihm entgegen zu stellen. Bleiche Gestalten, fahle Hände, die gierig nach ihm griffen, ihn zu einem der ihren zu machen. Die Opfer Wadims traten an, ihm den Weg zu versperren und ihr erlittenes Leid sog und zerrte an seinen Kräften, denn so verhielt es sich mit der lichten Magie, dass das Gute sie nährt, während Böses an ihr nagt. Um ihn herum, durch ihn hindurch, in ihm selbst waren sie nun, hielten ihn fest und fast schon war er ein Teil von ihnen. Als er der Meinung war, dem Wahnsinn schon nicht mehr widerstehen zu können, erfuhr jener nochmals eine Steigerung. Klein waren sie nun, die ihm da aus dem Dunkel des Abstiegs entgegenkamen und vier waren es an der Zahl. Es waren die Kinder, die ihr junges Leben verloren hatten und als er die Bissspuren in den zarten Körpern sah, drohte sein Verstand zu zerbersten, wie ein Festungstor unter einem Rammbock bricht.
Zaubere, Zauberer, oder dein Weg endet hier!
Nein. Es ist noch zu früh.
Es wird zu spät sein. Längst schon haben sie dich erkannt.
Das kannst du nicht wissen.
Was glaubst du einfältiger Mensch, was hier passiert?
Ich will nicht.
Wille! Der eitle Tand der Menschen. Sie werden ihn dir nehmen, zusammen mit allem anderen.
So hilf doch!
Das werde ich. Ich werde helfen. Du bist auf dich allein gestellt.
Was hast du vor? Wargrim?
Du bist Wenduul von Thule, der Geistgreifer. Erkenne dich selbst!
Und dann schwieg die Stimme des Baumgeistes.
Fast am anderen Ende von Bacholder, im Verlies des Sitzes des Provostes, hob Bero kurz den Kopf. Der Stab des Magiers war dessen Griff entglitten und von seinem Schoß gerollt. Ohne dem Bedeutung beizumessen, langte Bero nach ihm und lehnte ihn neben sich. Als er sich wieder dem Magier zuwandte, war
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