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Mission Munroe - Die Touristin: Thriller (German Edition)

Mission Munroe - Die Touristin: Thriller (German Edition)

Titel: Mission Munroe - Die Touristin: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taylor Stevens
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ist es ihnen also egal?«
    »Ganz und gar nicht. Aber was sollen sie machen?«
    »Sie nach Hause holen? Sie bei Verwandten unterbringen? Ihr kein Geld mehr geben?«
    »Sie weigert sich, nach Hause zu gehen, sie lebt sowieso schon bei Freunden ihrer Eltern, und wenn sie ihr kein Geld mehr geben, würde sie andere Mittel und Wege finden, um zurechtzukommen.« Andreas zuckte mit den Schultern. »Letztendlich gibt ihr Vater immer nach. So eine Art emotionale Erpressung, schätze ich.«
    Beim Mittagessen wiederholte Beyard sein Angebot. Für den Fall, dass sie für ihn arbeitete, würde er ihre Lebenshaltungskosten übernehmen, ihr jede fernschulische Ausbildung ermöglichen, die sie haben wollte, und sie außerdem prozentual an jedem Geschäft beteiligen. Sie gab ihm nicht gleich eine Antwort, sondern wollte darüber nachdenken. Er sollte sich am nächsten Tag wieder bei ihr melden. Als er das tat, erfuhr er, dass sie aus Kribi abgereist war.
    Es dauerte ein paar Tage, dann hatte er sie in Douala aufgespürt. Aber selbst jetzt entschuldigte sie sich mit keinem Wort, sie sagte lediglich, dass sie den Job annehmen wollte, allerdings nur gegen eine höhere prozentuale Beteiligung. Als er zögerte, zuckte sie mit den Schultern, wandte sich zum Gehen, und er gab nach.
    Er ließ sie in sein Strandhaus einziehen, machte ihr keinerlei Vorschriften, und wenn wenig zu tun war, bekam er sie nur selten zu Gesicht. Bei der Arbeit hingegen wich sie nicht von seiner Seite, eine stumme Partnerin mit der Gabe, sehr genau zu beobachten, und mit sprachlichen Fähigkeiten, die ein Vielfaches des Anteils wert waren, den er ihr zugesagt hatte.
    In den Stunden danach, wenn der Druck gewichen und das Geld sicher verstaut war, saßen sie zusammen, redeten und tranken bis tief in die Nacht. Er brachte ihr das Schachspielen bei, sie faszinierte ihn mit ihren Ausführungen über die verschiedenen Kulturen, zwischen denen sie lebten. Er brachte ihr guten Wein und klassische Musik nahe, sie erzählte ihm lokale Legenden und verstrickte ihn in theologische Diskussionen, die oft genug zu philosophischen Gesprächen wurden.
    Es dauerte fast ein Jahr, bis er erfuhr, dass sie ihn hinters Licht geführt, ihn schon Monate vor ihrer ersten Begegnung ausspioniert hatte, indem sie sich Informationen besorgt hatte, von deren Existenz er nicht einmal etwas geahnt hatte. Sie hatte ihn analysiert, hatte begriffen, was ihn antrieb, was ihn reizte, und dann hatte sie Andreas benutzt, nicht etwa, um ihren Eltern eins auszuwischen, sondern um in seine Nähe zu gelangen. Sie wusste, dass die Brüder reden würden, und fütterte sie mit ganz bestimmten Gedanken und Geschichten, die seine Neugier wecken sollten. Sie wusste, dass er nach ihr suchen würde, und als es so weit war, köderte sie ihn mit der einen Begabung, die ihm fehlte und der er nicht widerstehen konnte. Schlussendlich hatte sie genau das bekommen, was sie gewollt hatte: Emanzipation vom Elternhaus und eigenes Geld.
    Damals hatte er gelacht. In gewisser, wenn auch etwas perverser Hinsicht hatte es ihm gefallen, dass er, der vollendete Stratege, ausgetrickst worden war. Doch noch am selben Abend fing er an, sie mit anderen Augen zu sehen, als gleichwertiges Gegenüber. Er erkannte, dass sie nicht mehr der schlaksige Teenager war, den er zu sich ins Team geholt hatte. Ihr Körper und ihr Gesicht gehörten nicht länger einem merkwürdigen Mädchen, sondern einer wunderschönen Frau, und mit dieser Erkenntnis kam auch das Verlangen, sie zu besitzen. Nein, das kam eigentlich erst später. In Wirklichkeit wollte er sie in diesem Augenblick einfach nur vögeln, erst danach wollte er sie besitzen, ihren Körper ebenso wie ihren Geist.
    Sie war auf der Couch eingeschlafen. Ihre langen Beine ragten unter der dünnen Decke hervor, und er hatte sich vor sie gekniet und sie im Schlaf beobachtet. Er war ihr so nahe, dass er ihren Atem auf seiner Wange spüren konnte – er hätte sie nehmen können. Er streckte die Hand aus, wollte sie berühren, doch dann zog er sie wieder zurück. Das war eine bewusste, eine strategische Entscheidung gewesen, die nichts mit Güte oder Moral zu tun hatte. Er lebte nach seinen eigenen Regeln und nahm sich, was er wollte, ob ethisch korrekt oder skrupellos war ihm vollkommen gleichgültig. Er war der, der er war, ohne Vorspiegelung falscher Tatsachen, ohne Ausrede. Er führte ein Leben, in dem Barbarei und Kultur eine untrennbare Verbindung miteinander eingegangen waren. Bis jetzt

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