Mission Sphinx: Thriller
völlig frei und ungebunden.
Professor Stern hat gesagt, daß hier in Sakkara noch ein paar abschließende Arbeiten erledigt werden müssen, bevor die Ausgrabung den Ägyptern übergeben werden kann, also habe ich mich mit ein paar anderen freiwillig gemeldet, dabei zu helfen. Dann habe ich heute abend noch ein Angebot bekommen, an einer Wüstenexpedition teilzunehmen, vielleicht bleibe ich also noch eine Weile und versuche sogar, die Sprache etwas besser zu lernen. Außerdem hat Amerika seine Neutralität erklärt. Wir haben also mit diesem Krieg nichts zu tun.«
»Sei froh. Laß uns hoffen, daß das alles bald vorbei ist. Aber es scheint irgendwie, als wäre die ganze Welt verrückt geworden.«
»Wie meinst du das?«
»Auf gewisse Weise hat der Krieg seine Fühler schon bis nach Ägypten ausgestreckt. Es geht das Gerücht um, die Briten hätten ein deutsches Funkgerät ausgegraben, das in einem Feld an der Straße zu den Pyramiden versteckt worden war. Es scheint, als wären die Spione in Kairo schon an der Arbeit.«
Weaver nickte. »Ich kenne das Gerücht. Aber wo ist da ein Zusammenhang?«
»Nachdem wir vor über einer Woche die Kriegserklärung im Radio gehört haben, behauptete einer der Briten in unserer Gruppe doch allen Ernstes, daß Rachel, ich und alle anderen Deutschen im Grabungsteam in Wirklichkeit feindliche Agenten seien und nichts Gutes im Schilde führten. Hast du je solchen Blödsinn gehört? Ich meine, zuerst einmal ist ihre Mutter Jüdin.
Und Professor Stern haßt die Nazis.«
»Und was hältst du von den Nazis, Jack?«
Es war das erste Mal, daß sie über Politik redeten, und Halder war etwas überrascht. »Ich? Ich liebe mein Land, aber du hast wahrscheinlich schon gemerkt, daß ich nicht viel für Hitler übrig habe.«
»Du meinst wegen Polen? Oder was er mit den Juden macht?
Diese ganzen Rassengesetze, die Lager und die Deportationen, von denen wir hören.«
»Beides. Diese Grausamkeiten finde ich abscheulich. Und das geht den meisten Deutschen nicht anders. Du kennst mich lange genug, um zu wissen, daß ich Gesetze, die die Juden ausgrenzen oder sie aus Deutschland vertreiben, niemals gutheißen würde.
Aber das ist nicht das einzige. Hitler ist ein Schreihals, und er hat auch nicht das geringste Quentchen Humor. Das verheißt nichts Gutes.« Halder lächelte schwach. »Außerdem glaube ich, daß er ein arroganter Langweiler ist. Aber was das wichtigste ist, er ist ein Tyrann. Und alle Tyrannen sind am Ende Feiglinge. Und deswegen glaube ich, daß er nachgeben wird, bevor sich die Krise zu weit ausgedehnt hat.«
»Ich kann nur hoffen, daß du recht hast. Aber mußt du wirklich zurück nach Deutschland?«
»Dafür gibt es ein deutsches Wort: Pflicht. Du hast es vielleicht schon einmal von meinem Vater gehört. Aber es bedeutet noch mehr als das. Im Wortschatz der Halders wird es häufig gebraucht. Es ist so eine Art Familienmotto. Das heißt, in gewisser Weise fühle ich mich verpflichtet, den Namen der Familie nicht zu entehren. Ganz gleich, was mein Vater von Hitler hält: Ich glaube nicht, daß er damit leben könnte, den ersten Kriegsdienstverweigerer in der Familiengeschichte zum Sohn zu haben.«
»In dem Falle würde ich mir keine Sorgen darüber machen, was die Briten über euch gesagt haben. Ich habe die Deutschen genau das gleiche zu den Briten und Franzosen sagen hören.«
Weaver lächelte. »Bis jetzt bin ich wahrscheinlich der einzige, über den nichts Schlechtes gesagt worden ist. Das macht mir Sorgen.«
Halder lachte. Weaver betrachtete die Menge und sagte dann in ernsterem Ton: »Da war ein Mann, der Rachel heute abend beobachtet hat, ein Ägypter. Hager, um die Vierzig, trug einen Leinenanzug. Er sah ziemlich finster aus. Ist er dir aufgefallen?«
»Nein, warum?«
Weaver zuckte die Achseln. »Es hat wahrscheinlich nichts zu bedeuten. Vielleicht hat sie einen heimlichen Bewunderer.« Er zögerte. »Weißt du, was mir gerade einfällt? Stell dir vor, Amerika tritt in den Krieg ein, und wir werden dadurch automatisch zu Gegnern. Wie fändest du das?«
»Entsetzlich.« Halder schüttelte entschieden den Kopf. »Aber wir könnten nie Feinde sein, Harry. Niemals. Jedenfalls nicht auf persönlicher Ebene. Ganz gleich, welche Differenzen zwischen unseren Ländern bestehen mögen.«
»Wahrscheinlich hast du recht.« Weaver stellte sein Glas hin und lächelte. »Aber glaubst du, daß wir immer noch so enge Freunde wären, wenn auch nur die geringste Möglichkeit
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