Mission Spyflight
Meter.
»Das Ganze riecht nach einem Fall für die Polizei«, sagte Niko und brach sich einen Erlenzweig ab, mit dem er durch die Luft wedelte, um die Mücken fernzuhalten.
»Hör mit dem Gewedel auf, wir kriegen sonst noch Zecken.«
»Die sitzen im Gras. Aaro, stell dir doch mal vor, |110| wir könnten jetzt, in diesem Moment auf einem Felsen am Meer sitzen und Würstchen grillen, anstatt hier ziellos durch den Wald zu irren. Mich macht der Naturstress jedenfalls nicht zum Dichter. Gehen wir zur Polizei?«
Aaro seufzte. »Ich glaube, das ist keine gute Idee.«
»Vielleicht ist der Polizei unser Mercedesproblem ja egal, wenn sie hört, dass wir zur Zusammenarbeit bereit sind«, sagte Niko hoffnungsvoll.
»
Vielleicht
ist ein gefährliches Wort. Du hast zu viele amerikanische Fernsehserien gesehen, in denen Deals mit Verbrechern gemacht werden. Die finnische Polizei macht keine Deals und verspricht auch keine geringeren Strafen als Gegenleistung für Kooperation. Abgesehen davon sind wir keine Verbrecher.«
Sie erreichten einen steinigen Wall, von dem sie einen guten Blick in die Senke hatten. Der rote Vectra stand am Ende des Forstwegs. Das Fenster auf der Fahrerseite war offen.
»Da ist jemand«, flüsterte Aaro und ging hinter einer Fichte in Deckung.
Niko duckte sich ebenfalls. Ganz vorsichtig spähte Aaro noch einmal zu dem Wagen hinunter. Im Sonnenlicht sah er einen Gegenstand aufblitzen, der aussah wie ein Blackberry.
Plötzlich ging die Fahrertür auf und ein Mann in grünem Jagdanzug stieg aus dem Wagen, zog einen City-Rucksack auf und ging mit energischen Schritten zu dem Pfad, der ins Dickicht führte.
|111| »Ich guck mal kurz, welche Richtung er einschlägt«, flüsterte Aaro. »Pass du auf, dass der Vectra nicht abhaut. Und lass dein Handy auf Vibrationsalarm!«
Major Sabalin schützte die Augen vor der schräg einfallenden Abendsonne und sah sich die Route an, die sein Handgelenknavigator vorschlug. Er ging einen knappen Kilometer auf dem Pfad entlang, setzte über einen Bach und blieb am Rand einer großen Lichtung stehen. Auf der anderen Seite der gerodeten Fläche fing ein dichter Kiefernwald an und dort, mitten auf der Forststraße, stand ein weißer Renault-Lieferwagen. Sabalin rannte auf das Fahrzeug zu, wobei er sich aufmerksam umschaute.
Der Major sprang in den Wagen und begrüßte Oleg, der in der Konsulatsabteilung der russischen Botschaft in Helsinki arbeitete. In Wirklichkeit war er Mitarbeiter des GRU. Da eine Ausnahmesituation eingetreten war, hatte man es für klug gehalten, sich auf Leute des GRU in Helsinki zu stützen. Der Befehl stammte von der obersten Etage des Aquariums.
Oleg hatte blonde Haare und ein Ziegenbärtchen. Sabalin rief sich in Erinnerung, was er über den Mann wusste: Das Außergewöhnlichste an ihm war, dass er eine finnische Frau hatte, die glaubte, ihr Mann sei ein normaler Visum-Beamter. Das Thema war auf höchster Geheimdienstebene besprochen worden, Oleg hatte sogar gedroht zu kündigen, wenn er nicht die offizielle Genehmigung zur Heirat bekäme.
Sabalin hatte die ganze Geschichte für kindisch und |112| peinlich gehalten, aber er musste zugeben, dass Oleg immer ein zuverlässiger Partner gewesen war.
»Eine auffälligere Farbe hat’s anscheinend nicht gegeben?«, beschwerte er sich.
»Wir sollten zufrieden sein, dass wir auf die Schnelle überhaupt einen Lieferwagen bekommen haben.«
Der Major prüfte das Programm seines Navigators. »Mach den Motor aus! Du hast doch kein elektronisches Gerät eingeschaltet? Wir dürfen nicht die geringste Störung für Igor verursachen.«
Sie hatten für Igor den perfekten Arbeitsplatz in einem Versteck in der Nähe des Opel Vectra gefunden, er würde sich ihnen bald anschließen.
»Alles ist ausgeschaltet. Wann soll der Apparat denn kommen?«
Sabalin blickte auf die Uhr. »In viereinhalb Stunden.«
Oleg klopfte auf das Lenkrad. »Ich halte das alles für zu gewagt. Die Wahrscheinlichkeit, dass wir erwischt werden, ist größer als die Chance, hier wegzukommen«, sagte er leise.
»Darüber reden wir nicht. Wir handeln gemäß der Anweisungen.«
Der PDA des Majors fing leise an zu piepen.
Projektleiter Palosuo strahlte über das ganze Gesicht. Er saß mit den ausländischen Partnern seiner Firma auf Campingstühlen, die auf der Ladefläche eines Lkws aufgestellt worden waren. Im Schoß hielt er einen Laptop, auf dem er verfolgte, wie die Korrektureinstellungen vorankamen. |113| Unten auf dem
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