Mission Sphinx: Thriller
schließlich seit über zwanzig Jahren im Ruhestand.« Er sah sich weiter im Raum um. »Wußten Sie, daß Greta Garbo im alten Hotel abgestiegen ist? Ganz zu schweigen von Lawrence von Arabien, Winston Churchill und der Hälfte der Gestapo-Spione während des Krieges.«
Ich füllte unsere Gläser und stellte die Flasche zwischen uns.
»Irgendwo habe ich einmal gelesen, daß Rommel nach dem Fall von Tobruk angerufen haben soll, um zu reservieren, weil er geglaubt hat, daß er eine Woche später wieder in Kairo sein würde. Wenn ich mich richtig erinnere, dann ist das alte Shepheards
bei den Unabhängigkeitsaufständen 1952
abgebrannt. Offenbar haben viele Ägypter darin ein Symbol des britischen Imperialismus gesehen.«
»Sie kennen sich in der Geschichte ja gut aus, Carney.«
»Und deswegen stört mich auch etwas. Wenn alles, was ich über Johann Halder herausbekommen habe, wahr ist, und wenn er wirklich all die Jahre gelebt hat, warum hat er sich dann versteckt, warum diese Geheimnistuerei?«
»Nun, dafür könnte es mehrere Gründe geben. Zum einen hatten die Vereinigten Staaten Grund genug, ihn als Verräter zu verhaften. Vielleicht hätten sie ihn sogar gehängt.«
Ich runzelte die Stirn. »Wofür denn? Sicher, Halder war deutscher Staatsbürger, aber wieso soll er ein Verräter gewesen sein?«
»Er war zwar Deutscher, kam jedoch in Amerika zur Welt.
Sein richtiger Name war Johann, aber eigentlich nannte man ihn seit seiner Kindheit Jack. Nur die Deutschen nannten ihn Johann. Jack klang ihnen zu ausländisch. Und sein Verschwinden hatte mit dem Einsatz zu tun, von dem Sie gesprochen haben. Der Einsatz, bei dem er gestorben sein soll.
Das war vielleicht das Gewagteste, was sich die Nazis je haben einfallen lassen. Und es hat hier in Ägypten stattgefunden.«
»Ich verstehe gar nichts.«
»Halder war der Leiter eines Teams, das Präsident Roosevelt und Premierminister Winston Churchill in Kairo ermorden sollte. Der Befehl kam direkt von Adolf Hitler.«
Fassungslos starrte ich ihn an. »Jetzt erstaunen Sie mich wirklich. Ein in Amerika geborener Attentäter wird von Hitler beauftragt, den Präsidenten der USA zu ermorden? Das klingt mehr als gewagt.«
Weaver stellte sein Glas auf den Tisch. »Und dazu noch den wahrscheinlich bedeutendsten amerikanischen Präsidenten, der je gelebt hat. Halders Einsatz sollte das Kriegsgeschehen zugunsten der Nazis beeinflussen. Und es stand eine Menge mehr auf dem Spiel als bei Kennedy in Dallas. Die Zukunft der gesamten freien Welt, nicht weniger als das. Das Ganze sollte im November 1943 stattfinden, als Roosevelt und Churchill an der Konferenz in Kairo teilnahmen, einer der entscheidendsten Konferenzen der Alliierten während des Krieges. Unter anderem waren der Präsident und der Premierminister auch deshalb in Kairo, um hinsichtlich der Operation Overlord, der geplanten Invasion in Europa, zu einer Einigung zu gelangen. Wäre Hitler mit seinem Attentat erfolgreich gewesen, dann hätte das die Alliierten in ein totales Chaos gestürzt, die Invasion hätte nicht stattgefunden, und Deutschland hätte den Krieg gewonnen.«
Weaver hob die Hand. Daumen und Zeigefinger berührten sich fast. »Glauben Sie mir, Carney, sie waren so nah dran. Fast hätten sie es geschafft. Der Gedanke macht mir immer noch angst.«
Ich war sprachlos. »Meinen Sie das ernst? Das soll wirklich passiert sein?«
»Allerdings. Da gibt es nichts zu zweifeln. Und es war meine Aufgabe, Halder aufzuhalten und zu töten. Aber darüber steht nichts in den Geschichtsbüchern, denn es war eine viel zu delikate Angelegenheit.«
Ich sah ihn gespannt an. »Aber ich verstehe das nicht. Selbst wenn ich davon ausgehe, daß Halder überlebt hat, warum sollten Sie ihn dann nach so langer Zeit immer noch suchen? Um ihn doch noch als Verräter zu entlarven? Dafür war es doch wohl etwas zu spät, oder nicht?«
Auf Weavers Gesicht lag nun ein Ausdruck der Trauer. Er sah eine Weile auf den Nil hinaus, bevor er sich wieder mir zuwandte. »Nein, es waren viel persönlichere Gründe«, sagte er leise.
Ich hörte die plötzliche Gefühlsaufwallung in Weavers Stimme. »Nur daß Sie richtig verstehen, Carney. Halder hat tatsächlich den Verlauf der Weltgeschichte beeinflußt.«
»Macht es Ihnen etwas aus, mir zu erzählen, wie Sie das meinen?«
Weaver konnte die Verwirrung in meinem Gesicht nicht entgangen sein, aber er schwieg. Statt dessen sah er aus dem Fenster hinaus, und seine Augen verschleierten sich, als
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