Mission Spyflight
seiner Cola und senkte die Stimme noch weiter. »Die Russen wollen das Ding sicher nicht weiter aufbauschen als unbedingt notwendig. Darum werden sie den Jungen aller Voraussicht nach zurückkehren lassen. Aber Hermes ist und bleibt in Russland. Stell dich darauf ein, dass du das den Jungs aus Peking beizubringen hast. Und die Träume vom großen Geld, mit denen du deine Schulden bezahlen und für den Rest deines Lebens in der Karibik abhängen kannst, begräbst du am besten sofort.«
Hurme sah, wie schwer es Johnson fiel, die Wahrheit zuzugeben, denn auch er würde seinen Anteil verlieren. Und das hieß, dass er seine Spielschulden nicht begleichen konnte. Was das für Folgen haben würde, wollte sich Hurme lieber nicht vorstellen.
Schon im Irak war Johnson bereit gewesen, über alles Mögliche Wetten abzuschließen. Für richtiges Glücksspiel hatten damals die Möglichkeiten und die Energie gefehlt – es war Glücksspiel genug gewesen, am Leben zu bleiben.
Nach Johnsons Wechsel in die Sicherheitsabteilung von EADS waren die europäischen Casinos allerdings verlockend |236| nahe gerückt. Den letzten Nagel schlugen dann die Glücksspiele im Internet in seinen Sarg.
Hurme wusste nicht genau über Johnsons Verhältnisse Bescheid, er wollte es auch gar nicht, aber seiner Vorstellung nach bewegten sich die Spielschulden des Briten im sechsstelligen Bereich. Das hieß, dass sie sich praktisch in der gleichen Lage befanden, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Sie mussten Geld auftreiben, ansonsten würden die Gläubiger über sie herfallen wie Bluthunde.
Hurme stand deprimiert auf. Er hätte allen Grund gehabt, Niko Aula freizulassen und aus dem schwer gescheiterten Vorhaben auszusteigen.
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Der Motor machte nicht mehr genug Umdrehungen.
Diese Beobachtung ließ Aaro das Blut in den Adern gefrieren. Auch wenn er fast die Baumwipfel streifte, die Flughöhe also nur etwa zwanzig Meter betrug, wäre ein Absturz im Wald fatal.
Vorsichtig versuchte er, die Drehzahl zu erhöhen, aber der Motor gehorchte nicht. Panisch hielt Aaro nach Landemöglichkeiten Ausschau, aber in dem feuchten Wald, der im schräg einfallenden Licht der Abendsonne funkelte, standen die Bäume dicht an dicht. Vor einer Weile hatte er linker Hand in ziemlich weiter Ferne ein Dorf gesehen, eigentlich nur eine Ansammlung weniger Häuser, die, nach den dort stehenden Geländefahrzeugen zu schließen, zur Armee oder zum Grenzschutz gehörten.
Er vermutete, dass er vielleicht zehn oder fünfzehn Kilometer von seinem Ausgangspunkt entfernt war, allerdings war die Streckenlänge schwer einzuschätzen.
Weit vor ihm schimmerte jetzt eine Kahlschlagfläche im Wald. Die musste als Landeplatz herhalten.
Aaro senkte die Umdrehungen und das Brummen des Motors wurde schwächer. Die Luft war nicht kalt, aber |238| Aaros Finger waren klamm, weil die nassen Kleider für Kälte auf der Haut sorgten.
Plötzlich kniff Aaro die Augen zusammen. Die Kahlschlagfläche war größer, als er gedacht hatte, sie dehnte sich nach links und rechts aus, aber nicht in die Tiefe. In dem Moment begriff er, was das war.
Die Grenze.
Er biss sich auf die Unterlippe und erhöhte die Drehzahl wieder, soweit es der Motor noch hergab. Ihm fiel ein, gelesen zu haben, dass die zwölfhundert Kilometer lange Grenze nur in der Nähe von Siedlungen bewacht werden konnte. Ansonsten verließ sich der Grenzschutz auf vereinzelte Patrouillen und auf die Technik – auf Kameras, Fotozellen und dergleichen. Es war klar, dass er gar nicht daran zu denken brauchte, auf dem kahlen Streifen zu landen.
Mit angehaltenem Atem versuchte Aaro, die Drehzahl weiter zu erhöhen, aber der Motor gehorchte ihm schlicht und einfach nicht. Er verlor ständig an Flughöhe. Dabei hätte nur so wenig gefehlt und er hätte es geschafft …
Die Sonne war wieder hinter den Wolken verschwunden und Aaro spürte einen kalten Windstoß. Unter sich sah er am Rand des Kahlschlags einen glatten Sandstreifen: einfache, aber effektive Kontrollmethode. Sollte er versuchen, dort zu landen? Oder sollte er das Risiko eingehen und versuchen, irgendwie unkontrolliert auf die finnische Seite zu rutschen?
Die Maschine wackelte heftig. Da bemerkte Aaro, dass er wegen der Windstöße nicht mehr an Höhe verlor. |239| Sofort senkte er die Drehzahl, um die letzten Tropfen Treibstoff zu sparen.
Mitten auf der Grenzlinie stand ein Pfosten, dessen blau-weißer Anstrich sein Herz höher schlagen ließen. Er glitt auf
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