Mission Spyflight
wegzukommen?
Aaro rannte das letzte Stück zum Waldrand, wobei er versuchte, im toten Winkel des Lieferwagens zu bleiben. Er sah, dass der rote Vectra ins Unterholz gefahren worden war, von wo er nicht besonders leicht auf den Weg |121| zurückzubringen wäre. Die Männer hatten offenbar vor, den Pkw im Wald zurückzulassen.
Im selben Moment spürte Aaro einen scharfen Stoß zwischen den Schulterblättern.
Der blonde, schnurrbärtige Mann, den er schon in Tampere gesehen hatte, trat hinter einem Baum hervor. In einer Hand hielt er eine Pistole, in der anderen ein PDA.
»Bist du nicht auf die Idee gekommen, dass dein Handy jedes Mal ein Signal sendet, wenn es eine Sendestation sucht? Es ist überhaupt kein Problem, das anzupeilen, mein Junge. Und ich dachte, die Jugend von heute kennt sich mit moderner Technik aus. Vor allem in Finnland.«
Aaro spürte das Blut in seinen Adern gefrieren. Jetzt war Niko seine einzige Hoffnung. Oder hatten sie auch dessen Handy angepeilt?
Der Mann nahm Aaro das Telefon ab und stieß ihn auf dem Waldweg vor sich her. »Lauf!«
Aaro hatte das Gefühl, als würden ihm seine Beine nicht gehorchen. Und das war nicht nur ein Gefühl, denn er konnte seine Glieder wirklich nicht richtig bewegen, sie waren starr vor Angst. Etwas an der Situation und an der Art des Mannes verriet echte Gefahr.
»Schneller!«, zischte der Mann.
Aaro versuchte, so schnell zu gehen, wie er konnte. Andererseits hatte er nicht die geringste Lust, mit dem Bewaffneten irgendwohin zu gehen. Im Gegenteil, er wollte möglichst schnell von dem Mann weg, und zwar auf der Stelle.
Er hörte bereits das raue Knattern des Dieselmotors |122| und roch den bitteren Abgasgestank des Lieferwagens. Der Bewaffnete war mit einem Schritt neben ihm und zischte erneut auf Finnisch, mit leichtem Akzent: »Lauf schneller!«
Aaro bemühte sich, seine Schritte zu beschleunigen, aber die Muskeln wollten dem Gehirn nicht folgen. Fieberhafte Gedanken schossen ihm durch den Kopf: eine Fingerbewegung am Abzug der Pistole, ein Grab im dunklen Wald … Sollte er trotzdem versuchen, um Hilfe zu rufen? Würde der Schrei bis zu den »Jägern« vordringen oder würde das nur sein Schicksal besiegeln? Der Knall des Todesschusses würde im Wald verhallen, so wie kurz danach seine Leiche im schnell ausgehobenen, anonymen Grab verschwände. Niemand würde es je finden. Und im schlimmsten Fall ereilte Niko, der sich irgendwo versteckt hielt, das gleiche Schicksal.
All diese düsteren Gedanken sorgten für einen Energieschub in seinen Beinen. Sie liefen wie geschmiert und er sah kurz zu dem Mann neben sich. Dabei wäre er um ein Haar über einen Ast gestolpert. Dem Mann mit der Pistole ging es genauso, er geriet fast aus dem Gleichgewicht und die wenigen Sekunden genügten Aaro.
Ohne sich um die Zweige zu scheren, die ihm ins Gesicht peitschten, rannte er wie wild in den Wald hinein. Er sprang über umgekippte Baumstämme und rechnete damit, jeden Moment eine Kugel in den Rücken zu bekommen. Die scharfen Zweige rissen Löcher in sein T-Shirt und verursachten blutige Schrammen an den Armen, aber er hatte nicht vor, stehen zu bleiben. Er lief in |123| weitem Bogen an dem Lieferwagen vorbei und tauchte am Rand einer Lichtung in dichtes Gebüsch ein. Irgendwo in der Nähe hielt sich Niko verborgen, hoffentlich kapierte er, dass er unbedingt im Versteck bleiben musste. Aaro vermutete, dass Niko die Situation beobachtete und richtig einschätzte. Jetzt war jeder selbst für sein Leben verantwortlich.
Keuchend rannte Aaro weiter. Auf das Gebüsch folgte ein Abschnitt mit rötlichen Kiefern und spärlichem Unterholz. Zu offen, zu übersichtlich. Die Verfolger würden ihn schon von Weitem sehen. Er musste sich an einer Stelle verstecken, wo sie nicht damit rechneten. In der Nähe von …
Aaro stürzte sich wieder in die kratzige Umarmung des Gebüschs, aus dem er gekommen war, und bahnte sich einen Weg zum roten Vectra. Das verlassene Auto wäre eine glänzende Zuflucht. Der Boden war feucht und das Moos gab nach, mit etwas Glück würde er unter den Wagen kriechen können. Dort würden sie garantiert nicht nach ihm suchen.
Kurz darauf versuchte er, sich möglichst lautlos in sein enges Versteck zu schieben. Das Wasser, das aus der Erde quoll, ließ ihn vor Kälte zittern, aber er war trotzdem mit seiner cleveren Idee zufrieden. Die meisten anderen wären weiter durch den Wald geirrt.
Das nasse Shirt klebte an seinem Körper und die Hose sog
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