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Mission Munroe 03 - Die Geisel

Mission Munroe 03 - Die Geisel

Titel: Mission Munroe 03 - Die Geisel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taylor Stevens
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diese Untergrundwelt sich in ein lärmendes Chaos verwandelte.
    Munroe wog die verschiedenen strategischen Möglichkeiten gegeneinander ab und holte Arbens Handy hervor. Sah sich die letzten verwendeten Apps an. Zwischen diversen Spielen fand sie, was sie gesucht hatte. Öffnete sie. Und hatte Neeva gefunden, als kleinen roten Punkt auf einer engmaschigen Karte, entpersonalisiert wie ein Objekt in einem Shooter-Spiel. Fehlte nur noch, dass sie von einem kleinen, schwebenden Dollar-Zeichen begleitet wurde.
    Die Funkpeilung stand, der Adrenalinpegel war immer noch hoch, und Munroe ging in Richtung Ausgang, schlüpfte, wann immer es möglich war, zwischen parkenden Fahrzeugen hindurch, wich den Kameras aus, so gut es ging, bis sie schließlich auf der Straße landete und Neeva – beziehungsweise dem blinkenden roten Punkt – folgte. Sie ging schnell, um Neeva möglichst rasch einzuholen, aber auch nicht zu schnell, um nicht noch mehr Aufmerksamkeit zu erregen, als es ein junger Mann in Baumwollhose und Jackett mit Prellungen im Gesicht und ohne Schuhe ohnehin tat.
    Munroe gelangte zur Ufermauer und folgte ihr in Richtung Hafen, wo auf engstem Raum die teuersten schwimmenden Immobilien dieser Welt versammelt waren. Erst als sie von Weitem Neevas Kostüm erblickte und nicht mehr auf das digitale Auge angewiesen war, verlangsamte sie ihre Schritte.
    Um diese Uhrzeit waren zwar schon viele Autos, aber nur wenige Fußgänger unterwegs. Daher fiel ihr nicht nur Neeva auf, sondern auch der Mann, der fünfzig Meter vor ihr auf der Ufermauer saß. In dem Abschnitt, in dem Munroe laut Lumanis letzter SMS das Päckchen übergeben sollte.
    Neeva war, wie verabredet, langsam gegangen und schlenderte selbst jetzt noch sehr beiläufig die Promenade entlang, blieb immer wieder stehen und blickte auf das Meer hinaus, als gehörte sie zu denen, die ganz in der Nähe ein Apartment bewohnten oder eine Jacht ihr Eigen nannten. Der Mann auf der Mauer, der den Kopf langsam immer wieder in beide Richtungen der Promenade gedreht hatte, erblickte das Kostüm und starrte Neeva an.
    Sie ging weiter, ohne es zu bemerken.
    Der Mann war im mittleren Alter. Weich. Unsicher. Verängstigt.
    Noch eine Schachfigur.
    Munroe beschleunigte ihre Schritte. Beobachtete Balkone und vorbeifahrende Autos. Verkürzte den Abstand zu Neeva und ließ dann wieder etwas mehr Abstand. Sie wusste nicht, wo Lumani sich versteckte, aber es musste irgendwo westlich des Meerufers sein, weshalb die immer noch aufgehende Sonne gegen ihn arbeitete.
    Sie beobachtete jede Einzelheit, zählte die Sekunden und riskierte es, in die Übergabezone einzudringen und in Lumanis Fadenkreuz zu geraten.
    Sie musste den Klienten sehen. Sich sein Gesicht einprägen.
    Er würde da sein.
    Irgendwo.
    Ein Mann, der all das in Gang gesetzt hatte, konnte nicht zulassen, dass der Schlussakkord ohne ihn stattfand. Er würde dabei sein wollen, beobachten, sich in seiner Genialität suhlen, sich daran weiden, dass er trotz des Risikos seine Beute bekommen und selbst ohne jeden Kratzer entkommen würde, weil er andere dazu auserkoren hatte, die Konsequenzen zu tragen.
    Neeva ging weiter. Wenn Munroe sie nicht bald aufhielt, würde sie den Mann auf der Mauer erreichen und in die Falle tappen. Munroe beschleunigte ihre Schritte, um die Lücke zu schließen, und dann, getroffen von einer plötzlichen Erkenntnis, zögerte sie.
    Er war hier.
    Das Ziel ihres Sehnens, in Seglerschuhen und Sweatshirt, gepflegt und lässig, näherte sich auf einem anderen Pfad der Promenade. Er führte einen kleinen Hund an der Leine und ging in Neevas Richtung, sodass er, wenn er wollte, ihren Weg kreuzen konnte. Der Mann auf der Mauer erhob sich ein wenig, als er ihn sah, nur um sich – als hätte er seinen Fauxpas bemerkt, als sei ihm klar geworden, dass er genauso gut mit dem Finger auf seinen Herrn und Meister hätte zeigen können – sofort wieder zu setzen und seine ganze Aufmerksamkeit auf Neeva zu richten.
    Der Mann mit dem Hund sah nicht besonders auffällig aus: Anfang fünfzig vielleicht, durchschnittlich groß und durchtrainiert, wie viele wohlhabende Menschen. Glatte blonde oder silbergraue Haare, kurz geschnitten. Sonnengebräunte Haut mit ein paar Sommersprossen. Es war nicht seine Gegenwart, die verriet, wer er war. Es war nicht die Tatsache, dass er einer von wenigen Spaziergängern auf der Uferpromenade war, und auch nicht, dass er Neeva mit einem neugierigen Lächeln ansah, wie es wohl jeder getan hätte.

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