Mission Spyflight
stetig, aber der Zaun lag noch immer ziemlich weit weg. Aaro wurde klar, dass er nicht immer nur nach oben aufsteigen durfte, er musste sich auch in horizontale Richtung bewegen!
Sehr vorsichtig kippte er den Joystick nach vorne und merkte, dass sich die Motoren an den Flügeln drehten. Die senkrechte Bewegung ging in einen waagerechten Flug über. Gleichzeitig flammte es weiß auf und ein Krachen war zu hören. Aaro packte das Entsetzen, aber der Blitz hatte zum Glück nicht das Flugzeug getroffen.
Nachdem er sich von dem Schock erholt hatte, hielt er erneut nach dem Zaun Ausschau und begriff sogleich, dass er im selben Moment darüber hinwegschwebte. Eine riesige Welle der Erleichterung erfasste Aaro. Die Maschine flog relativ stabil, er musste nur den Joystick behutsam genug bewegen. Er beschloss, etwas weiter vom Zaun wegzufliegen, als er ursprünglich geplant hatte, denn zwischen den Bäumen sah er keinen geeigneten Landeplatz.
Unweigerlich nahm das Triumphgefühl etwas von Aaros Konzentration in Anspruch, die er allerdings unbedingt für das Steuern des Flugzeugs brauchte, wenn er überleben wollte.
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Der Bildschirm des Laptops warf ein fahles Licht auf Sabalins Gesicht und ließ es blass erscheinen. Seine müden, geröteten Augen irrten zwischen den Worten auf dem Monitor und dem Fenster hinter dem Computer hin und her. Der Platzregen schien allmählich in Nieselregen überzugehen. Das Trommeln der Tropfen auf dem Dach hatte sich in ein einschläferndes, flüsterndes Geräusch verwandelt und wurde ab und zu vom schwächer werdenden Donner unterbrochen.
Sabalin sah seinen Untergebenen bedeutungsvoll an, worauf dieser auf seinem Stuhl zusammenzuckte.
»Wissen Sie, wer die schlimmsten Feinde eines russischen Patrioten sind?«, blaffte Sabalin und richtete den Blick wieder auf den Computer.
Der Untergebene wand sich und schien nach einer Antwort zu suchen, in der Furcht, über die Fangfrage seines Vorgesetzten zu stolpern. »Schwierige Frage … Meinen Sie vielleicht die Esten, Herr Major?«
Sabalins Finger hielten über der Tastatur inne und er warf seinem Untergebenen einen wütenden Blick zu. »Ist das Ihr Ernst?«
»Sie … sie haben vor dem Tag der Befreiung in ihrer |227| Hauptstadt das Bronzedenkmal des russischen Soldaten geschändet«, stotterte der Untergebene, obwohl er wusste, dass er mit jedem Wort alles nur schlimmer machte. »Außerdem, Herr Major, ist der kleine Quälgeist, dieser Junge, den wir gefangen halten, ein Este.«
Sabalin seufzte schwer. »Erstens: Die Esten haben das Denkmal nicht zerstört, sondern es lediglich von der Innenstadt auf einen Friedhof verlegt. Zweitens: Der Junge ist kein Este, sondern Finne. Und wir führen unser Gespräch hier auf der Karelischen Landenge, die früher zu Finnland gehört hat. Jetzt gehört sie uns, weil wir den Krieg gewonnen haben.«
»Und die Finnen haben ihn verloren«, stimmte der Untergebene zu. »Gut so, Herr Major.«
»Gut für uns, schlecht für sie.«
Sabalin konnte Dummheit nicht ertragen. Er akzeptierte das Recht des Staates, auch Niederträchtigkeiten zu begehen, wenn es galt, seine Interessen zu wahren, aber wenn man die Augen vor den Tatsachen verschloss, kam das dem Landesverrat nah. Russland hatte hinter den Kulissen ein gefährliches Spiel getrieben, als es Estland unter Druck setzte, sobald sich dazu die Gelegenheit bot, und sei es wegen einer Bronzestatue. Sabalin fand das vollkommen richtig, denn es entsprach den Interessen Russlands, seine unmittelbaren Nachbarn unter Kontrolle zu halten. Außerdem konnte die russische Regierung während des Denkmalstreits feststellen, dass die Europäische Union keineswegs besonders eifrig gewesen war, ihren Mitgliedsstaat Estland zu verteidigen, als die Gefahr |228| eines Konfliktes mit dem mächtigen Russland drohte. Im Hinblick auf die Zukunft war das eine wichtige Information.
»Ich meine die Bürokraten«, kehrte Sabalin aus seinen Gedanken zurück und fixierte seinen Untergebenen. »Der schlimmste Teil der Operation in Finnland ist das Schreiben dieses Berichts …«
Er seufzte schwer und fing wieder an zu tippen. »Das Schreiben eines Berichts ist wie …«
Der Satz brach ab, weil Sabalins Augen sich auf das Fenster hefteten. Draußen rannte jemand durch den Regen zum Bürogebäude. Sabalin stand besorgt auf.
Gleich darauf wurde die Tür aufgerissen und der Mann stürzte herein. »Alarm! Der Anhänger steht leer vor der Halle!«
Der Laptop blieb
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