Mission Sphinx: Thriller
seinem Hut und Mantel tropfte das Wasser. Rachel war allein und saß auf einer Pritsche. »Schellenberg hat mir gesagt, wo du untergebracht bist.«
»Was willst du?«
Er nahm den Hut ab, schüttelte das Wasser herunter und lächelte unsicher. »Nicht gerade der warme Gruß, den ich mir an einem solch scheußlichen Abend ersehnt habe. Ich dachte, wir könnten vielleicht in meinem Quartier zusammen zu Abend essen.«
»Da bin ich lieber allein.«
»Rachel, ist das wirklich nötig?«
»Was?«
»Daß du mir die kalte Schulter zeigst. Auch wenn die Situation alles andere als erfreulich ist, können wir doch immer noch Freunde sein, oder?«
Sie wollte aufstehen und sich abwenden, aber Halder hielt sanft ihren Arm. »Haßt du mich wirklich so sehr?«
»Laß mich los!«
Er tat es, und plötzlich sah er müde und verletzlich aus. »Du denkst sicher, daß ich meine Seele an die Nazis verkauft habe.
Aber willst du die Wahrheit hören? Es ist ganz einfach so, daß mein Leben nicht so verlaufen ist, wie ich es mir erhofft habe.
Man wählt den falschen Weg, und bevor man noch richtig begriffen hat, kann man nicht mehr zurück.« Er zögerte. »Ich habe dir das noch nicht erzählt, aber als du nicht geschrieben hast, habe ich eine andere Frau kennengelernt und geheiratet.
Sie war eine gute Frau, sie hatte große Ähnlichkeit mit dir in manchen Dingen.«
Rachel sah ihn ausdruckslos an.
»Sie ist gestorben, nachdem unser Sohn geboren wurde.
Niemand von uns ist von diesem Krieg verschont geblieben, Rachel, wir sind alle Opfer. Vor drei Monaten gab es einen Luftangriff auf Hamburg. Die schlimmste Zerstörung, die einer Stadt je widerfahren ist. Mein Vater ist darin umgekommen, mein Sohn hat überlebt, wenn man das Überleben nennen kann, denn er wird sein Leben als von Narben entstellter Krüppel fristen.«
Ihr Gesicht verfinsterte sich. »Das tut mir furchtbar leid, wirklich.«
»Nun, es ist nicht mehr zu ändern.«
Sie wollte noch etwas sagen, aber dann schien sie ihre Meinung geändert zu haben. Halder drehte sich um, um zu gehen. »Schellenberg wird morgen mitkommen, um deine Tarnung mit dir zu besprechen. Und übermorgen wirst du die anderen treffen.«
»Wer sind sie?«
»Er wird dir sicher alles über sie erzählen. Aber du brauchst nicht mehr zu wissen, als daß sie beide von der SS sind. Ich bin sicher, daß das nach vier Jahren im Lager nicht gerade deine ideale Vorstellung von Reisebegleitern ist. Meine auch nicht.
Aber wir können es nicht ändern. Bis dahin ruhe dich so gut wie möglich aus.«
Sie schwiegen beide. Halder setzte seinen nassen Hut auf, schlug den Mantelkragen hoch und ging. Rachel trat ans Fenster.
Sie hatte Tränen in den Augen, als sie ihm nachsah, wie er zum Schutz gegen den strömenden Regen mit gebeugtem Kopf über den Hof ging. Dann war er fort.
16
Kairo 16. November 21.50 Uhr Es war Sanson, der das Memo fand, als sie schon aufgeben wollten. Es war schon spät am Abend, und sie waren völlig erschöpft. Sie saßen im Lagerhaus in Ezbekiya, in der Nähe der Oper in einem großen Raum im zweiten Stock mit einem Holztisch und ein paar Stühlen. Die Fensterläden waren geschlossen. Auf dem Tisch und auf dem Boden stapelten sich die Dokumente; viele waren vom Feuer angesengt oder zeigten Wasserschäden, andere waren fast völlig zerstört. Die Alliierten hatten die Mitglieder des deutschen Geheimdienstes noch gerade rechtzeitig daran hindern können, all ihre Unterlagen zu verbrennen, als sie Tunis eingenommen hatten. Weaver sah große Blutflecken auf einigen der Dokumente. Jemand hatte wahrscheinlich für die Vernichtung dieser Papiere sein Leben gelassen.
Sanson studierte gerade ein Memo und war plötzlich hellwach. »Ich glaube, hier haben wir etwas.«
Er zeigte Weaver das Blatt Papier. Es war in deutscher Sprache mit Schreibmaschine beschrieben und dem Datum nach neun Monate alt. Es hatte zwar hier und da Brandflecken, aber es war noch leserlich. Der Name Besheeba fiel Weaver sofort ins Auge, und er sah Sanson erwartungsvoll an. »Was steht denn darin?«
»Es scheint sich um ein internes Memo eines Nachrichtenoffiziers der Armee zu handeln, Hauptmann Berger heißt er, und es ist an seinen Kommandanten in Tunis gerichtet.« Sanson gab das Schriftstück einem der Übersetzer, einem jungen Sergeant mit schwarz geränderter Brille. »Eine genaue Übersetzung bitte, Sergeant.«
»Jawohl, Sir. Hier steht: Rommel drängt auf mehr Details: Truppenstärke, Waffen und
Weitere Kostenlose Bücher