Mission Munroe - Die Touristin: Thriller (German Edition)
vorhatte, sie würde niemals mit einem Messer auf ihn losgehen, das für Willem gedacht gewesen war.
Ein Beben lief durch das Schiff. Die Maschinen hatten ihre Arbeit aufgenommen, und jetzt pflügten sie durch das Wasser, einem ungewissen Ziel entgegen. In der Stille kamen die Kabinenwände immer näher, beängstigend näher, und Munroe machte das Licht aus und legte sich auf eine der Kojen. Sie holte tief Luft, dann ein zweites und ein drittes Mal, erkämpfte sich wieder Ruhe und Klarheit.
Beyard würde irgendwann zurückkehren, falls er sie nicht verhungern lassen wollte. Ihr blieben noch zwei Tage, bis sie mit Breeden Kontakt aufnehmen musste. Zwei Tage ohne Uhr und ohne jede Möglichkeit, die Zeit abzuschätzen. Ihr blieb nichts anderes übrig, als zu warten.
Das Auf und Ab des Schiffes blieb so konstant wie das Vibrieren der Maschinen. Nach zwei, höchstens drei Stunden nahm sie eine zusätzliche Erschütterung wahr. Schritte im Flur. Sie steckte die Haarbürste in ihren Hosenbund und legte sich wieder auf den Rücken, die Hände hinter dem Kopf verschränkt. Selbst als die Tür aufging, blieb sie liegen.
Beyard stand in der Tür, als Silhouette vor dem Hintergrund der Flurbeleuchtung.
»Sag bloß nicht, dass du diese Kabine speziell für mich reserviert hast«, sagte sie.
»Du bist nicht der erste Gast hier drin, falls du das meinst.«
»Was willst du von mir, Francisco?«
»Ich weiß es noch nicht«, erwiderte er. »Aber bis dahin will ich absolut sichergehen, dass du bleibst, wo du bist. Und ich habe mein Versprechen gehalten: Ich habe dich von der Insel weggebracht.«
Sie musterte ihn genau, beobachtete seine Haltung, analysierte seinen Tonfall. »Wo sollte ich denn hingehen? Wir sind doch mitten auf dem Meer.«
Sie setzte sich auf. Er spannte die Muskeln.
»Ich habe keine Angst vor dir, Francisco, und ich habe keinen Grund, wegzulaufen.«
»Es wäre nicht das erste Mal«, erwiderte er. Seine Stimme klang weich, melancholisch. »Woher soll ich wissen, dass du dir nicht in der Nacht eines der Schnellboote schnappst?«
»Das stimmt«, sagte sie und stand auf. Seine Augen lagen im Schatten und waren nicht zu erkennen, weshalb sie anhand seiner kaum wahrnehmbaren Reaktionen abschätzen musste, wie schnell sie sich bewegen konnte, ohne ihn in Alarmbereitschaft zu versetzen. »Aber warum sollte ich das tun, wo du doch versprochen hast, mir zu helfen? Ich will schließlich nicht bloß aufs Festland. Wenn wir dort sind, brauche ich dein Wissen, deine Erfahrung.«
»Ich habe aber gar kein Interesse daran, mein Wissen zu teilen.«
Sie trat einen Schritt auf ihn zu. »Ich wollte dich eigentlich sehr gut bezahlen, aber Geld scheint dich offensichtlich nicht mehr zu reizen.« Noch ein Schritt, beiläufig, gemächlich.
Sie gestikulierte wild und übertrieben, unterstrich damit ihre Worte. »Ich muss nach Mongomo und würde mich sehr freuen, wenn du mich begleitest. Sag mir einfach, was du willst – egal was es ist, ich werd schon eine Möglichkeit finden, es dir zu besorgen.« Jetzt konnte sie ihn beinahe berühren.
»Ich habe zwei Monate lang nach dir gesucht«, erwiderte er. »Ich hatte keine Ahnung, was mit dir los war, ob du tot warst oder entführt oder einfach verschollen.« Er verstummte allmählich, dann hob er ruckartig den Kopf. Seine Augen waren dunkel und voller Wut. »Zwei Monate, Vanessa. Hast du überhaupt eine Vorstellung davon, welche Hölle ich durchgemacht habe?«
Sanft streckte sie die Hand aus, und in dem Moment, als ihre warmen Finger seinen Unterarm berührten, rammte sie ihm die Faust ans Kinn. Er wurde von der Wucht des Aufpralls rückwärts geschleudert, und sie folgte ihm, landete einen zweiten und einen dritten Treffer, drückte ihn gegen die Wand.
Er hielt sich das Kinn und schüttelte den Kopf, die Augen weit aufgerissen. Aus dem Mundwinkel tropfte Blut und färbte seine Finger rot. Bevor er reagieren konnte, stand sie vor ihm und riss die Haarbürste auseinander, hielt ihm die Klinge dicht vors Gesicht. »Ich hätte dich umbringen können«, sagte sie. »Vergiss das nie.« Sie steckte die Teile wieder zusammen und ließ die Bürste auf den Fußboden fallen.
Dann lockerte sie ihre Haltung ein wenig und senkte die Stimme. »Ich meine es ernst, Francisco. Ich muss nach Mongomo, und außer dir wüsste ich niemanden, der dieses verschlafene Höllennest besser kennt als ich. Jetzt, wo ich dich gefunden habe, gehe ich garantiert nicht wieder weg.«
Stille senkte sich über den
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