Mission Herodes - Die vier Reiche (German Edition)
er sich herabsinken ließ. Mit dem Rücken angelehnt, kam er sitzend zur Ruhe. Mit der Hand signalisierte er Bero Beruhigung – und die Aufforderung, es ihm gleich zu tun. Gehorsam nahm Bero Platz und sah den Magier fragend an. »Nur eine Unachtsamkeit. Ich wurde überrascht.« Bero sah ihn mit einem Blick an, der sehr dem eines Mannes ähnelte, der dem Niederbrennen seines Hauses zusieht, ohne einen Tropfen Wasser zur Hand zu haben. »Überrascht? Von wem? Wobei?« fragte er verstört, erhielt aber nur eine Aufforderung als Antwort. »Achte auf meinen Körper, Bero Tattwinger.«
Das ist nicht ohne Gefahr, was du da tust.
Ich werde vorsichtig sein. Wir müssen endlich wissen, mit wem wir es zu tun haben.
Tausende von Menschen leben hier. Es ist ein Chaos an Gedanken und Empfindungen. Du wirst dich verirren, ganz zu schweigen davon, dass du etwas finden kannst.
Und eben genau da, mein schlauer Freund, irrst du. Sie selbst haben es mir ermöglicht. Niemand in dieser Stadt ist von diesem Verbrechen unbeeindruckt geblieben, außer...?
Jene, die es begangen haben! Nicht schlecht, Magier, wirklich nicht schlecht.
Mit ihrer Bluttat haben sie es ermöglicht. Und für ihre Bluttat werden sie nun büßen.
»Ist es erlaubt zu fragen, was genau du vorhast? Es könnte mir helfen, zu wissen, auf was ich achten soll«, wagte Bero noch einen Vorstoß. »Nicht jetzt!«, beschied Wenduul. Dann schickte er seinen Geist erneut aus, denn er hatte noch etwas spüren können in diesem Meer von Angst, so, wie ein Schiff in einem nächtlichen Sturm, windumtost geschüttelt, ein fernes Leuchtfeuer wahrnehmen mag. Schwarzes Feuer.
Behutsam vermied er den Kontakt mit den Seelen jener Väter und Mütter, die des Liebsten beraubt waren, wie der hölzerne Bug das spitze Riff meidet, denn jene Verzweifelten waren wie dunkle Strudel und saugten und zerrten an allem, was sich in ihre Nähe begab, um es mit sich in die Qual hinab zu reißen. Schreckliche Bilder zogen an seinem inneren Auge vorbei, denn niemand in Bacholder war unberührt geblieben vom Geschehenen.
Er ließ sie passieren, vermied, sich von ihnen ablenken zu lassen, legte seine geistige Präsenz wie ein unsichtbares Netz über die Stadt. Und dann hatte er gefunden, wonach er suchte. Starke Gefühle waberten da, lustgesättigte Zufriedenheit und trunkene Ekstase. Zwei Bewusstseine waren es und beide räkelten sich wie die aufgewärmten Leiber von Schlangen in der Sonne. In ihnen aber tobte der Wahnsinn mit unverminderter Stärke. So behutsam wie möglich bahnte sich Wenduul einen Weg durch diesen Sumpf von Empfindungen. Unwillkürlich keuchte er, als die ersten bildhaften Eindrücke vor seinem inneren Auge entstanden, seine zu Krallen verkrampften Finger umklammerten den Stab Wargrim. Besorgt beugte sich Bero zu dem Bebenden. Es fiel ihm, dem kampferprobten Feldwebel, einem Mann der Tat, nicht leicht, hier etwas beizuwohnen, von dem er nichts verstand und an dem er wenig ändern konnte. Mit der freien Hand wischte er den in Strömen fließenden Schweiß von der Schreckensmaske, zu der Wenduuls Gesicht geworden war, zwang sich zur Geduld und versuchte, der aufsteigenden Furcht zu begegnen.
Jener aber war eingedrungen in den verwirrten Geist Wadims, durch dunkle Vorhöfe in noch dunklere, dahinter liegende Kammern und Gänge aus grauem, zerfallenden Stein, und Wirrnis tobte um ihn her. Begierden verlangten nach mehr, Sehnsüchte schrillten nach Befriedigung, rangen miteinander und gegen die kümmerlichen Reste mahnender Anständigkeit, und es war ein Toben und Heulen gequälter Fragmente, in die die Seele Wadims zerfallen war.
Und dabei ist er gerade ruhig , flüsterte Wargrims Stimme, du musst dich eilen. Was suchen wir?
Spürst du nicht die wirkenden Kräfte? Wie könnte dieses Monster so stark sein? Wir suchen die lenkende Kraft, den Ausgangspunkt. Dieses ... Ding ist nur eine Marionette. Ich will die Fäden, an denen diese Kreatur hängt. Ich will den Puppenspieler, dachte Wenduul angestrengt und stemmte sich gegen den Wahnsinn.
Und was, wenn du ihn findest, alter Mann?
Wenduul antwortete nicht. Zu sehr trafen die Worte Wargrims auf seine eigenen Befürchtungen, nährten seine Zweifel, drohten ihn aufzuhalten. Schweigend kämpfte er sich vorwärts, Schritt für Schritt, wie gegen einen Sturm und ein Sturm war es in der Tat. Die Wünsche Wadims umtosten den Verstand des Magiers, wie mächtige Winde die Mauern einer Feste, während seine Ängste ihn ansprangen, aus
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