Mission Spyflight
sich mit kaltem Wasser voll. Auch machte ihm die Enge zu schaffen. Er konnte nur mühsam atmen. Was würde passieren, wenn sich das eingedrückte Moos um |124| ihn herum wieder aufrichtete und sein Sichtfeld verdeckte und ihm womöglich die Luft zum Atmen raubte?
Plötzlich sah er den Mann mit der Pistole wieder. Instinktiv hielt Aaro den Atem an und bereute schon die Wahl seines Verstecks. Im Gegenlicht sah die Gestalt des Mannes bedrohlich schwarz aus, wie der vor Bosheit strotzende Killer in einem Film. Die schnellen, entschlossenen Schritte des Mannes zeugten von einer Sicherheit, die nichts Gutes verhieß. Hätte er hektisch gewirkt, wäre es besser gewesen, denn das hätte Ratlosigkeit und Panik bedeutet. Der Mann schien sich aber seiner Sache sicher zu sein. Sehr sicher. Hatte er gesehen, wohin Aaro sich geflüchtet hatte?
Allerdings lief der Verfolger Richtung Lieferwagen. Mit Mühe änderte Aaro seine Position, damit er zwischen den Bäumen hindurch bis zum Wagen sehen konnte. Der Mann reichte gerade etwas durch das offene Fenster ins Fahrerhaus. Es sah aus wie ein großes Handy oder ein PDA. Dann wechselte er ein paar Worte mit einem Insassen des Wagens. Hatten die Männer die Verfolgung aufgegeben und konzentrierten sich jetzt auf wichtigere Dinge?
Der Bewaffnete fuchtelte beim Reden mit den Händen und am Ende wies seine Pistole direkt in Aaros Richtung.
Aaro lief ein kalter Schauer über den Rücken. Sollte er sofort unter dem Auto hervorkriechen und sich ein neues Versteck suchen? Es bestand allerdings die Gefahr, dass er dabei entdeckt wurde. Der Renault-Motor brummte ungeduldig. Aaro dachte erleichtert, der Wagen würde jeden |125| Moment losfahren, aber dann kam der bewaffnete Mann plötzlich direkt und mit schnellen Schritten auf den Vectra zu.
Aaro drückte sich noch tiefer in die nasse Umarmung des Mooses. Die Schrammen auf der Haut brannten, aber er rührte sich nicht. Er sah zu, wie der Mann immer näher kam, so nah schließlich, dass er nur noch die Schuhe sehen konnte.
Der Mann stand direkt vor ihm – er bewegte sich nicht, geradeso, als lauschte er auf verdächtige Geräusche.
Aaro hielt den Atem an und spürte sein Herz noch heftiger schlagen als zuvor. Dann hörte er, wie ein Streichholz angerissen wurde. Das Geräusch kam abrupt und hatte eine lähmende Wirkung. Als Aaro die Situation erfasste, war es, als würde alles Blut aus seinem Gehirn weichen. Der Mann wollte das Auto anzünden! So hatten sie es ja schon einmal gemacht. Der Lieferwagen fuhr bereits im Rückwärtsgang, die Männer brachen auf. Sollte das brennende Auto die finnische Polizei in die Irre führen? Für Aaro spielte das Motiv freilich keine Rolle, denn jetzt ging es um sein Leben.
Er begriff, dass er eine ernste Entscheidung treffen musste: Wollte er unter dem brennenden Auto sterben oder versuchte er zu fliehen, trotz des bewaffneten Russen?
Da spürte er einen Griff im Nacken. Eine unwiderstehliche Kraft zog ihn unter dem Wagen hervor. Er wehrte sich, fand aber im feuchten Moos keinen Halt. Er wurde hervorgezerrt und stand mit zitternden Knien auf. Seine |126| blutenden Fäuste umklammerten Büschel von ausgerissenem Moos.
Auf dem Gesicht des Mannes lag ein leicht amüsiertes Lächeln, im Mundwinkel schwelte eine glühende Zigarette. Das war also der Grund für das angerissene Streichholz! Aaro warf einen Blick auf den Vectra, der nicht einmal qualmte.
Das Lächeln schwand nicht aus dem Gesicht des Mannes, als er Aaro eine Ohrfeige verpasste. Der Schmerz durchzuckte Aaro, sein ganzes Gesicht glühte. Die Wucht des Schlags hatte ihn auf die Knie gezwungen. Von unten blickte er ängstlich in den Lauf der Pistole. Der Mann bückte sich, packte Aaro am zerrissenen T-Shirt und zog ihn hoch.
Der Lieferwagen hielt neben ihnen. Die Beifahrertür ging auf und der dunkelhaarige Mann, der den Mercedes gekauft hatte, zerrte Aaro am linken Arm brutal in den Wagen. Dort musste er sich im Fußraum zusammenkrümmen und dann brauste der Lieferwagen die Forststraße entlang.
Aaro begriff, dass sein bescheidener Fluchtversuch nur einen kurzen Moment gedauert hatte, auch wenn ihm die Zeit wie eine Ewigkeit vorgekommen war.
Aus dem Augenwinkel sah er, wie sein Handy von dem Mann, der ihn gefangen genommen hatte, an den Mann, der sich »Mäyrä« genannt hatte, weitergegeben wurde. Der schaltete es aus und steckte es in die Jackentasche. Der Lieferwagen hatte bereits Tempo aufgenommen, wussten die Männer etwa nichts
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