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Mission Herodes - Die vier Reiche (German Edition)

Mission Herodes - Die vier Reiche (German Edition)

Titel: Mission Herodes - Die vier Reiche (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick R.Ullrich
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Bericht. Sagt ihm ...«, begann er und verstummte noch einmal, aber der Stolz gewann die Oberhand. »Sagt ihm, wir haben das Kind.«
    Kurz nur sah er dem Davonreitenden nach, dann rief er einem Rottenführer zu: »Lasst antreten!« Mit Ungeduld wartete er ab, bis die Männer sich sammelten. Der vierte Teil von Hundert waren sie beim Aufbruch gewesen.
    Zwanzig waren übrig. Zwanzig Ritter Araas´ gegen ein Kind!
    »Ihr werdet eure Schneiden umwickeln und nur mit der flachen Seite zuschlagen! Macht die Bolzen stumpf! Sucht nach Netzen, Kisten, Fallen – was immer tauglich erscheinen mag, das Kind zu fangen. Tötet es nicht! Habt ihr mich gehört? Tötet es nicht! Tötet ihr das Kind, werdet ihr sterben. Und es wird nicht der Tod eines Ariers sein. Man wird euch zerreißen und ihr werdet kein Grab erhalten! Man wird eure Frauen töten und eure Kinder, so sie nicht jung genug sind, die Schande ihrer Väter zu vergessen. Der Rest eurer Sippe wird entehrt sein und des Stiftes verwiesen! Also – tötet das Kind nicht! Habt ihr das verstanden?«
    »Jawohl, Oberscharführer.«
    Noch während er sprach, verließ das Feuer Njörndaal. Jede Flamme der erlöschenden Brände, der glimmenden, in sich zusammengesunkenen Scheiterhaufen und der zerstörten Häuser und Katen; und es eilte dem großen Brand entgegen, sich mit ihm zu vereinen, unter dem Willen des Kindes. Die Eugenier aber sahen stumm zu und aus ihren Herzen wich jeglicher Mut.
    Als später das Kind kam, hob sich kein Schwertarm und keine Armbrust wurde angelegt. Wie gebannt sahen die Ritter Araas dem Schauspiel und ihrem Untergang entgegen, ohne jeden Versuch der Gegenwehr, ohne einen Gedanken an Flucht, gelähmt. Ein Sturmmann hielt Ariane und er hielt sie, wie jemand seine Liebste halten mag, deren Füße vom Tanz wund, und deren Körper erschöpft ist. Aber die Wunden, durch Folter ihr beigebracht, straften Lügen. Dann aber fiel sie doch, als seine Rüstung erst rot zu glühen begann, einen Augenblick später hellgelb und schließlich an ihm schmolz. Schreiend rollte sich der Sturmmann im rußigen Dreck, bis das flüssige Metall sich in ihn fraß und ihn tötete. Auch jetzt rührte sich keiner der Eugenier, denn eine Furcht, wie sie sie bis dahin nicht gekannt hatten, hielt sie fest im Griff.
    Selbst als das Feuer über sie hereinbrach wie eine Sturmflut, bewegten sie sich nicht und die einzigen Geräusche waren das angsterfüllte Wiehern der Pferde und das Fauchen der Flammen. Und schließlich verstummten auch jene, denn das Feuer des Kindes kannte keinen Unterschied zwischen Schuldigen und Unschuldigen, Opfern und Tätern. Alle Kategorien in denen Menschen zu denken pflegen, zerfielen vor ihm gleichsam zu Asche.
    Nur um Arianes Leichnam bildete es einen Kreis, in respektvollem Abstand, ihn zu schützen. Das Kind aber trat zu der Toten, die für sie ihre Mutter gewesen war. Lange hielt es sich dort auf und jeder Blick auf den geschundenen Körper tötete etwas mehr von dem Kind, das es gewesen war. Als es sich erhob und in Richtung Bacholder ging, waren Liebe und Hoffnung aus seinem Herz verschwunden. Nur mehr Feuer glühte dort und es wurde gespeist von Zorn und Hass.

Aequilibrium
    I m Laufe nur einer Nacht hatte der lange, aussichtslose Kampf des Spätsommers ein jähes Ende gefunden. Stürmisch und kalt, ja winterlich geradezu, gebärdete sich der siegreiche Herbst als wolle er für die Zeit, um die er betrogen wurde, Rache nehmen. Wo am Vortag noch bunt beblätterte Bäume gestanden hatten, grüßten nun kahle, hölzerne Skelette durch neblige Luft und kein Vogel zeigte sich mehr am trüben Himmel. Eine beklemmende Atmosphäre lag über der Stadt, die auch von den in großer Zahl einziehenden Händlern und Bauern, anlässlich des Bacholder Marktes, kaum aufgelockert wurde. Im Gegenteil übertrug sich die niedergedrückte Stimmung auf das reisende Volk der Gaukler, Schausteller und Barden, die, als unverzichtbarer Teil des Marktlebens, nun seltsam fremd am Platze wirkten. Am auffälligsten war das fast völlige Fehlen der Huren, die ihre – ihnen ansonsten eher lästige – Brut plötzlich nicht mehr aus den Augen ließen. Die furchtbaren Kindsmorde hatten auch in ihren Herzen die Fürsorge vor den Geschäftssinn gestellt, und so waren nur jene auf den Straßen unterwegs, denen das Schicksal eine ungewollte Mutterschaft bisher erspart hatte. Kurz gesagt – es war ein Markttag, wie ihn die Bacholderaner noch nicht erlebt hatten.
    Und doch würde sich wohl

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